Bewertungen von Unternehmen
19.12.2016, 10:15 Uhr
Warum Snapchat, Uber und Co mehr wert sind als Industriekonzerne
Im Grunde verarbeiten sie nur Daten. Dennoch liegen die Bewertungen von Unternehmen wie Snapchat, Uber oder Airbnb im Milliardenbereich - höher als viele Industriekonzerne.
Die Aktionäre von Twitter waren regelrecht geschockt: Vor Kurzem hatten sich noch zahlreiche Unternehmen an einer Übernahme des Kurznachrichtendienstes interessiert gezeigt - darunter so klangvolle Namen wie Disney, Google oder Apple. Plötzlich aber zog sich mit dem Konzern Salesforce auch der letzte potenzielle Käufer zurück. Als Begründung für den Korb gab Salesforce-Gründer Marc Benioff an, Twitter passe doch nicht zu seinem Laden. Und ausserdem sei der Übernahmepreis zu hoch.
Tatsächlich waren die Preisvorstellungen von Twitter enorm. Nach Berichten des "Wall Street Journal" erhoffte sich der Microblogging-Dienst von der Übernahme 20 Milliarden US-Dollar, andere Insider hatten sogar von 30 Milliarden berichtet. Diese optimistische Vorstellung, die nahezu das Dreifache des Börsenwerts betrug, wurde mit dem enormen Datenschatz begründet, den Twitter angehäuft hatte. Dem gegenüber stand freilich die schwierige wirtschaftliche Entwicklung sowie die Tatsache, dass sich auf dem Dienst in letzter Zeit Hasskomentare gehäuft hatten. Diese "Trolle", so argumentierte der einflussreiche CNBC-Moderator Jim Cramer, würden den Wert des Unternehmens erheblich schmälern.
Der Fall Twitter belegt anschaulich, wie schwierig es ist, den Wert eines vornehmlich mit virtuellen Daten agierenden Unternehmens zu taxieren. Denn diese Schätzung ist - neben den betriebswirtschaftlichen Eckdaten - vor allem eine Wette auf die wirtschaftlichen Aussichten. Allerdings kann in der sich schnell drehenden Social-Media-Welt kein Experte mit Sicherheit prognostizieren, wie es in den nächsten Jahren mit solchen Unternehmen weitergehen wird.
Immerhin lassen sich in der jüngeren Web-Historie zahlreiche Beispiele von Firmen finden, die einst hochgejubelt wurden und dann tief gefallen sind - angefangen von den deutschen VZ-Netzwerken bis hin zu US-Giganten wie Yahoo. Der Internet-Konzern hatte im Sommer 2000 noch einen Börsenwert von 100 Milliarden US-Dollar. Im Juli dieses Jahres wurde das Kerngeschäft vom Telko-Unternehmen Verizon übernommen: für 4,8 Milliarden, also nur einen Bruchteil des damaligen Werts.