Programmatic Advertising: Das sind die Vor- und Nachteile

Risiken von Programmatic Advertising

So vielseitig und unbestritten die Vorteile des Programmatic Advertisings auch sind - ganz ohne Risiken geht es für die Marken, die sich dieser Werbetechnik bedienen wollen, nicht ab. Dazu zählen Anzeigenbetrug, schlechte Sichtbarkeit, Anzeigenblockierung sowie die weitgehend ungelöste Brand-Safety-Problematik, die Gefahr also, dass programmatische Anzeigenplatzierung im Einzelfall dazu führt, dass Werbung im Kontext unangemessener News-Themen oder gar illegaler Inhalte erscheint und der Marke einen Imageschaden zufügt. Einen solchen Fauxpas hat dieses Jahr Google mit You­tube hinbekommen. Werbung für Marken wie L‘Oréal und McDonald‘s erschien in Videoinhalten von Terrorgruppen und Fake-News-Kanälen.
Programmatic Advertising übt nicht zuletzt auch disruptive Kräfte auf den Agenturmarkt aus. Das Aufkommen von US-Konzern-dominierten "Walled Gardens" (geschlossene Programmatic-Plattformen) wie die von Google oder Facebook führt zu einer Machtverschiebung zuungunsten deutscher Vermarkter. Angesichts der eingesetzten Adtech-Stacks scheinen sich viele der führenden deutschen Vermarkter - da­runter Ströer Digital, Burda­Forward, G+J e|ms, Bauer Media, iq digital und YOC - in starker Abhängigkeit von Googles DoubleClick for Publishers zu befinden. Bei einem Adtech-Stack handelt es sich um die technische Implementierung der Anzeigenvermarktung durch den Adserver und/oder die Supply-Side-Plattform beziehungsweise das Werbenetzwerk.
Die grossen US-Anbieter hätten sich mit ihren technologisch fortgeschrittenen Programmatic-Plattformen frühzeitig "Gatekeeper-Positionen" im Hinblick auf Reichweite und Nutzerdaten im deutschen Markt gesichert und könnten jetzt "die Werbeindustrie in ihren Würgegriff nehmen", kritisiert Joachim Schneidmadl, Geschäftsführer der Technologie-  und Medienholding Virtual Minds AG aus Freiburg.
Quelle: OWM/Deloitte „Value of Advertising“
Programmatic-Plattformen hätten das Potenzial, etablierte Geschäftsmodelle in Schieflage zu bringen oder auszuhebeln, warnt Schneidmadl. Sie hätten sich nämlich an der erfolgskritischsten Schnittstelle "festgesetzt" - zwischen Angebot und Nachfrage - und würden so den Zugang von Unternehmen zu ihren Kunden und Märkten kontrollieren. Die geschlossenen Plattformen würden ihren Betreibern zudem tiefe und exklusive Einblicke in sensible Kundendaten verschaffen, über die nicht einmal die betroffenen Markeninhaber verfügten.
Deutsche Agenturen würden auf dem Markt für Programmatic-Plattformen dagegen schon allein deswegen über Hürden wie Opt-in- und Login-Pflicht stolpern, weil sie den riesigen Nutzerzahlen von Facebook und Google kein vergleichbares Gefolge entgegenzusetzen hätten, argumentiert Joachim Schneidmadl.  Aufgrund der niedrigen Margen der Big Player würden deutsche Anbieter zugleich in einen "ruinösen Verdrängungs­wettbewerb" gezwungen. Und da der Wechsel des Adtech-Stacks meist sehr ressourcen- und kostenintensiv sei, hätten bei vielen Vermarktern operative Notwendigkeiten des Tagesgeschäfts gegenüber strategischen Überlegungen den Vorrang.
Im Endeffekt würden deutsche Vermarkter langfristig "die Hoheit über die eigene Wertschöpfungsstrecke" aufs Spiel setzen, befürchtet Joachim Schneidmadl. Aus diesem Grunde haben sich denn auch im Mai einige deutsche Grosskonzerne zusammengeschlossen - darunter Allianz, Axel Springer, Daimler, Deutsche Bank und der Kartendienst Here der deutschen Autobauer -, um mit einer gemeinsamen "Registrierungs-, Identitäts- und Datenplattform" Google, Facebook und Twitter Paroli zu bieten, über deren Dienste sich viele Nutzer bei Anwendungen im Internet anmelden können.
Mit der in Hamburg ansässigen Yieldlab AG gibt es für deutsche Vermarkter noch eine weitere Alternative: eine marktabdeckende Technologieplattform für Programmatic Advertising mit einer gezielt auf deutsches Qualitätsinventar ausgerichteten Vermarktungslogik. Dadurch erhoffen sich alle Beteiligten, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die zur effektiven (Re-)Finanzierung qualitativ hochwertiger, freier und unabhängiger Medien beitragen.

Fazit

Programmatic verändert die Art und Weise, wie Werbung präsentiert und vermarktet wird. Die Auswirkungen gehen weit über die reine Automatisierung des Medieneinkaufs hinaus: Sie greifen in Geschäftsmodelle ein und hebeln bewährte Ansätze aus. Für Markeninhaber, Vermarkter, Publi­sher und Agenturen ändert sich plötzlich die Marktdynamik. Für sie gilt es, im Kopf "umzuparken", und der Marktdominanz der grossen US-Player durch Allianzen aktiv entgegenzusteuern.




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