Branchenreport
22.04.2019, 11:31 Uhr
Online-Apotheken: Harter Kampf um das Rezept
Der Online-Apothekenmarkt wird von internationalen Anbietern dominiert. Deutsche Versandapotheken wehren sich, doch gesetzliche Regelungen benachteiligen sie.
Hohe Wachstumsraten, Übernahmen und ein harter Wettbewerb: Die Apothekenbranche gehört derzeit zu den dynamischsten Geschäftsfeldern im E-Commerce. Vorangetrieben wird diese Entwicklung von den zwei grossen, europaweit aufgestellten Gruppen: Die Schweizer Zur Rose Group steigerte ihren Umsatz 2018 um 22,8 Prozent auf 1,2 Milliarden Schweizer Franken (rund eine Milliarde Euro) und behauptete damit ihre Rolle als Marktführer. Mit einem im letzten Jahr erzielten Wachstum von 90 Prozent und einem Umsatz von 540 Millionen Euro ist ihr die niederländische Shop Apotheke Europe aber dicht auf den Fersen.
Die Strategie der zwei Grossen
Die Strukturbereinigung im deutschen Apothekenmarkt und die Konsolidierung im Versandhandel mit Arzneimitteln betrachten die beiden Unternehmen als grosse Chance. "Die Zur Rose Gruppe hat die Gelegenheit genutzt, sich an dieser Konsolidierung aktiv zu beteiligen, um ihre Marktführerschaft auszubauen", erklärt Walter Oberhänsli, CEO der Zur Rose Group.
Mit der 2012 übernommenen Versandapotheke DocMorris verfüge Zur Rose über die bekannteste Apothekenmarke Deutschlands. "Sie ist und bleibt die Lead-Marke im rezeptpflichtigen und rezeptfreien Arzneimittelsegment und Vorreiter für digitale Services im Gesundheitsbereich", erläutert Oberhänsli. Das Ende 2018 zugekaufte Medpex sei demgegenüber auf rezeptfreie Medikamente und eine jüngere Kundengruppe ausgerichtet und agiere mit hoher Kernkompetenz im digitalen Marketing und in den Social Media. Daneben gehören zu der Gruppe noch weitere Online-Apotheken wie Apo-rot und Vitalsana. "Insgesamt ergänzen sich die Marken ideal, da jede ihren eigenen Schwerpunkt hat. Das Zielbild sieht jedoch vor, die Anzahl der Marken zu reduzieren, um eine grössere Marketingeffizienz zu erreichen", so Oberhänsli.
Eine grosse Rolle für den Erfolg der Unternehmen der Zur Rose Group kommt - wie auch bei den anderen Playern im Markt - dem dahinterstehenden Logistikkonzept zu: Nicht nur gibt es eine riesige Bandbreite von Arzneimitteln, die Medikamente müssen vor allem schnell und zuverlässig beim Kunden sein - und das ohne die Kosten im Unternehmen explodieren zu lassen. "Unser Ziel ist es, mittelfristig unsere gesamten Versandaktivitäten für den deutschen Markt im niederländischen Heerlen - dem Sitz von DocMorris - zu bündeln", berichtet Zur-Rose-CEO Oberhänsli.
So werde derzeit angrenzend zum bestehenden Gebäude ein Neubau errichtet, um die Logistikinfrastruktur zu erweitern und die Logistikkosten dank Skaleneffekten zu reduzieren. Daneben will das Unternehmen über ein Marktplatzmodell den schnellen Einstieg in neue Märkte bewerkstelligen. Dazu hat die Zur Rose Group Mitte 2018 die spanische Apothekenplattform Promofarma übernommen, die nun die Basis für die weitere Expansion bieten soll: "In diesem Jahr liegt der Fokus auf Frankreich und Italien", erklärt Oberhänsli. "Gleichzeitig wollen wir das grosse Tech-Know-how von Promofarma für den Aufbau eines Gesundheitsökosystems nutzen. Es ist das Ziel, mit der technischen Expertise von Promofarma eine E-Health-Plattform zu entwickeln und über Partner Gesundheitsdienstleistungen anzubieten."
Die grosse Chance sei die fortschreitende Digitalisierung des Gesundheitsbereichs, etwa durch das elektronische Rezept und die elektronische Patientenakte. "Wir werden nicht mehr in Kanälen alleine denken. Beratung und Betreuung wird zunehmend wichtiger, digitaler und gleichwohl individueller", so Oberhänsli.