Ex-Geheimdienstler Leo Martin
27.08.2019, 10:10 Uhr
"Händler sollten Cyber-Angriffe nicht an die grosse Glocke hängen"
Ex-Geheimdienstler Leo Martin hilft Händlern auf die Sprünge, wenn es darum geht, das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen, aber auch Cyber-Angriffe abzuwehren. Im Interview lüftet er ein wenig den Vorhang.
Leo Martin hat Kriminalwissenschaften studiert und war zehn Jahre lang für den deutschen Geheimdienst im Einsatz.
(Quelle: Leo Martin)
Der ehemalige Geheimagent Leo Martin unterstützt heute Online-Händler dabei, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Zudem kümmert er sich um Webshop-Betreiber, die anonym angegriffen und erpresst werden. Was die grösste Herausforderung bei der Vertrauensgewinnung ist und wie sich Händler im Fall einer Erpressung verhalten sollten, erklärt er im Interview.
Sie waren Geheimagent, Kriminalist und Vernehmungsexperte. Nun beraten Sie unter anderem Unternehmen. Eines Ihrer Kernthemen ist dabei das Thema Vertrauen. Was ist für Sie die grösste Herausforderung, um online das Vertrauen eines Gegenübers, eines potenziellen Kunden, zu gewinnen?
Leo Martin: Vertrauen kann man nicht erkaufen, nicht erzwingen und auch nicht mit rationalen Argumenten herbeiargumentieren. Vertrauen entsteht einzig und alleine über Erfahrungen und Erlebnisse. Das gilt für online genauso wie für analog. Dem Kunden muss klar sein für was das Unternehmen oder das Produkt steht. Und insbesondere in Konfliktsituationen, zum Beispiel im Falle einer Reklamation, muss der Kunde sich verstanden fühlen. Das heisst übrigens nicht, dass man dem Kunden in jedem Fall Recht geben muss. Die grösste Herausforderung in digitalen Prozessen ist, dass wir uns der Reaktion des Kunden weniger bewusst sind, als wenn wir uns Auge in Auge gegenüberstehen. Das bedeutet, dass wir in der Kommunikation weniger testen und auch nicht so schnell nachjustieren können.
Die Kehrseite der Medaille ist auch, dass viele Unternehmen im Internet anonym angegriffen und erpresst werden. Sie analysieren mit Kollegen diese Schreiben und versuchen, die Täter zu überführen. Hat die Art der Erpressung in den letzten Jahren verändert?
Martin: Auch anonyme Angriffe haben sich von analog auf digital verschoben. Unsere Sprachprofiler am Institut für forensische Textanalyse unterstützen Unternehmen, die anonym angegriffen, bedroht oder erpresst werden. Dazu vergleichen wir die Sprachmuster aus den anonymen Texten mit Sprachmustern von möglichen Verdächtigen um den Täter zu überführen. Durch die digitalen Medien war es noch nie so einfach wie heute, andere anonym zu verleumden. Unsere Auftraggeber sind Unternehmen, denen dadurch teilweise Millionenschäden entstehen. Wir setzen dort an, wo die IT-Forensik nicht weiter weiss und schaffen mit unseren Gutachten gerichtsverwertbare Beweismittel.
Leo Martin: Vertrauen kann man nicht erkaufen, nicht erzwingen und auch nicht mit rationalen Argumenten herbeiargumentieren. Vertrauen entsteht einzig und alleine über Erfahrungen und Erlebnisse. Das gilt für online genauso wie für analog. Dem Kunden muss klar sein für was das Unternehmen oder das Produkt steht. Und insbesondere in Konfliktsituationen, zum Beispiel im Falle einer Reklamation, muss der Kunde sich verstanden fühlen. Das heisst übrigens nicht, dass man dem Kunden in jedem Fall Recht geben muss. Die grösste Herausforderung in digitalen Prozessen ist, dass wir uns der Reaktion des Kunden weniger bewusst sind, als wenn wir uns Auge in Auge gegenüberstehen. Das bedeutet, dass wir in der Kommunikation weniger testen und auch nicht so schnell nachjustieren können.
Leo Martin spricht neben anderen Top Speakern am 23. und 24. Oktober auf dem INTERNET WORLD CONGRESS in München.
Quelle: Ebner Media Group
Martin: Auch anonyme Angriffe haben sich von analog auf digital verschoben. Unsere Sprachprofiler am Institut für forensische Textanalyse unterstützen Unternehmen, die anonym angegriffen, bedroht oder erpresst werden. Dazu vergleichen wir die Sprachmuster aus den anonymen Texten mit Sprachmustern von möglichen Verdächtigen um den Täter zu überführen. Durch die digitalen Medien war es noch nie so einfach wie heute, andere anonym zu verleumden. Unsere Auftraggeber sind Unternehmen, denen dadurch teilweise Millionenschäden entstehen. Wir setzen dort an, wo die IT-Forensik nicht weiter weiss und schaffen mit unseren Gutachten gerichtsverwertbare Beweismittel.
"Anonyme Angriffe sind für uns der Alltag"
Kaum ein Händler gibt zu, dass er erpresst wird, erpresst wurde und eventuell Lösegeld gezahlt hat, um in kritischen Situationen wie etwa dem Weihnachtsgeschäft schnell wieder einsatzfähig zu sein. Eine eigentlich auch sehr nachvollziehbare Haltung. Was raten Sie Händlern?
Martin: Anonyme Angriffe sind für unsere Auftraggeber die Ausnahme, für uns der Alltag. Gerade in der Anfangsphase von Ermittlungen kann man schnell Fehler machen, die später teuer werden können. In den meisten Fällen ist es richtig, das Thema zunächst nicht an die grosse Glocke zu hängen. Schnelle Schadenbegrenzung und sich strategische Vorteile zu verschaffen, sollten die ersten Schritte sein. Viele unserer Auftraggeber wollen leise Ermittlungen, ohne die Staatsanwaltschaft im Hause zu haben. In solchen Fällen beraten wir die Krisenstäbe, um für spätere Prozesse die bestmögliche Ausgangssituation zu haben.
Gibt es irgendetwas, das sich herausarbeiten lässt, warum man von Kriminellen bevorzugt als Opfer gesehen wird, eine "Schwächehaltung im Handel"?
Martin: Kriminelle wählen ihre Opfer grundsätzlich nach Gelegenheit, Isolation und Überlegenheit aus. Sie nutzen ihre Chancen dort, wo es etwas zu holen gibt und das Risiko geschnappt zu werden gering ist. Ein konsequentes Vorgehen bei der Abwehr von Angriffen ist Teil einer guten Prävention.
Martin: Anonyme Angriffe sind für unsere Auftraggeber die Ausnahme, für uns der Alltag. Gerade in der Anfangsphase von Ermittlungen kann man schnell Fehler machen, die später teuer werden können. In den meisten Fällen ist es richtig, das Thema zunächst nicht an die grosse Glocke zu hängen. Schnelle Schadenbegrenzung und sich strategische Vorteile zu verschaffen, sollten die ersten Schritte sein. Viele unserer Auftraggeber wollen leise Ermittlungen, ohne die Staatsanwaltschaft im Hause zu haben. In solchen Fällen beraten wir die Krisenstäbe, um für spätere Prozesse die bestmögliche Ausgangssituation zu haben.
Gibt es irgendetwas, das sich herausarbeiten lässt, warum man von Kriminellen bevorzugt als Opfer gesehen wird, eine "Schwächehaltung im Handel"?
Martin: Kriminelle wählen ihre Opfer grundsätzlich nach Gelegenheit, Isolation und Überlegenheit aus. Sie nutzen ihre Chancen dort, wo es etwas zu holen gibt und das Risiko geschnappt zu werden gering ist. Ein konsequentes Vorgehen bei der Abwehr von Angriffen ist Teil einer guten Prävention.
Autor(in)
Dunja
Koelwel