Händler aus dem Ausland drängen auf den deutschen E-Commerce-Markt

Das Deutschlandgeschäft ist kein Selbstläufer

Der dritte ausländische Händler unter den Top 100 Online Shops ist ein Beispiel dafür, dass der Einstieg in den deutschen Markt bei Weitem kein Selbstläufer ist. Der britische Elektronikversender AO war beim Deutschlandstart 2014 davon ausgegangen, mit seinem auf der Insel erprobten Mischkonzept aus klarer Fokussierung auf Haushaltsgeräte und starken Logistikservices in Eigenregie auch hierzulande schnell auf Erfolg zu stossen.
Fünf Jahre später schreibt AO in Deutschland weiterhin tiefrote Zahlen und sucht mit einer neuen, aus Grossbritannien geführten Mannschaft sowie einer Neuausrichtung des Geschäftsmodells den Neustart. In den EHI Top 100 reichte die Umsatzsteigerung von 30 Prozent auf 158 Millionen Euro für AO.de noch immer für eine Verbesserung von Rang 54 auf 40.
Dennoch ist der Elektronikversender erst noch gefordert zu ­beweisen, dass er auf dem deutschen Markt bestehen kann. "AO hat wie andere unterschätzt, dass die Märkte speziell im Elektronikhandel noch sehr national ausgerichtet sind und man nicht davon ausgehen kann, dass man herstellerseitig die Konditionen, die man vom Heimatmarkt gewohnt ist, auch hierzulande bekommt", erklärt Jochen Krisch. Darauf versuche sich AO jetzt einzustellen. Das Umsatz­level, in das AO in relativ kurzer Zeit vorgedrungen sei, zeige aber, dass der deutsche Markt Bedarf an neuen Anbietern habe.

Internationalisierung schreitet weiter voran

Der E-Commerce-Experte geht davon aus, dass die Internationalisierung des deutschen Online-Markts in den nächsten Jahren kontinuierlich voranschreiten wird: "Die Märkte sind in Europa vergleichsweise national geprägt. Aber gerade die chinesischen Anbieter zeigen, dass man über den Preis so ziemlich jeden Markt knacken kann. Deshalb erwarte ich hier in den nächsten fünf bis zehn Jahren reichlich neue Anbieter." Gute Chancen hätten ausserdem Dienste wie der Lebensmittelzusteller Picnic, die über einen speziellen Serviceansatz auf den Markt drängten.
Daneben wirbt Krisch dafür, den Blick nicht nur auf die Top 100 der Online-Händler zu verengen. "Die rein nationale Sicht verdeckt im Online-Handel manchmal, dass auch Anbieter wie Notino oder die Hut Group, die vielleicht in den einzelnen Märkten noch nicht so stark sind, insgesamt in sehr ansehnliche Umsatzdimensionen vordringen können." Auch wenn diese Anbieter noch nicht in der Spitze der Rankings auftauchten, sammelten sie wichtige Erfahrung im Auslandsgeschäft und könnten sich so professionalisieren, sodass es ihnen irgendwann leicht falle, auch in den einzelnen Märkten zunehmend Druck aufzubauen und entsprechend Gas zu geben.



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