Lieferdienst 06.04.2021, 09:16 Uhr

Deliveroo legt bei Börsengang in London Bauchlandung hin

Es hätte einer der grössten Börsengänge der letzten Jahre an der London Stock Exchange werden sollen. Doch der Gang aufs Parkett ging für den britischen Lieferdienst Deliveroo daneben. Vom Absturz der Deliveroo-Papiere war auch die Konkurrenz betroffen.
(Quelle: Shutterstock / Riku Mannisto)
Zwischen 3,90 und 4,60 britischen Pfund hatten die Emissionsbanken den Ausgabepreis für die Deliveroo-Aktie festgelegt, doch nach Handelsstart am gestrigen Mittwoch gab es kein Halten mehr. Unmittelbar nach Öffnung der Londoner Börse fiel der Kurs des Papiers um fast 30 Prozent - und erholte sich danach nur wenig. Damit wurden binnen weniger Stunden rund zwei Milliarden Pfund Marktkapitalisierung "ausgelöscht", wie es die britischen Medien formulierten. Betroffen sind davon auch geschätzte 70.000 Deliveroo-Kunden, die im Vorfeld des Börsenganges ein Angebot wahrgenommen hatten, zum Kleinaktionär zu werden und sich für einen Aufpreis von 50 Pfund auf ihre Essensrechnung an dem Lieferdienst zu beteiligen.

Proteste der Fahrer schaden dem Ruf

Bereits im Vorfeld des Börsengangs war spekuliert worden, dass die ehrgeizigen Pläne von Deliveroo-Gründer William Shu von anhaltenden Protesten der Auslieferfahrer durchkreuzt werden könnten. Die fordern von Deliveroo bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld. Das "Handelsblatt" hatte spekuliert, die Proteste könnten dafür sorgen, dass der Firmenwert um bis zu 950 Millionen Pfund sinkt. Kritisch aufgenommen wurden auch die Pläne von Firmengründer Shu, durch Einführung zweier Klassen von Wertpapieren auch nach dem Börsengang die Kontrolle über das Unternehmen zu behalten.
Der Absturz der Deliveroo-Papiere ging auch an den Wettbewerbern nicht vorbei. Der Kurs von Just Eat Takeaway, zu dem in Deutschland Lieferando gehört, gab am Mittwoch ebenfalls kurzfristig um rund sieben Prozent nach, erholte sich im weiteren Verlauf des Handels aber wieder. Dabei betrifft das Problem, das Deliveroo mit seinen Fahrern in Grossbritannien hat, Just Eat Takeaway eigentlich nicht wirklich. Die Deliveroo-Fahrer, die auch am Mittwoch protestierten, fordern eine Behandlung als Mitarbeiter und feste Arbeitszeiten. Deliveroos Umgang mit ihnen könnte als "sozial unethisch" eingestuft werden, was Grossinvestoren den Einstieg bei Deliveroo erschweren könnte, denn deren interne Regeln sehen oft vor, nur bei Firmen zu investieren, die Sozialstandards einhalten. 

Lieferando macht es besser

Dieses Problem hat etwa Lieferando in Deutschland nicht. Pressesprecher Oliver Klug teilte auf Anfrage mit: "Lieferando stellt alle seine Fahrer regulär an, zahlt Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaubsentgelt und Sozialabgaben für diese. Die Fahrer sind zudem umfassend versichert und verdienen im deutschlandweiten Durchschnitt mehr als 12 Euro pro Stunde inklusive variabler Komponenten."



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