Lieferdienst
30.03.2021, 12:35 Uhr
Deliveroo: Fahrerproteste schaden dem Börsengang
Es könnte der grösste Tag seit Jahren für den Brexit-gebeutelten Finanzplatz London werden: Der Lieferdienst Deliveroo bereitet seinen Börsengang vor. Doch wichtige Investoren zeigen nach Medienberichten wenig Bereitschaft, sich zu engagieren.
Vor dem geplanten Börsengang in London verbreitet der britische Essenslieferant Deliverroo gute Nachrichten: Die Nachfrage nach Deliveroo-Anteilen sei riesig, die Orderbücher gut gefüllt, zitiert der Brancheninformationsdienst "Reuters" einen Deliveroo-Sprecher. Bei der für den morgigen Mittwoch geplanten Neuemission könnte das 2013 gegründete Start-up mit rund acht Milliarden britischen Pfund bewertet werden, das entspricht knapp 9,5 Milliarden Euro. Dies wäre einer der grössten IPOs der letzten zehn Jahre an der Londoner Börse.
Kein Einzug in den FTSE
Mit Verweis auf Marktschwankungen hatte Deliveroo im Vorfeld die Preisspanne für die Papiere gesenkt. Ausserdem will Firmengründer William Shu seine Position durch die Einführung zweier Aktiengattungen mit unterschiedlichen Stimmrechten zementieren, was dem Unternehmen gleichzeitig den Einzug in den prestigeträchtigen britischen Aktenindex FTSE verwehrt. Dies ist aber offenbar Absicht und eine Reaktion auf die eher schwachen Börsendebüts der Online-Bewertungsplattform Trustpilot und des Cloud-Computing-Anbieter DigitalOcean.
Fahrerproteste drücken Bewertung
Tatsächlicher Grund für die Senkung der maximalen Preisspanne von 4,60 auf 4,10 Pfund könnten aber Proteste von Fahrern im Vorfeld des Börsenganges sein, die von Deliveroo bessere Bezahlung und fairere Arbeitsbedingungen fordern. Dies, so meldet das "Handelsblatt", könnte einige Investoren davon abhalten, bei Deliveroo einzusteigen, denn ihre Investment-Richtlinien verböten es ihnen, bei Unternehmen zu investieren, die nicht als "sozial verantwortungsvoll" eingestuft werden. Auch Amazon hat nach "Reuters"-Informationen im Vorfeld angekündigt, den Börsengang zu einer Verringerung seiner Deliveroo-Beteiligung zu nutzen.
Insgesamt, so rechnet das "Handelsblatt" vor, könnte die Senkung der Preisspanne für die Deliveroo-Papiere die Unternehmensbewertung um bis zu 950 Millionen Pfund senken - das wäre das erste Mal, dass Protest der Belegschaft eine solche direkte finanzielle Folge hat.