Gastkommentar
26.12.2019, 10:50 Uhr
Warum der Cookie auch 2020 eine wichtige Rolle spielt
Das EuGH-Urteil zur notwendigen aktiven Zustimmung bei Cookies hat die Werbebranche in Aufruhr versetzt. Warum der Cookie dennoch auch 2020 nicht tot ist und welche Rolle er im Online-Marketing-Ökosystem einnehmen wird, erklärt Claas Voigt von emetriq.
Von Claas Voigt, Geschäftsführer bei emetriq
Die Totenglocken wurden viel zu früh verlautet: Viele Werbungtreibende sahen in dem EuGH-Urteil vom 1. Oktober 2019 das Ende des Cookie-basierten Targetings. Schliesslich erfordert dieses die aktive Zustimmung der Internetnutzer bezüglich der kleinen Textdateien.
Ohne Cookies, so befürchten viele, werde das Ausspielen von auf den User zugeschnittenen Anzeigen künftig nicht mehr so einfach möglich sein. Denn das Urteil wird potenziell Auswirkung auf die Neuregelung des rechtlichen Rahmens für Cookies durch die geplante E-Privacy-Verordnung der EU haben.
Damit nicht genug, unterdrücken auch die grossen Browser-Hersteller wie Google (Chrome), Apple (Safari) oder die Mozilla Foundation (Firefox) die Cookies in den letzten Monaten noch stärker.
Doch dies bedeutet nicht, gleich von einem Ende der Cookie-Ära sprechen zu müssen: Längst ist die Sachlage nicht so eindeutig, wie das Urteil zunächst glauben lässt. Denn es verbietet ja nicht den Einsatz von Cookies per se, sondern stärkt vielmehr den Datenschutz und unterstreicht die Bedeutung des Nutzerinteresses. Warum totgesagte Cookies länger leben und wir diese auch für eine mögliche Post-Cookie-Ära brauchen, möchte ich gerne etwas näher erläutern.
Wie das Tracken mit Cookie weiterhin möglich ist
Die wichtigste Nachricht zuerst: Datenschutzkonformes Tracking ist nach wie vor möglich - auch Cookie-basiert. Dazu erfordert es lediglich die Einwilligung der User. Consent-Management-Plattformen (CMP) helfen Advertisern und Seitenbetreibern dabei, diese einzuholen.
Wer aktiv die Zustimmung der Nutzer einholt, ist als Werbungtreibender auf der sicheren Seite - auch bevor offiziell klar ist, wie und wann sich das EuGH-Urteil in der EU-weiten E-Privacy-Verordnung niederschlägt und hierzulande die derzeitige Regelung der E-Privacy-Richtlinie im Telemediengesetz ablöst.
Dies erübrigt auch die umstrittene Praxis vieler Seitenbetreiber, die sich derzeit noch auf ihr "berechtigtes Interesse" nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO berufen und damit Cookies einfach weiter zu Werbezwecken ohne Einwilligung der Nutzer verwenden.
Das Einholen des Consent ist einfach erklärt: Dazu muss der Nutzer beim Betreten einer Website der Speicherung seiner Daten explizit zustimmen ("Erlaubst Du mir, deine Daten zu speichern und zu verarbeiten?"), wie es durch das Setzen eines Häkchens in einem Pop-Up-Fenster möglich ist.
So dürfen Cookies weiter genutzt und persönliche Daten verarbeitet werden. Die Consent-Management-Plattformen automatisieren diesen Prozess und helfen, den Consent der User zu verwalten und nachvollziehbar zu dokumentieren. Mit dem "Transparency und Consent Framework" hat das Interactive Advertising Bureau Europe (IAB) bereits im April 2018 einen branchenweiten Standard festgelegt, an deren Inhalt sich Seitenbetreiber bei der Auswahl und Gestaltung ihrer CMP orientieren können.
Cookieless Targeting: Die Alternativen zum Cookie
Der digitale Werbemarkt und insbesondere viele Technologie-Anbieter arbeiten nicht erst seit der DSGVO unter Hochdruck daran, Alternativen für das domain-übergreifende Third-Party-Tracking zu entwickeln. Längst gibt es Lösungen, die ohne Cookies auskommen und erfolgreich im Einsatz sind. Diese können zwar in der Präzision nicht ganz mit den Cookie-basierten Verfahren mithalten, bieten aber die Möglichkeit, auch "Cookieless" Reichweiten zu qualifizieren und so für das Targeting eingesetzt zu werden.
Wie dies möglich ist: Selbst wenn Nutzer ohne Cookie-Historie eine Webseite besuchen, bringen sie einige aktuelle Informationen mit. Dazu gehören beispielsweise Referrer-Daten, die verraten, auf welcher Seite ein User zuvor surfte. Auch der verwendete Browser, dessen Einstellungen oder der Zeitstempel geben Auskunft zum Nutzerverhalten.
Auf Basis der Informationen von Usern mit Cookie-Historie lassen sich so Vorhersagen für die Merkmale von cookie-losen Surfern ohne Opt-in treffen, die ein zielgenaues Targeting ermöglichen.
Auch die Keywords, die in der URL vorkommen, helfen dabei, den Nutzer zu segmentieren. Auf diese Weise lassen sich Vorhersagen treffen, etwa im Hinblick auf Haushaltsnettoeinkommen, Alter, Ausbildung, Beruf oder Familienstand. So erreichen Websites auch absolute Cookie-Verweigerer oder User von cookie-feindlichen Browsern wie Firefox oder Safari. Dies geschieht alles im Rahmen der EU-Datenschutzgrundverordnung mit allen erforderlichen Opt-out-Möglichkeiten und gemäss des des IAB-Consent-Frameworks.
Warum wir den Cookie für die Cookieless-Ära brauchen
Welche Rolle spielen Third-Party-Cookies künftig noch in unserem Ökosystem? Auch wenn alternative Tracking-Methoden 2020 stärker in die Öffentlichkeit rücken und dadurch weitere Verbreitung finden, ist bereits jetzt klar: Der Cookie ist nach wie vor ein wichtiges Instrument für datengetriebene Geschäftsmodelle.
Auch für die Vorbereitung auf eine mögliche Cookieless-Ära kommt diesem derzeit noch eine entscheidende Rolle zu, um keinen Rückschritt in punkto Targeting zu machen: Noch haben Advertiser die Möglichkeit, ihre Algorithmen mit cookie-basierten Erkenntnissen zu füttern, um dafür zu sorgen, dass sie auch zukünftig mit "Cookieless" Targeting das Niveau von heute erreichen.
Mit der zielgruppengenauen Ansprache können programmatisch ausgesteuerte Ads auch in Zukunft einen wichtigen Vorteil liefern: Relevanz. So ist es ist sowohl im Sinne der Werbungtreibenden wie auch der User, dass sie möglichst passgenau die Anzeigen ausgespielt bekommen, die sie gerade interessieren. Denn Ads müssen für den Nutzer relevant sein, damit er diese nicht als störend und nervig empfindet.
Mit der zielgruppengenauen Ansprache können programmatisch ausgesteuerte Ads auch in Zukunft einen wichtigen Vorteil liefern: Relevanz. So ist es ist sowohl im Sinne der Werbungtreibenden wie auch der User, dass sie möglichst passgenau die Anzeigen ausgespielt bekommen, die sie gerade interessieren. Denn Ads müssen für den Nutzer relevant sein, damit er diese nicht als störend und nervig empfindet.
Diesen Mehrwert müssen wir gegenüber den Nutzern so sichtbar machen, damit sie ihre Zustimmung geben und vor allem auch verstehen, dass die Tracking-Methoden dazu beitragen, dass sie nur solche Werbung sehen, die sie auch wirklich sehen wollen.