Internet-Steuer in Bayern 20.02.2019, 09:01 Uhr

15 Prozent Steuer auf Werbebanner: Das steckt dahinter

Ein Bericht im ZDF-Magazin "Frontal 21" sorgt für Aufregung: Müssen Werbungtreibende jetzt Steuern von Google und Facebook eintreiben und an den Fiskus abführen? Bayerische Finanzämter forderten mehrfach entsprechende Abgaben - zum Teil für Jahre im Nachhinein.
(Quelle: shutterstock.com/Andrey Popov)
Betriebsprüfungen in deutschen Unternehmen ergaben kürzlich ganz neue, bis dato nicht bekannte Forderungen vonseiten der Finanzverwaltung in Bayern. Einige der digital agierenden Unternehmen sollen für teilweise Jahre zurückliegende Werbemassnahmen im Internet nun Steuern zahlen. Begründet wird diese mit einem Steuerabzugs- und Veranlagungsverfahren nach §§ 50 und 50a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Doch was genau ist damit gemeint?
Kürzlich führte die Begutachtung der Gesetzestexte in Bayern zu einer vollkommen neuen Auffassung der Behörden im Freistaat: Ausgangspunkt ist dabei, dass ein ausländischer Betreiber Leistungen an ein inländisches Unternehmen zum Zwecke der Werbung erbringt. Dabei legten bayerische Finanzbehörden die Bereitstellung beispielsweise eines Banners durch den Werbungtreibenden als "Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung" aus. Diese beziehen sich dann auf einen Werbeplatz im Internet, der nur für kurze Zeit verfügbar ist. Damit wird Online-Werben plötzlich zu einer "zeitlich ­begrenzten Nutzungsüberlassung" von Urheberrechten oder gewerblichen Schutzrechten.
Darüber hinaus stellten die Steuerexperten der Finanzbehörden fest, dass das Stammrecht am Werbeplatz im Internet im Grunde nie vollständig an einen Werbungtreibenden übergeht. So qualifizieren sie Suchmaschinen- und Banner-Werbung letztendlich als Überlassungsverträge. Damit ist es möglich, Steuerausländer in Deutschland zur Kasse zu bitten, allerdings nur über den Umweg des inländischen Werbungtreibenden.

Werbungtreibender muss Steuer vorstrecken

"Der Schuldner der Vergütung haftet für die Einbehaltung und Abführung der Steuer", heisst es unter § 50a (5) EStG. Der Werbungtreibende soll also die Steuer abführen und gegebenenfalls verauslagen, die beispielsweise Google dem deutschen Fiskus plötzlich schuldet. Um diese dann wiederum von Google zu bekommen, muss der Werbungtreibende die Steuer nach gesetzlich vorgeschriebenem Muster bescheinigen und einfordern. Da es sich nicht um ein neues Gesetz, sondern eine neue Auslegung handelt, können sich auch Nachforderungen von Steuern aus Werbemassnahmen vergangener Jahre ergeben.
Obwohl die Gesetzesauslegung derzeit durch das Bundesministerium der Finanzen und das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)geprüft wird, scheinen die Finanzbehörden in Bayern darauf nur bedingt zu achten. Das Bayerische Landesamt für Steuern gab auf Anfrage  der Redaktion keine Auskunft darüber, ob die veränderte Auslegung des Steuergesetzes vor der rechtskräftigen Entscheidung des Bundes fortgeführt oder ausgesetzt wird. Lokale Unternehmen, die Werbung online betreiben, sollten daher vorbereitet sein - nicht nur in Bayern.

Einspruch gegen Haftungsbescheide

In jedem Fall lohnt sich für Unternehmen, die Online-Werbung schalten, eine genaue Prüfung der letzten sowie kommender Steuerforderungen. Betroffene Unternehmen müssen sich ihrem Schicksal allerdings nicht ergeben. "Gegen entsprechende Haftungsbescheide für die Vergangenheit sollte Einspruch nach § 347 AO eingelegt werden", rät Thomas Kriesel, Steuerexperte beim ITK-Branchenverband Bitkom.
Diesen Hinweis gibt auch das Bundeszentralamt für Steuern und erklärt: "In diesen Fällen trifft das BZSt die letztverbindliche Entscheidung darüber, ob ein steuerabzugspflichtiger Sachverhalt vorliegt oder nicht.“ Demnach wäre diese neue Auslegung des Einkommensteuergesetzes vor allem eine Verschärfung, die dem Gesetzgeber vorbehalten ist und daher nicht auf Länderebene eingeführt werden kann.
Sollte wider Erwarten doch entschieden werden, die Internet-Werbung bundesweit zur Rechteüberlassung zu erklären, können Unternehmen mit Rücklagen vorsorgen. 15 Prozent Steuern würde der Gesetzgeber auf alle Ausgaben für Banner- und Suchmaschinenwerbung erheben.
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