Kameras
08.03.2018, 09:45 Uhr
Test: Sony Alpha 7R III
Das Pixelmonster geht in die dritte Runde und punktet mit Verbesserungen im Detail.
Wie schon ihre Vorgängerin steht die Sony Alpha 7R III zuerst einmal für jede Menge Pixel, denn das «R» ist die Abkürzung für «Resolution»: Ganze 42,4 Mpx stemmt der Vollformat-Sensor. Diese Pixellawine wird auf mehreren Ebenen zu einer Herausforderung. So wiegt eine einzelne RAW-Datei etwa 86 MB, was den Speicherbedarf für das Archiv in die Höhe schnellen lässt. RAW-Dateien in dieser Grösse stellen aber auch höhere Anforderungen an den PC, der sie bearbeiten muss.
Vor allem aber bringt diese Auflösung nur etwas, wenn das Objektiv mithalten kann. Das war der Antrieb für Sony, die G-Master-Serie ins Leben zu rufen (zu erkennen am orangen G auf dem Tubus). Das Sortiment umfasst derzeit ein halbes Dutzend Objektive, wobei für ein klassisches Standard-Zoom wie das 24-70 mm ƒ/2.8 knapp 2000 Franken fällig werden. Zusammen mit dem Gehäusepreis von rund 3900 Franken ergibt sich also ein Einstiegspreis von rund 5900 Franken. Neben diesen Edellinsen lassen sich natürlich auch alle anderen Objektive mit E-Bajonett verwenden.
Gehäuse
Das Gehäuse ist für eine Vollformat-Kamera geradezu niedlich – einer der wichtigsten Vorzüge der spiegellosen Systemkameras. Die Kamera liegt durch den ausgeprägten Wulst sehr gut in der Hand. Alle wichtigen Tasten sind unter dem rechten Daumen angeordnet, auch die Filmtaste ist leicht zu erreichen.
Freude macht auch der hervorragende OLED-Sucher, der von einem Brillenträger gerade noch überblickt werden kann. Dabei handelt es sich um dasselbe Modell, das auch in der grösseren A9 zum Einsatz kommt. Das Sucherbild wird durch 3,69 Millionen RGB-Bildpunkte dargestellt, reagiert sehr flüssig und macht jede Erinnerung an einen optischen Sucher vergessen. Die Korrektur reicht von -4 bis +3 Dioptrien.
Tempo
Was zuerst auffällt, ist das beeindruckende Tempo, und zwar in jeder Hinsicht: beim Speichern von Bildern, der Vorschau der Aufnahmen und im Umgang mit den zahlreichen Menüoptionen. Im Seriefeuer nimmt die Sony-Kamera bis zu 10 Bilder pro Sekunde auf – in unkomprimiertem RAW und mit einer Farbtiefe von 14 Bit.
In unserem Test schluckte die Kamera 34 RAW-Aufnahmen, bis sie ins Stottern geriet und den Puffer auf die Speicherkarte entleeren musste – und das kann dauern. Deshalb kommen für diese Kamera nur die schnellsten SD-Karten infrage. Zur Auswahl stehen zwei Slots, doch nur Slot 1 ist mit UHS-II kompatibel; dann stehen theoretisch bis zu 312 MB Transferleistung zur Verfügung, wenn die Speicherkarte mitmacht. Der zweite Steckplatz funktioniert hingegen nur nach dem UHS-I-Standard, der einen maximalen Durchsatz von etwa 100 MB pro Sekunde erlaubt. So oder so: Der verbaute USB-C-Anschluss sorgt anschliessend dafür, dass die Bilder möglichst fristgerecht auf dem PC landen.
Autofokus
Genauso überzeugend funktioniert der Autofokus, der sein Ziel nahezu augenblicklich findet. Dabei wird das Bild für die Fokussierung in bis zu 425 Fokuspunkte zerlegt. Falls es dabei überhaupt zu einem kurzen «Pumpen» kommt, ist es von blossem Auge nicht wahrnehmbar. Besonders gut gefällt auch die Präzision des Augen-Autofokus; er wird über die Mitteltaste des Steuerkreuzes geweckt und bleibt solange aktiviert, wie diese Taste gedrückt wird.
Je nach Einstellung sucht sich der Autofokus sein Ziel selber, was zum Beispiel bei Sportaufnahmen eine unverzichtbare Hilfe ist. Bei ruhigeren Aufnahmesituationen empfiehlt sich hingegen der Modus «Flexibler Spot», bei dem gezielt eine Stelle anvisiert wird. Der Fokuspunkt lässt sich dabei mithilfe eines kleinen Joysticks verschieben, der perfekt unter dem Daumen zu liegen kommt. Dummerweise ist eben dieser Joystick für unseren Geschmack zu schwergängig. Seine Form weist ausserdem ziemlich scharfe Kanten auf; das sorgt zwar beim Fotografieren mit Handschuhen für mehr Haftung, doch mit blossen Händen wird dieser Knubbel nach kurzer Zeit zu einer unangenehmen Erfahrung.
Ergonomie
Die Sony Alpha 7R III liegt Dank des ausgeprägten Wulstes sehr gut in der Hand. Leider ist diese Aussage das Beste, was es über die Ergonomie zu berichten gibt. Sobald das Thema auf die Menüs, die App oder die PC-Software fällt, ist Schluss mit lustig.
Alle Menükategorien verteilen sich auf total 35 (!) Display-Seiten. Freundlicherweise lassen sich die wichtigsten Befehle in der Kategorie «Mein Menü» sammeln – ein Luxus, den die Besitzer einer Sony a6500 zum Beispiel nicht kennen. Die Menüs wirken altbacken und die Befehle oft kryptisch – oft auch deshalb, weil sie ohne Not bis zur Unverständlichkeit abgekürzt werden.
Das gedruckte Handbuch umfasst knapp 1400 Seiten für 14 Sprachen, also etwa 100 Seiten pro Sprache. Die lieblose Aufmachung behandelt alle Themen im Telegrammstil und verweist auf die digitale Anleitung im Netz, die jedoch nicht minder langweilig und nahezu bilderlos daherkommt. Über diesen Link können Sie sich selbst ein Bild davon machen. Ein detaillierte Anleitung im PDF-Format wird hingegen nicht angeboten.
Die wichtigsten Hilfen im Kampf gegen die kaum vorhandene Struktur sind deshalb das Schnellmenü für die meistverwendeten zwölf Befehle sowie die hohe Anpassungsfähigkeit der Knöpfe. Am besten ackert man sich einmal mit dem Handbuch auf den Knien durch die Möglichkeiten und schwört sich anschliessend, nie wieder eine Einstellung zu ändern.
Die App
Der Murks, der in den Menüs seinen Anfang nimmt, setzt sich bei der App fort. Die Sony-Kamera ist mit WLAN 802.11-N, NFC und Bluetooth 4.1 ausgerüstet. Damit sind alle Voraussetzungen erfüllt, um die Kamera fernzusteuern, Bilder zu übertragen oder sogar automatisch mit Geotags zu versehen. Leider gestaltet sich der Umgang mit der App «PlayMemories Mobile» für iOS und Android sperrig – und zwar bis hin zur Unbrauchbarkeit.
Die Verbindung kommt nur auf Biegen und Brechen zustande und löst sich bei der erstbesten Gelegenheit wieder. Das automatische Geotagging der App funktioniert nur sporadisch – und das ist noch schlimmer, als wenn diese Funktion überhaupt nicht existieren würde. Stattdessen weichen Sie besser auf eine spezialisierte App wie GeoTag Photos Pro 2 aus; denn Sie ersparen sich viel Ärger, wenn Sie diese App einfach ignorieren und damit auf die versprochenen Möglichkeiten verzichten.