Blick hinter die Kulissen
22.06.2017, 15:33 Uhr
Alexa Skills: So setzen Unternehmen Amazon Echo ein
Alexa Skills, die Anwendungen für Amazons Sprachassistenten Echo, spriessen gerade wie Pilze aus dem Boden. Hier ein Blick auf einige Beispiel und deren Entwicklung.
Rund 1.500 deutschsprachige Alexa Skills stehen den Nutzern von Amazons sprachbasierten Lautsprechern Echo und Echo Dot zur Verfügung (Stand Ende Mai 2017) und täglich kommen etliche neue dazu. Vieles ist eher Spielerei: So würfelt die Sprachassistentin Alexa auf Zuruf die Glückszahlen für den nächsten Lottoschein aus, erzählt einen Witz oder startet laut einen Countdown.
Andere Anwendungen wie Geburtstags- oder Müllabfuhrkalender, Übersetzer oder Taschenrechner verfolgen da schon nützlichere Zwecke. Und in diese Richtung gehen auch viele der neueren Skills, mit denen Unternehmen sich im alltäglichen Umgang der Nutzer mit Alexa einen Platz sichern wollen. Hier einige Beispiele:
Einer der Pioniere: MyTaxi
Einer der Pioniere, der schon zum Verkaufsstart der Echo-Geräte in Deutschland im Herbst 2016 mit dabei war, ist MyTaxi. Derzeit kann der Alexa-Nutzer seine Heimat- und seine Arbeitsadresse hinterlegen und sich dort abholen lassen. Zudem gibt Alexa Auskunft über den Fahrer, das Fahrzeug und die Anfahrtsdauer. Um den Skill nutzen zu können, muss der Echo-Besitzer ihn einmalig mit der MyTaxi-App verbinden.
Mytaxi hat den Skill binnen einiger Wochen mithilfe des von Amazon bereitgestellten Software Developer Kit "Alexa Skills Kit" (ASK) selbst entwickelt. Das Hauptaugenmerk lag auf der Sprachsteuerung, damit die Konversation mit Alexa möglichst natürlich klingt. Deswegen waren bereits zum Start mehrere Hundert Sprachbefehle mit verschiedenen Satzbauarten und Antworten verfügbar. Insgesamt verlief die Entwicklung laut Mytaxi ohne besonders grosse Herausforderungen.
Konkrete Nutzerzahlen verrät MyTaxi nicht, nur so viel: Der Skill stosse auf grosses Interesse. Bestellungen über Alexa gingen täglich ein. Deswegen denkt MyTaxi nun auch darüber nach, den Service auszubauen und etwa die Vorbestellung eines Taxis zu ermöglichen.
Für BMW-Fahrer schliesst Alexa bald das Auto auf
Deutlich komplexer ist das Vorhaben von BMW: Ende September soll der Skill verfügbar sein, über den BMW-Fahrer dann den Lade- und Kraftstoffstand ihres Autos abfragen oder es auf- und zuschliessen können. Zudem kann der Nutzer seine Termine prüfen und die geplante Strecke sowie die Fahrtdauer erfragen, um rechtzeitig bei seinem Termin anzukommen.
Dazu ist die Alexa-Anwendung mit "BMW Connected", dem Mobilitätsservice des Autobauers, verknüpft. Um den Skill nutzen zu können, braucht der Fahrer daher neben seinem Alexa-Account auch ein "BMW Connected"-Kundenkonto. An der Realisierung des Projekts arbeiten - in Kooperation mit Amazon - eigene Entwicklerteams der BMW Digital Services in München sowie des BWM Group Technology Office in Chicago. Zu Details der Entwicklung, etwa den Kosten oder der Gesamtdauer, will der Autobauer jedoch nichts verraten.
DHL und DPD: Alexa sagt, wo sich das Paket befindet
Auch Paketdienste wie DHL und DPD haben Alexa für sich entdeckt. Seit Ende April können DPD-Kunden über Alexa erfragen, wo sich ihr Paket befindet und wann es zugestellt wird. Ausserdem können die Nutzer sich sagen lassen, wo sich der nächste DPD-Paket-Shop befindet und wann er geöffnet ist. Für die Zukunft sind weitere Features geplant, beispielsweise die Verschiebung des Zustelltags oder eine Abstellfreigabe - etwa in der Garage.
Für den Skill setzt DPD seinen "Paket Navigator" ein, der diese Funktionen bereits im Web und in der App anbietet. Der Alexa-Nutzer muss sich lediglich für den Paket Navigator anmelden. Auch DPD hat den Skill inhouse umgesetzt. Die Entwicklung mithilfe des "Alexa Skills Kit" liess sich laut DPD sehr gut und auch kostengünstig binnen sechs Wochen umsetzen. Der Fokus lag auch hier auf der Entwicklung sinnvoller Fragen und Antworten, um eine gute Customer Experience sicherzustellen.
Immobilienscout24: Teils Probleme bei der Konto-Verknüpfung
Ebenfalls inhouse realisiert Immobilienscout24 derzeit einen Alexa Skill. Ungefähr drei Monate hat ein hauseigener Software-Entwickler daran gearbeitet; auch er hat dafür das ASK genutzt. Momentan ist die Anwendung in einer Betaversion verfügbar, die die sprachgesteuerte Immobiliensuche und das Vorlesen der Ergebnisse ermöglicht. Auch die Abfrage neuer Resultate einer gespeicherten Suche ist möglich, dafür muss der Nutzer sein Gerät allerdings mit seinem persönlichen Immobilienscout24-Konto verknüpfen.
Dies bereitet in der Entwicklung jedoch immer wieder Probleme: So zeigen manche Smartphones keinen Login-Screen für die Accounts an und auch das Debuggen beim Account Linking gelingt dem Unternehmen zufolge teils nur über Umwege. Mit dem Skill will Immobilienscout24 eine bequeme Nutzung von der Couch aus ermöglichen sowie visuell eingeschränkten Nutzern den Alltag erleichtern. Daneben soll die Anwendung als Fundament für die Entwicklung weiterer sprachgesteuerter Features dienen.
Shopping mit Alexa steckt noch in den Kinderschuhen
Auch erste Skills zum Einkaufen sind verfügbar. Während die Supermarktkette Real sich noch auf die Abfrage der Sonderangebote und Rezeptideen sowie eine Filialsuche beschränkt, aktualisiert AllYouNeed Fresh, der Lebensmittel-Lieferdienst von DHL, via Alexa auch die Einkaufslisten seiner Kunden. So können die Nutzer per Sprachbefehl Produkte auf die Einkaufsliste setzen und sich diese auch komplett vorlesen lassen. Produktempfehlungen sind ebenfalls möglich.
Die Bestellung selbst kann Alexa aber noch nicht entgegennehmen: Dazu muss der Kunde auf die Website von AllYouNeed Fresh. Daher ist auch hier ein Allyouneed-Fresh-Account nötig. Auch die DHL-Tochter hat den Skill selbst entwickelt, grössere Probleme gab es nach eigenen Angaben nicht. Zu Dauer oder Kosten wollte das Unternehmen nichts sagen. AllYouNeed Fresh hat aber schon Erfahrung mit solchen automatisierten Services: Bereits seit Juli 2016 können die Kunden ihre Einkaufsliste auch via Whatsapp an AllYouNeed Fresh schicken.
Branchentypischer Wortschatz fehlt oft
Diese Beispiele zeigen: Es gibt unzählige Möglichkeiten, über Alexa mit dem Kunden in Kontakt zu treten und Services anzubieten. Unternehmen wie die Eon-Tochter Innogy, Ikea oder der Leuchtmittelhersteller Philips nutzen Alexa Skills für die Smart-Home-Steuerung, Versicherungsunternehmen wie die Allianz oder die Deutsche Familienversicherung ermöglichen einfache Versicherungsanfragen oder Services wie Adressänderungen.
Die Comdirect Bank ist seit Anfang Mai mit einer Kursabfrage in Echtzeit vertreten.Nur rund zwei Monate hat die Entwicklung des Skills gedauert, die die Hamburger Agentur Fürstvonmartin und die Software-Entwickler von Njiuko übernommen haben. Auch hier kam das ASK zum Einsatz, jedoch nur, um die Daten zum Vorlesen an Alexa zu übergeben. Der restliche Code wurde selbst entwickelt. Eine besondere Herausforderung war der begrenzte deutsche Wortschatz von Alexa im Bereich Börse. Hier hat die Comdirect Bank über ihren eigenen Code optimiert.
Nutzerzahlen noch sehr überschaubar
Dennoch ist klar: Alexa Skills stehen hierzulande noch ganz am Anfang. Klaus Täubrich, Geschäftsführer der Agentur Fürstvonmartin, schätzt, dass in Deutschland momentan mehrere Hunderttausend Geräte im Einsatz sind. Offizielle Zahlen seitens Amazon gibt es nicht.
Die Nutzerzahlen sind dementsprechend natürlich noch sehr überschaubar. Geschätzt dürften sie sich bei den meisten Skills im vier- bis maximal niedrigen fünfstelligen Bereich bewegen. Konkret mochte sich keines der hier befragten Unternehmen dazu äussern.
Mit einem Kernservice starten und dann ausbauen
Wer sich dennoch dafür interessiert, dem rät Täubrich, erst einmal mit einem einfachen Kernservice anzufangen, Erfahrungen zu sammeln und den Skill dann nach und nach auszubauen. Die Kosten dafür seien meist überschaubar, für 15.000 Euro inklusive Betaphase und Launchprozess sei ein Einstieg machbar. Einfache Skills erfordern meist auch keine grossen technischen Vorbereitungen: In der Regel kann auf bestehende Systeme, etwa eine Datenbank, eine App oder ein RSS-Feed als Basis zurückgegriffen werden.
Deutlich schwieriger wird es bei komplexeren Vorgängen – zumal hier rechtliche Fragen wie die nach Informationspflichten im Online-Handel oder der Authentifizierung des Nutzers ins Spiel kommen. Ist kein Bestätigungscode vorgesehen, kann es zu ungewollten Bestellungen kommen. Und: Sind Drittpersonen anwesend, können sie den Code hören und später missbrauchen. Spätestens bei sensiblen Bankgeschäften sind entsprechende Vorkehrungen nötig.
Aber Amazon arbeitet fieberhaft an der Weiterentwicklung seiner Sprachassistenten. Seit einigen Wochen sind in den USA der "Echo Look" mit Kamera und der "Echo Show" mit Touch-Display zu haben. Beide Geräte eröffnen neue Möglichkeiten der Authentifizierung. Und damit stellt sich dann nur noch die Frage: "Alexa, was erwartet uns morgen?"