Werbeboykott spitzt sich zu
24.03.2017, 10:49 Uhr
Immer mehr Firmen frieren Google-Anzeigen ein
Nicht mehr "nur" UK-Firmen stellen ihre Google Ads ein, inzwischen folgen auch Unternehmen aus den USA und der Schweiz dem Werbeboykott. Für Google eine Katastrophe - das Werbegeschäft ist die grösste Einnahmequelle.
Unter der Lupe: Googles Werbungtreibende zeigen sich besorgt darüber, dass ihre Werbung neben fragwürdigen Inhalten erscheint.
(Quelle: shutterstock.com/GongTo)
So langsam ist das für Google und YouTube alles andere als nur ein kleines Problem: Immer mehr Unternehmen, vor allem US-Konzerne, ziehen Konsequenzen und stellen ihre Google Ads ein. Sie reagieren damit auf die Ausspielung ihrer YouTube-Werbung in teilweise extremistischen Umfeldern. Die Werbe-Clips waren beispielsweise vor Neonazi-Videos aufgetaucht.
Zunächst hatten in Grossbritannien mehr als 250 Marken ihre Google-Werbung vorerst eingefroren, wie The Times berichtete. Darunter grosse Namen wie Volkswagen, Toyota, O2, L'Oréal, McDonald's und die BBC.
Der Gesamtwert der Verträge, die ausgesetzt wurden, soll sich auf über 50 Millionen Pfund (57,7 Millionen Euro) im Jahr belaufen. Für Google eine Katastrophe - das Werbegeschäft ist nach wie vor die grösste Einnahmequelle. Die Google- und YouTube-Mutter Alphabet wird in diesem Jahr voraussichtlich 72,7 Milliarden US-Dollar Werbeeinnahmen erzielen.
USA und Schweiz folgen
Nun machen auch Firmen aus den USA und der Schweiz beim Werbeboykott mit. So wollen unter anderem die Telekommunikationsanbieter AT&T und Verizon sowie der Pharma-Konzern Johnson & Johnson (vorerst) nicht mehr auf YouTube werben. Allein Verizon soll jährlich 2,5 Milliarden US-Dollar in Werbung investieren.
AT&T geht sogar noch einen Schritt weiter und hat sich laut The Times nicht nur von YouTube zurückgezogen, sondern hat seine Anzeigen auf allen Google-Plattformen eingestellt. "Wir sind sehr besorgt darüber, dass unsere Werbung neben YouTube-Inhalten erscheint, die Hass und Terrorismus unterstützen", so ein Statement von AT&T.
Auch Schweizer Firmen reagieren, denn Werbung der Post, Swisscom, Migros, Coop oder Ikea wären ebenfalls im Umfeld von extremistischen YouTube-Videos aufgetaucht. Swiss Life und Baer schalten erst einmal nicht mehr über YouTube und das Google Display Network. Havas Schweiz hält - anders als Havas UK - weiter an Google fest, schreibt das Online-Portal persoenlich.com.
Googles Entschuldigung
Inzwischen hat Google sich für die fragwürdigen Inhalte auf YouTube entschuldigt und umfassende Überprüfungen eingeleitet. Das Risiko von Fehlplatzierungen soll substanziell reduziert werden. In jeder Minute würden Nutzer im Schnitt 400 Stunden Videos auf YouTube hochladen. Laut YouTube werden 98 Prozent der Inhalte innerhalb von 24 Stunden untersucht.
"Während wir bereits über eine grosse Auswahl von Tools verfügen, die Advertisern und Agenturen die Kontrolle darüber geben, wo ihre Anzeigen erscheinen, versuchen wir nun, unsere Bemühungen, die kleine Zahl von unangebracht monetarisierten Videos und Inhalten zu verbessern", so Ronan Harris, Geschäftsführer von Google UK.
Man habe bereits eine Überprüfung der Anzeigenrichtlinien und Kontrollmechanismen, die der Markensicherheit dienen, angestossen. Darüber hinaus werde es schon in den nächsten Wochen konkrete Änderungen geben, um den Marken mehr eigene Kontrolle über ihre Anzeigenplatzierung zu geben.