Menschersatz oder Spielzeug?
24.01.2018, 20:22 Uhr
Jeder fünfte Deutsche würde mit Sexroboter schlafen
Schmieröl statt Gleitgel, Knattern statt Stöhnen, leerer Akku statt Migräne: Sexroboter könnten unser Liebesleben gewaltig revolutionieren. Doch steckt dahinter wirklich ein technikbegeisterter Trend oder bloss ein hysterischer Hype?
Für die Zukunftsstudie «Homo Digitalis» und eine Webserie zu dem Thema haben unter anderem der Bayerische Rundfunk und Arte eine Umfrage zum Thema Sex mit Robotern gestartet.
(Quelle: BR/ARTE/dpa)
Elena wird geküsst und gestreichelt. Am Bauch, an den Brüsten, im Intimbereich. Sie bleibt teilnahmslos liegen, starrt bloss in eine Richtung. Elena ist ein Sexroboter.
Elena kann sprechen, ihre Emotionen können per App eingestellt werden. Und sie ist ein Versuchsobjekt: Für die Webserie «Homo Digitalis» hat der Bayerische Rundfunk (BR) Porno-Darstellerin Schnuggie91 mit Elena - nun, wie soll man sagen? - schlafen lassen. Eine merkwürdige Erfahrung, berichtet Schnuggie91 hinterher. Die Haut fühle sich nicht so an wie bei einem Menschen. «Sie interagiert ja auch gar nicht», sagt der Pornostar. «Also man ist eigentlich trotzdem dabei ziemlich einsam.»
«Homo Digitalis» ist zugleich eine Zukunftsstudie von BR, Arte, ORF und dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Die läuft zwar noch bis zum Frühjahr, erste Zwischenergebnisse haben die Macher aber veröffentlicht: Demnach würde ungefähr jeder fünfte Deutsche gerne einmal mit einem Sexroboter schlafen. Über die Hälfte würde es nicht oder nur vielleicht stören, wenn ihr Partner Sex mit einem Sexroboter hätte. Doch nur rund sechs Prozent könnten sich vorstellen, sich in einen Roboter zu verlieben. «Das deutet darauf hin, dass Sexroboter vor allem als Spielzeug und nicht als Menschen-Ersatz wahrgenommen werden», sagt Kathrin Pollmann vom IAO.
Immer wieder gerne zitiert wird in diesem Zusammenhang David Levy, Experte für Künstliche Intelligenz, der Sex mit Robotern bis zum Jahr 2050 für gängige Praxis hält. In Barcelona gibt es mittlerweile ein Bordell mit Sexpuppen, mit denen man(n) laut Anbieter alle seine Fantasien erfüllen kann - «ohne jegliche Grenzen».
Also ein Trend? Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel, der sich unter anderem Fragen der Informations- und Maschinenethik widmet, sagt: «Ich glaube, das bleibt eine Nische.» Er verweist unter anderem auf den Kaufpreis von rund 10 000 Dollar (etwa 8500 Euro). «Das kauft man sich nicht einfach auf die Schnelle.» Auch sei das Thema nach wie vor ein Tabu. «Über Sexspielzeug wird zwar inzwischen offener gesprochen. Aber Liebeskugeln und Dildos liegen auch nicht überall offen rum. Und wo verstecke ich einen Sexroboter vor meinem Partner?»
Kognitionswissenschaftler Martin Fischer von der Universität Potsdam, der im Dezember zu einem internationalen Workshop zum Thema «Roboter lieben» geladen hatte, sagt: «Das ist keine Science Fiction mehr.» Absatzzahlen seien zwar kaum zu bekommen - aber es gebe zum Beispiel eine Firma, die im Jahr rund 400 Sexpuppen verkauft. Manche dieser Puppen können sich auch bewegen. Davon zu unterscheiden seien humanoide Roboter, die auf soziale Signale eingehen und selber welche aussenden können. «Das ist für uns das interessante Feld», sagt der Professor. So habe eine Studie in den USA gezeigt, dass Menschen auch bei Robotern unterschiedlich reagieren, wenn sie an deren Genitalienzone im Vergleich zu anderen Körperteilen fassen.
Hier seien viele Fachgebiete gefragt und könnten von der Forschung profitieren - etwa auch im Bezug auf Design und ethische Fragen, sagt Fischer. Nur mangele es bislang an Fördermitteln. Auch sein Team arbeitet zur Zeit nur mit Fragebögen, bei denen jedoch jeder Befragte eine eigene Vorstellung davon hat, was ein Sexroboter kann und wie er aussieht. «Besser wäre es, auch physiologische Reaktionen auf der Haut messen zu können, wenn Sie in Kontakt mit einem Roboter kommen.»