Lieblingsgames der Redaktion 19.10.2020, 09:33 Uhr

Auf, nach Eorzea – mit Final Fantasy XIV!

Erstmals seit über 20 Jahren hat sich Redaktorin Gaby Salvisberg wieder an ein richtiges Computerspiel herangewagt. Und sich direkt in dieses wunderschöne Online-Rollenspiel verliebt. Aus vielen Gründen.
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(Quelle: Screenshot PCtipp.ch/Spiel ©2010-2020 Square Enix Co. Ltd. Final Fantasy XIV)
Das erste Game, mit dem ich Ende der 80er Jahre in meiner Lehrzeit in Kontakt gekommen bin, war natürlich «Leisure Suit Larry», das ich zufällig auf einem der PCs in der Lehrfirma «entdeckt» hatte. Das einfache, aber ziemlich sexistische Point-and-Click-Adventure war für mich nicht lange von Interesse. Ab der einzigen Spielkonsole, die ich je besass (Sega Mega Drive), hüpfte «Sonic the Hedgehog» übern Bildschirm. Auf der Festplatte meiner eigenen PCs liefen später weiterhin primär Adventures wie «The Day of the Tentacle», «Myst» oder «Grim Fandango», zwischendurch auch mal der Shooter «Doom», eins meiner letzten Games war «Gabriel Knight – The Beast Within».
Und dann kam sehr, sehr lange nichts mehr. Bis COVID-19 im Frühling 2020 auch die Schweiz in den Lockdown trieb.
Mein Lebenspartner hatte Final Fantasy XIV (oder kurz: FFXIV) schon länger auf seiner PS4 laufen. Beim vielen Zuschauen wurde mir klar: Ich will auch nach Eorzea! So heisst das Land, in dem das meiste dieses Games spielt. Der Grafikchip meines Homeoffice-PCs hat sich als gerade stark genug dafür entpuppt – Glück gehabt!

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Einige Eindrücke aus dem MMORPG Final Fantasy XIV

Was ist Final Fantasy XIV?

Es ist ein MMORPG, also ein «Massively Multiplayer Online Role-Playing Game». Das bedeutet: Die Avatare (Spielfiguren) der anderen Spieler und Spielerinnen sieht man hier ebenfalls herumspringen, -laufen, -fliegen, -sitzen oder -tanzen. Mit ihnen kann man auch interagieren, sofern deren Spielerin oder Spieler beschliesst, auf Ihre Geste oder sonstige Aktion zu reagieren. FFXIV hat eine Main Story (Hauptgeschichte), der man in seinem eigenen Tempo folgen kann, ausserdem ist die Welt gespickt mit Nebenquests. Zu den Quests gehören auch Kämpfe in Duties (Dungeons, Raids oder Trials), in denen man haufenweise kleinere Gegner und auch ein paar grosse, schwer zu erlegende «Bosse» killen muss. Diese Duties absolviert man nicht alleine, sondern meistens zu viert, oft auch zu acht oder dann eher selten in grossen Gruppen mit 24 Spielern. Ob man sich mit Bekannten zusammen in den Dungeon begibt oder ob man den Duty Finder nimmt, bleibt einem selbst überlassen. Solange man in der Spielwelt noch niemanden kennt (es gibt Free Companies, in denen man sich u.A. für Duties zu einer Party zusammenschliessen kann) ist der Duty Finder die beste Wahl.
Meine allerersten Schritte als Arcanist führten mich nach Limsa Lominsa. Kenner sehen sofort, dass meine Spielfigur Qujah ein Neuling ist. Es werden Tutorials zur Spielsteuerung eingeblendet (A). Qujah trägt noch die Original Miqo'te-Kleidung (B), meine Gesundheitspunkte (Health Points) sind erst bei 91 (C), der Erfahrungsbalken ist noch leer (man sieht klein: Level 1, D), im Spielwährungskonto herrscht Ebbe: 0 Gil (E) und mein Inventar ist noch leer, denn die schwarzen Punkte hier sind leere Inventarplätze (F). Ausserdem fehlen all die Hotbars, über die ich das Spiel später per Tastatur und Maus steuern werde. All das hat sich natürlich inzwischen sehr geändert.
Quelle: Screenshot PCtipp.ch/Spiel ©2010-2020 Square Enix Co. Ltd. Final Fantasy XIV
Zum Anfang des Games entscheidet man sich für eine Rasse, ein Geschlecht, einen Namen und für einen Job. Das Aussehen lässt sich vielfältig beeinflussen. Für die Main Story wird man entweder einen Kämpfer- oder Magier-Job wählen müssen. Ab einem bestimmten Level kann man andere Jobs ausprobieren und einfach zwischen diesen umschalten. Ich selbst habe damals als Arcanist begonnen; für magischen Fernkampf mit Unterstützung eines Tieres  – eines  «Carbuncle». Als Arcanist wird man später entweder automatisch zum Summoner (es bleibt beim magischen Fernkampf; nur das Pet ist ein anderes) oder zum Scholar; ein Heiler-Job. Ausserdem gibt es auch Sammler- und Handwerker-Jobs (Gatherer und Disciple of the Hand). Ich selbst habe mich kürzlich in den Miner-Job gestürzt, bei dem man Mineralien sammelt und diese im Game auch verkaufen kann. Im Game können Sie ca. ab Level 20 auf einem Chocobo reiten und später auch andere Mounts (Reittiere) erwerben. Ausserdem sind die Mounts ab einem bestimmten Level auch flugfähig.

Es war ein holpriger Start fürs Game

Square Enix hatte das Spiel im Herbst 2010 erstmals veröffentlicht. Allerdings mit so vielen (primär spielmechanischen) Fehlern, dass die Kritiker und RPG-gewohnten Gamer es quasi in der Luft zerrissen, dennoch blieben ihm viele User schon damals treu. Unter der Leitung von Naoki Yoshida (Nickname: «Yoshi-P») erschien das Game mit dem neuen ersten Kapitel unter dem vielsagenden Namen «A Realm Reborn» Ende August 2013 neu. Es war unter Beibezug von Inputs aus der Gamer-Community komplett neu entwickelt worden. Seither sind mehrere grosse Erweiterungen (Heavensward, Stormblood und zuletzt Shadowbringers im Juli 2019) mit grossen neuen Kapiteln zur Hauptstory erschienen, sowie im Dreimonats-Takt zahlreiche kleinere Patches mit neuen Funktionen und weiteren Inhalten zur Main Story und Side Quests. Gerade vorgestern erschien zum Beispiel Patch 5.35. So alt das Game ist, wird es dennoch mit viel Sorgfalt und Qualitätsbewusstsein gepflegt und weiterentwickelt. Ein Beispiel: Im August dieses Jahres wurde Patch 5.3 veröffentlicht, der endlich auch das Fliegen in den alten Gebieten (Black Shroud, Thanalan usw.) erlaubte; ein nicht zu unterschätzender Programmieraufwand. Mit Patch 5.4 ist noch in diesem Dezember zu rechnen. FFXIV hat sich in der Gunst der Online-RPG-Gemeinde zum zweitbeliebtesten MMO entwickelt und könnte früher oder später auch World of Warcraft den Rang ablaufen.
Auf der nächsten Seite lesen Sie, warum ich FFXIV speziell in der aktuellen Zeit für das beste Game halte.

Es ist ganz einfach: Die Kombination machts

Nichts lenkt Sie in Pandemie-Zeiten so schön ab wie ein Game, das einen richtig fesselt. Viele Menschen wollen oder müssen während COVID-19 auf sehr viele soziale Kontakte verzichten; zumindest auf die persönlichen.
Es ist ein MMO: Gegen virtuelle Kontakte ist auch in Pandemie-Zeiten nichts einzuwenden; nur haben Sie nach dem vierten Skype-Treffen mit Kolleginnen einander vielleicht doch nicht mehr so viel zu erzählen. Ich selbst fand FFXIV während des Lockdowns speziell tröstlich, weil es eben ein MMO ist. Man weiss, dass hinter jeder der anderen Figuren eine Person steckt, die ebenfalls am PC (Windows oder Mac) oder auf der PS4 am Zocken ist. Schön ist auch, dass Crossplay hier zum Konzept gehört. Egal, ob per Konsole oder PC – man teilt sich dieselben Server. Kontakte finden immer wieder in den Dungeons statt, wenn eine wild zusammengewürfelte Party unter viel Teamplay gemeinsam ein Monster erledigt. Nicht zuletzt gibt es auch direkte Chatmöglichkeiten via Freundeslisten und über die vielen verschiedenen Free Companies, manche mit Schwerpunkt auf sehr schwere Dungeons, andere eher familiär und einsteigerfreundlich.
Wunderschöne Dungeons und Gegner: Auch wer (wie die Autorin) jeden Dungeon immer noch mit etwas Bammel betritt, kann nicht darüber hinwegsehen, wie viel Kreativität, Kunstfertigkeit und Detailliebe in der Gestaltung dieser Kampfarenen und Gewölben sowie in den schillernden, prächtigen, teils herrlich schrägen Hauptgegnern stecken. Es ist vom künstlerischen Aspekt her eine Augenweide, auch wenn das Game grafiktechnisch nicht mit seinem modernen Cousin Final Fantasy XV (kein MMO und erzählt andere Geschichten) mithalten kann.
Die Story: Die Hauptgeschichten sind gut gemacht und bieten Nebenquests, die meistens auch irgendwie Sinn ergeben. Die vielen verschiedenen Wesen, Völker und Charaktere, auf die man trifft, sind unterhaltsam umrissen, ausserdem kommt bei vielen Quests und Figuren auch der Humor nicht zu kurz. Man merkt mit der Zeit auch: nicht alle Gegnerinnen und Gegner sind wirklich böse. Die Welt lässt sich nicht in schwarz und weiss unterteilen.
Gut geleitete Freiheit: Wenn Sie mal eine Woche lang keine Lust auf Dungeons haben, lernen Sie eben stattdessen das Leatherworker-Handwerk oder werden Fischer. Oder Sie schalten die verschiedenen Hunt Boards frei und gehen jagen. Vielleicht werden Sie auch einfach Culinarian und stellen heilsame Leckerbissen her. Alles kein Problem. Trotz dieser Freiheit sagt Ihnen das Game stets unaufdringlich, über welche Quest es bei der Main Story oder bei einer Job Quest weiterginge.
Rechts erscheinen die nächsten Quests. Man kann sich stattdessen aber auch kurz einfach mal ein Feuerwerk ansehen, wenn es gerade eins gibt.
Quelle: Screenshot PCtipp.ch/Spiel ©2010-2020 Square Enix Co. Ltd. Final Fantasy XIV
Tolles Community-Management: World-of-Warcraft-«Flüchtlingen» zufolge ist die Spielergemeinschaft bei FFXIV toleranter und aufmerksamer gegenüber Neulingen. Man darf auch mal einen Fehler machen, ohne angeschnauzt zu werden. Mir, die vor FFXIV so lange kein Spiel mehr in die Finger genommen hat, dürften in den letzten Monaten viele passiert sein; nie gab es deswegen böses Blut. Stattdessen wurde versucht, zu helfen. Neulinge können auch das Novice-Network benutzen; das ist ein separater Chat-Kanal, in dem Fortgeschrittene Fragen beantworten. Square Enix sorgt in FFXIV auch mittels höherer In-Game-Belohnungen dafür, dass alte Hasen Grund haben, sich über Neulinge in Dungeons zu freuen. So haben alle etwas davon. Und wenn jemand seine Sache im Dungeon gut macht, kann man ihm oder ihr am Schluss eine Player Commendation aussprechen.
So viele Commendations erhält man als Fernkämpferin normalerweise nicht (vermutlich lags an einem Witz, den ich während einer Cut-Scene im Party-Chat gemacht hatte). Aber gefreut hat es mich natürlich trotzdem sehr.
Quelle: Screenshot PCtipp.ch/Spiel ©2010-2020 Square Enix Co. Ltd. Final Fantasy XIV
Auf Augenhöhe: Man hat anfangs die Wahl zwischen verschiedenen Rassen. Während etwa Lalafells sehr klein sind und z.B. Elezen sehr hochgewachsen, befindet man sich dennoch stärkemässig auf Augenhöhe, egal, welche Rasse man für sich wählt. Eine kleine Lalafell kann eine mächtigere Kämpferin sein als ein Elezen. Und noch etwas fällt auf: Hier sind die weiblichen Charaktere auch nicht unbedingt in Unterzahl; auch bei den spielrelevanten NPCs (Non Playable Characters, mit denen man interagiert) nicht: Die Stadt-Staaten Gridania, Ul'dah und Limsa Lominsa werden von sehr unterschiedlichen, aber alle auf ihre Art starken Frauen regiert; auch unter der Gegnerschaft hat es ebenso herausragende weibliche wie männliche Figuren. Die Spieler-Avatare, die man herumrennen sieht und mit denen man sich in die Dungeons begibt, sind auch etwa zur Hälfte weiblich. Natürlich werden einige davon von Männern gespielt, aber dies geht logischerweise auch andersherum. FFXIV zieht seit Jahren nicht nur Männer, sondern auch Frauen in seinen Bann.
Und diese Musik! Jedes Gebiet wird mit einer eigenen Musik unterlegt, die meisten Dungeons legen musikmässig noch eins drauf. Die viele, mit Herzblut komponierte und von einem richtigen Orchester eingespielte Musik wird von den Fans so sehr geliebt, dass es zumindest in Japan sogar Konzert-Aufführungen mit den besten Perlen davon gibt – von diesen sind auch BluRays erhältlich. Wenn zu einem Dungeon «Triumph» läuft oder im Kapitelabspann «Answers» oder der schöne «Dragonsong» ertönt, muss man ein Klotz sein, um sich davon nicht rühren zu lassen.

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Einige Eindrücke aus dem MMORPG Final Fantasy XIV

Neugierig geworden? Final Fantasy XIV gibts für Windows, Mac und PlayStation 4. Das Spiel gibts nebst in Englisch und Japanisch auch in Französisch und Deutsch. Ich selbst spiele es am liebsten auf Englisch. Zum einen, weil es manchmal bei kleineren Quest-Hürden («Wo genau finde ich jetzt dieses Jagd-Ziel?)» mehr Resultate gibt, wenn man danach gleich mit den richtigen Begriffen in Englisch googelt. Und natürlich auch, weil bei den zwar nicht vielen, aber dann sehr gut gesprochenen Passagen dieses gestelzte Englisch einfach cooler klingt.
Lange Gratis-Demo: Es lässt sich neuerdings recht lange kostenlos ausprobieren, nämlich bis Level 60. Wenn es Sie danach auch erwischt hat, kostet das Game pro Monat rund 12 Euro. Dafür gibt es aber keine In-Game-Käufe und man wird nicht mit Werbung überschüttet. Bis Heavensward sollte man mit der Demo plus allfälligen Abokosten ab Level 60 durchkommen; die grossen Erweiterungen Stormblood und Shadowbringers müssten später noch dazu gekauft werden. Es gibt übrigens viele Spieler, die ein, zwei Monate lang bezahlen, die Erweiterungen oder die neuen Patch-Inhalte durchspielen und dann das Abo wieder kündigen. Die Charaktere bleiben erhalten, wenn man sich nach ein paar Monaten wieder einloggt, das nächste Abo löst und die neu hinzugekommenen Inhalte weiterspielt.
Man braucht viel Zeit dafür, aber die vergeht wie im Flug.



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