Praxistest
05.11.2018, 15:55 Uhr
So personalisieren die grössten deutschen Mode-Shops
Wie gut funktioniert Personalisierung heute schon aus Kundensicht? Wir haben sieben der grössten deutschen Mode-Shops auf ihre persönliche Ansprache getestet. Das Ergebnis? Ernüchternd.
Personalisierung ist, glaubt man den mannigfaltigen Studien und Expertenbeiträgen, die dieses Jahr die Branche überschwemmt haben, die eierlegende Wollmilchsau des E-Commerce: Personalisierte Angebote verbessern die Conversion, steigern die Wiederkaufrate und die Kundenbindung, reduzieren die Retourenquoten und verwandeln Gelegenheits-Shopper auch noch in überzeugte Markenbotschafter, so der allgemeine Tenor. Aber wie sieht die Realität aus?
Um das herauszufinden, haben wir die Kundenbrille aufgesetzt und uns in den grössten deutschen Online-Mode-Shops umgeschaut. Wir wollten wissen, wie About You, Amazon Fashion, Asos, Bonprix, Breuninger, H&M und Zalando ihre Angebote personalisieren - und ob der Kunde davon profitiert. Das Rüstzeug für unseren Praxistest: jungfräuliche Browser, frische Kundenaccounts - und zwei unterschiedliche Shopping-Personas: "Daniela" interessiert sich für die neuesten Stylingtrends, bewegt sich im oberen Preissegment und trägt Grösse 38/M. "Ingrid" dagegen ist Schnäppchenjägerin, mag ihre Mode bequem und trägt Grösse 46/XL. Beide Shopperinnen stöberten innerhalb von vier Wochen mindestens zehn Mal in den Online Shops nach ihren Lieblingsklamotten.
Der Login-Prozess: Auf die Daten, fertig, los
Um so viel Personalisierung wie möglich zuzulassen, machen wir es den Shops leicht und registrieren uns. Falls möglich, setzen wir auch das Opt-in-Häkchen bei der Newsletter-Bestellung. Bei den meisten Shops genügt die Eingabe einer E-Mail-Adresse für die Eröffnung eines Kontos, H&M fragt schon bei der Registrierung nach Geschlecht und Postleitzahl, Zalando will nur das Geschlecht erfahren, Bonprix will das Geburtsdatum wissen und Asos fragt bei der Newsletter-Anmeldung, welche Informationen die Neukunden erhalten wollten. Am detailliertesten fällt der Anmeldeprozess bei About You aus: Die Hamburger wollen wissen, welche Grösse wir tragen, welche Kleidungsstile uns gefallen, welche Influencer wir gut finden und welchen Marken wir folgen wollen.
Auch nach der Registrierung zeigt sich schnell, dass die Shops mit dem Thema Personalisierung sehr unterschiedlich umgehen. Während man bei About You Styles, Marken und Influencern folgen und einzelne Produkte liken kann, erlaubt es Zalando nur hartnäckigen Nutzern, die sich durch schlechte Usability nicht abwimmeln lassen, Marken zu folgen - Produkte herzen geht erheblich einfacher. H&M, Asos und Bonprix beschränken sich auf anklickbare Herzchen, mit denen man jedes Produkt auf eine Wunschliste setzen kann.
Bei Breuninger und Amazon Fashion konnten wir keine Optionen für eine kundengesteuerte Personalisierung entdecken. Auch der Umgang mit dem Thema Personalisierung unterscheidet sich: So präsentieren sich Zalando und About You zwar betont persönlich, sprechen beispielsweise auf der Startseite und auf den Kategorieseiten von "Deiner persönlichen Auswahl" oder "Deinem Style Update" - die im Personalpronomen mitschwingende, auf den einzelnen Kunden zugeschnittene Auswahl ist aber letztlich eine Mogelpackung: Egal ob sich "Daniela" oder "Ingrid" anmelden oder wir unangemeldet mit einem ganz anderen Browser auf einem anderen Gerät auf die Seiten surften - wir sahen immer dieselben Produkte. Wirklich persönlich wird es beispielsweise auf Zalando erst ganz unten auf der Startseite unter den Reitern: "Das könnte Dir gefallen" oder "Von deinen Suchen inspiriert". About You streut mehrere solcher Reiter auf der Startseite ein.
Offensiver geht H&M mit der Personalisierung um: Gleich auf der Startseite prangt unter dem Eingangsbanner ein Produktkarussell mit dem Titel "Ausgewählt für Dich", das sich offensichtlich an der Surfhistorie orientiert. Bonprix versteckt einen ähnlichen Reiter im unteren Drittel der Startseite und auf den Kategorieseiten ganz unten.