Nachholbedarf beim Arbeitsplatz 4.0

Das Team in den Prozess einbinden

Gemäss den Insights aus der Untersuchung  der Future Work Group und der FHNW sollte sich die Gestaltung des Arbeitsplatzes immer nach den zweck- und mitarbeiterorientierten Bedürfnissen richten. Diese sind naturgemäss in jedem Unternehmen unterschiedlich. «Mitarbeitende sollten bei der Gestaltung ihrer Arbeitsmittel deshalb immer eingebunden werden», fordert die Future Work Group. Auf diese Weise könne ein Unternehmen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Mitarbeitenden verschiedene Bedürfnisse akzeptieren und in Folge ein gemeinsames Verständnis für eine tragfähige Kollaboration erarbeiten.

Kultur berücksichtigen

Die Computerworld-Redaktion sprach auch mit Matthias Thalmann, der als Partner im Bereich Human Capital Consulting bei Deloitte in Zürich tätig ist und Unternehmen bei der Transformation ihrer Arbeitswelten begleitet. Er ist ebenfalls der Meinung, dass Unternehmen, die ihre Arbeitsplätze nicht aktiv gestalten, eine grosse Chance vergeben. Organisationen, welche die nötigen Schritte gehen, würden bei der Transformation jedoch oft vergessen, auch ihre Arbeitskultur und -struktur anzupassen. Es sei zwar gut und richtig, dass Firmen die Neugestaltung der Arbeitsräume auch ohne unmittelbare Veränderung der Arbeitsmodelle anpacken. Der volle Nutzen werde aber nur in der Kombination erreicht.
“Future of Work heisst, dass vier oder mehr Generationen gemeinsam die Zukunft gestalten„
Matthias Thalmann, Deloitte
Thalmann empfiehlt, als Lösung aktivitätenbasierte statt starre Arbeitsplatzkonzepte zu entwickeln. Diese würden den Wandel der Arbeitswelt wesentlich erfolgreicher unterstützen. Am Anfang jeder Reise zur Umgestaltung brauche es eine übergeordnete und kohärente Strategie. «Future of Work heisst, dass vier oder mehr Generationen gemeinsam die Zukunft gestalten.» Ein gesamtheitliches Konzept helfe, diese zusammenzubringen. Firmen sollten das Voneinanderlernen in den Vordergrund stellen und diesbezüglich die Stärken jeder Generation betonen, sagt Thalmann.

Fixe Arbeitsplätze – ein Auslaufmodell?

Gemäss Untersuchungen des Beratungshauses können 72 Prozent der Schweizer Beschäftigten ihre Präsenzzeit flexibel halten. Jedoch erhielten 42 Prozent der Angestellten dafür aber keine digitalen Geräte. Ein Widerspruch, der behoben werden sollte, fordert Thalmann.
Und nicht nur das ist ein Widerspruch: Laut dem Consulting-Haus haben über drei Viertel der Schweizer Beschäftigten einen festen Arbeitsplatz. Ist das noch zeitgemäss? «Nein», sagt ZHAW-Forscher Windlinger Inversini. Denn fixe Arbeitsplätze seien nur teilweise belegt. An einem durchschnittlichen Arbeitstag bleibe rund die Hälfte unbenutzt. Dafür gebe es viele Gründe. Etwa Teilzeitarbeit, Arbeit aus­ser Haus oder bei Kunden, Krankheiten, Ferien und Militärdienst. Unternehmen benötigten bei einer Arbeitsplatz­strategie mit fixen Arbeitsplätzen mehr Fläche als notwendig – und hätten trotzdem Platzprobleme. Wenn Teams wachsen, müssten oft mehrere Mitarbeitende umziehen, damit die neuen Teammitglieder einen Arbeitsplatz in der Nähe des Teams erhalten. «Flexible Arbeitsplatzmodelle mit nicht persönlichen zugeordneten Arbeitsplätzen bieten hier deutliche Vorteile», rät Windlinger Inversini.
«Fixe Arbeitsplätz spiegeln in den meisten Fällen die starren Strukturen und Silos im Unternehmen wider», stellt dagegen die Future Workplace Group fest. Da zukünftige Formen der Zusammenarbeit zunehmend projekt- und nicht mehr organisationsbezogen seien, würden fixe Arbeitsplätze an Bedeutung verlieren. Sie widersprächen zudem dem Wunsch nach mehr Unabhängigkeit von Ort und Zeit. Dass sich Millionen von Menschen täglich durch den dichten Berufsverkehr zu ihren Arbeitsplätzen quälen, belaste überdies die Umwelt und sei ein Verschleiss wertvoller Ressourcen in Form von Zeit und Energie. «Wichtig ist, wie das Arbeiten gelebt wird», sagt Wieser. Eine bestmögliche Unterstützung sei dann gewährleistet, wenn eine Vielfalt an Arbeitszonen – je nach Tätigkeit, persönlichen Vorlieben und Tagesplanung – zur Verfügung stehe.

Autor(in) Marcel Urech




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