Wie das Internet der Dinge die Logistik revolutioniert
Datenflut
Technologisch ist also vieles machbar. Laut Stephan Ellenrieder von PTC schwemmt das aber eine wahre Flut an Daten in die Unternehmen. Diese gelte es zu erfassen und zu verarbeiten. Wichtiger noch: «Es müssen die richtigen Erkenntnisse gezogen werden, um den Logistikprozess effizienter zu machen und Fehlerquellen weitestgehend zu reduzieren.» Erst wenn die gewonnenen Daten sauber verarbeitet werden, gelangen Unternehmen seiner Erfahrung nach zu mehr Wissen. Wissen sei Macht und die Daten seien der Schlüssel dazu, resümiert Ellenrieder.
Laut Ingo Hofacker sind Automatisierung und vorausschauende Analysen die Zukunft – «die hohe Kunst des IoT». Auch er ist der Ansicht, dass es nicht nur darum geht, Maschinen mit Sensoren zu versehen, sondern die richtigen Daten im richtigen Kontext zu betrachten und Schlüsse zu ziehen, die sich positiv auf Produktivität und Effizienz auswirken. Er schränkt allerdings ein, dass vorausschauende Analysen noch nicht wirklich in der Praxis angekommen sind, «eben weil das IoT ein komplexes Zusammenspiel aus Konnektivität und ausgeklügelten Algorithmen bedeutet». Das Internet der Dinge entwickele sich gerade erst vom «Nice-to-have» zum «Must-have».
IoT-Plattformen können den Unternehmen hierzu als zentrale Drehscheibe für die gewonnenen Daten dienen, indem diese in bereits vorhandene oder eigens entwickelte Applikationen fliessen. Gemeinsam mit Daten aus Drittquellen wie Wetter- oder Verkehrsdiensten und angebunden an Enterprise-Resource-Planning- oder Warenwirtschaftssysteme entsteht so eine mächtige Basis für die effizientere Planung und die Optimierung von Logistikprozessen.
Modernisierung der Logistik
Viele Warenlager dürften im Hinblick auf das Internet of Things und Industrie 4.0 jedoch komplett veraltet sein. Auch viele Fahrzeugflotten sind derzeit noch nicht für die moderne Kommunikation gerüstet. Nach den Erfahrungen von Jochen Busch von Vodafone steht bei der Digitalisierung von Logistikprozessen die Modernisierung von Hardware, Software und Netzwerk gleichermassen im Fokus. Grundlegend sei nicht nur ein Netzwerk wie Narrowband-IoT. Ebenso wichtig seien leistungsfähige Glasfaserleitungen, würden doch «die Daten, die über Mobilfunk verschickt werden, ab einem gewissen Punkt durch die Glasfaserleitungen unter der Erde abtransportiert». Parallel dazu müssten Hardware und Software modernisiert werden. Denn das leistungsfähigste Netz sei nur dann auch ein wirtschaftliches Netz, wenn die Anwendungen dafür existierten.
Für Stephan Ellenrieder von PTC sollten eine Vision und der zukünftige Prozess im Vordergrund stehen: «Ist das Ziel festgesteckt, hilft eine Bestandsaufnahme dabei, den Startpunkt festzulegen. Anschliessend werden die Route geplant und einzelne Etappen festgelegt – hier sind dann alle Einzelbereiche wie Hardware, Software oder das Netzwerk wichtig sowie deren Orchestrierung.» In der deutschen Praxis spielten – nicht nur in der Logistik – zunächst Prozessoptimierungen und Kosteneinsparungen die Hauptrolle. Mit Blick auf die rasante Entwicklung und die neuen Konkurrenten im Markt sei das jedoch oft zu kurz gedacht. Beispielsweise sollten am Anfang die eigenen Aktivitäten und das Geschäftsmodell auf den Prüfstand gestellt werden. Möglicherweise könnten so zukunftsweisende Richtungen zutage treten, die das Unternehmen über mehrere Jahre hinweg erfolgreich in Zukunftsmärkten agieren liessen, während reine Prozessoptimierungen oft nur mittelfristige Effekte brächten.
Eine rein technologische Betrachtung hält Ellenrieder für einen häufigen Stolperstein bei der Digitalisierung der Logistik. Einfach nur zu vernetzen und neue Datenflüsse zu kreieren sei reine Zeitverschwendung, wenn nicht klar sei, welche Daten wohin fliessen müssen mit welchem gewünschten Ergebnis. «Selbstverständlich bringt die Optimierung von Logistikprozessen oder die IoT-gestützte Überwachung von Fuhrparks oder der Lagerausstattung erste Effekte. Aber erst wenn alle diese Möglichkeiten in ein Gesamtkonzept, über das weit vor dem Technologieeinsatz nachgedacht werden sollte, oder gar in ein neues oder erweitertes Geschäftsmodell eingebettet werden, stellen sich Langzeiteffekte ein.»
Für Ingo Hofacker von T-Systems ist der typische Stolperstein bei der IoT-Einführung in der Logistik das Thema Sicherheit – «und das zu Recht, denn Sicherheit darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen.» Sicherheit müsse sich wie ein roter Faden durch alle Bausteine der Digitalisierung ziehen.
Für Jochen Busch von Vodafone wiederum spielt vor allem der Faktor Zeit eine wichtige Rolle: «Es geht darum, das Internet der Dinge schon früh in die eigenen Prozesse zu integrieren, um international nicht den Anschluss zu verlieren.» Und schliesslich gelte es, den Menschen die Angst vor der Digitalisierung zu nehmen. Es müsse ein Verständnis dafür geschaffen werden, dass es bei der Digitalisierung nicht darum gehe, den Menschen durch Maschinen zu ersetzen. Vielmehr gehe es darum, beide optimal interagieren zu lassen. «Ich denke, hier sind wir auf einem guten Weg», so sein Resümee.