Mehr als nur Blechkisten
09.10.2017, 11:24 Uhr
Die Digital-Pläne der Autokonzerne
Weltweit denken Autokonzerne ihre Geschäftsmodelle neu. Das Ziel: weg vom reinen Hardwarelieferanten für Silicon-Valley-Konzerne hin zum Digital-Dienstleister auf allen Wegen - auch im Internet.
Wer auf der dmexco in Köln die Keynote von Sheryl Sandberg verpasst hatte, bekam wenige Tage später in Frankfurt noch eine Chance: Am Rande der IAA diskutierte die COO von Facebook mit Daimler-Chef Dieter Zetsche - im Rahmen der Me Convention, die die Daimler-Tochter Mercedes-Benz dort erstmals in Kooperation mit den Machern der Digital-Konferenz SXSW veranstaltete. Die Me Convention als "Hipster-Event" zu bezeichnen, dürfte nur Millennials ärgern - der typische Mercedes-Käufer ist im Schnitt 55,2 Jahre alt und wird sich auf dem Event zwischen Party mit Beth Ditto und Hackathons über weite Strecken weniger zu Hause gefühlt haben.
Daimler-Chef Zetsche selbst ist mit seinen 64 Jahren im besten Mercedes-Kunden-Alter, dennoch sieht man ihn immer häufiger im Business Casual Look auftreten: lockeres Sakko, Jeans, Sneakers. Den Digital Divide zwischen der eigenen Bestandskundschaft und denen zu überwinden, die die Zukunft gestalten werden, das treibt den in Istanbul geborenen Zetsche um. Bereits 2015, zum Start der Online-Plattform Mercedes Me, erklärte er: "Die digitale Transformation ist bei uns in vollem Gange. Mercedes-Benz wandelt sich vom Automobilhersteller zum vernetzten Mobilitätsanbieter. Damit entwickeln wir das Unternehmen konsequent weiter und sichern unsere Zukunftsfähigkeit ab."
Car-Sharing und Fernbus inklusive
Mercedes Me gilt als Prototyp für ein Geschäftsmodell, das man eher bei Mobilfunk- und Internet-Konzernen verorten würde: Zusammen mit dem Produkt (Auto) erhält der Kunde einen Account, über den er sein Produkt verwalten und Zusatzservices buchen kann. Ist das Auto entsprechend vorbereitet, lassen sich so online nicht nur der Standort und Details wie der Tankinhalt checken. Der Kunde kann auch Inspektions- und Reparaturtermine buchen, Details seiner Finanzierung einsehen oder einen Leihwagen bestellen. Weitere Facetten der Mobilität sind die Schnittstellen zur Taxi-App Mytaxi, dem Carsharing-Anbieter Car2Go und dem Fernbusnetz von Flixbus.
Dreh- und Angelpunkt für eine sinnvolle Nutzung von Mercedes Me ist jedoch nach wie vor der Besitz eines Mercedes, wobei sich ältere Fahrzeuge über einen Adapter nachrüsten lassen.
Eine solche Lösung bietet auch der VW-Konzern an. Die neue Mobilitätsmarke Volkswagen We liefert den Kunden des Hauses ein reiches Informationsangebot, das vom Tachostand des Wagens bis zum Preisvergleich von Tankstellen reicht. Unter We Deliver läuft ein Service, mit dem in ausgewählten Gebieten DHL-Paketfahrer den Kofferraum bestimmter VW-Modelle elektronisch öffnen und dort vom Kunden bestellte Pakete hinterlegen können.