Grosse Pläne, grosse Probleme
30.01.2018, 07:57 Uhr
Uber: Vom Taxischreck zum Weltverbesserer?
Uber ist ein Phänomen: Von Taxifahrern gehasst, am Pranger aufgrund von Sexismus und Mobbing und dabei immer noch das wertvollste Start-up der Welt. Der neue Chef des Fahrtdienstvermittlers verspricht nun: Ab jetzt wird alles besser.
Die Uber-Fahrer können via App bestellt werden, reich werden die Chauffeure mit dem Fahrdienstanbieter nicht. Streiks wegen schlechter Arbeitsbedingungen gab es zuhauf.
(Quelle: Uber)
Es waren definitiv keine Uber-Fanboys, die sich vergangene Woche mit Plakaten und einem lautstarken Pfeif- und Hupkonzert vor dem Münchner Preysing-Palais positioniert hatten. Die Taxifahrer blockierten die Strasse mit ihren Autos, um vor dem Veranstaltungsort der DLD - Burdas Digitalkonferenz - ihre Antihaltung gegen den US-Fahrtdienstvermittler und dessen neuen Chef und DLD-Speaker Dara Khosrowshahi deutlich zu machen. "Illegal ist weder fair noch modern", so ihre Botschaft.
Modern hingegen war das Prinzip, mit dem das Start-up Uber gross wurde. Sharing is caring. Schon länger ist klar: Die Zukunft liegt im Tausch und kollektiven Konsum. Egal ob Wohnraum, Autos, Kleidung oder Essen - die vor einigen Jahren durch Internet-Plattformen gross gewordene Sharing Economy hebelte alte Normen aus und sorgte gleichermassen für Begeisterung wie Unmut. Letzteres musste vor allem Uber erfahren.
Vom Limousinenservice zum Problemkind
Uber wurde 2009 von Garrett Camp und Travis Kalanick gegründet, ursprünglich als Limousinenservice. Fast zehn Jahre später ist der Dienst mit Sitz in San Francisco in knapp 600 Städten und 78 Ländern weltweit verfügbar. Uber verbuchte im vergangenen Jahr zwar Verluste in Milliardenhöhe, bleibt aber mit einer Bewertung von etwa 70 Milliarden US-Dollar das wertvollste Start-up der Welt. Bis 2019 will das Unternehmen an die Börse.
Kunden haben 2017 vier Milliarden Fahrten gebucht und es gehören grosse Namen zu den Kapitalgebern, darunter die Investmentbank TPG, Tencent, Google Ventures, Goldman Sachs, Morgan Stanley oder der japanische Technologiekonzern Softbank. Viele von ihnen zweifeln jedoch inzwischen an ihren Investments und überlegen, ihre Anteile zu veräussern.
Grund dafür ist eine lange Liste an Problemen. Diese fingen bereits mit dem eigentlichen Geschäftskonzept an. Uber vermittelte per App Kunden und Privatfahrer. Schwierig, da nicht gewerbliche Fahrer in aller Regel keinen Personenbeförderungsschein haben und das Auto bei der Versicherung nicht als gewerblich genutztes Fahrzeug gemeldet ist.
Die UberPop genannte Dienstleitung wurde inzwischen nach diversen Rechtsproblemen praktisch überall in Europa eingestellt - Uber bekräftigte wiederholt, dass sie nicht zurückkommen soll. Im Heimatmarkt USA hingegen machen Privatleute als Fahrer den Grossteil des Uber-Geschäfts aus. Uber argumentierte auch in Europa, dass die Vermittlung solcher Services keine Verkehrsdienstleistung ist, sondern unter den allgemeinen Dienstleistungsverkehr fällt - und damit auch von der für Taxis geltenden Regulierung ausgenommen werden sollte. Der EuGH sah das jedoch anders.
Aktuell arbeitet der Fahrdienst-Vermittler mit Fahrern mit Beförderungsschein oder mit Taxi-Betrieben, diese operieren unter den Beförderungsgesetzen. Die Funktionsweise von Uber ist simpel, das Prinzip gleicht der Bestellung eines Taxis über MyTaxi:
Ausbeutung, Datendiebstahl, Mobbing
Neben den weltweiten gerichtlichen Auseinandersetzungen um Zulassungen, Lizenzen und dem Erbringen von Dienstleistungen, machen auch die Fahrer Uber zu schaffen. Diese sehen sich immer wieder Angriffen von Taxifahrern ausgesetzt. Es heisst zudem, die Fahrer würden ausgebeutet, schlecht bezahlt und es gäbe Mängel bei medizinischen Kontrollen - Streiks sind also an der Tagesordnung. Überhaupt, das mit den Mitarbeitern läuft so gar nicht rund bei Uber.
Wie Aufnahmen und Mitarbeiter-Protokolle 2017 zeigten, sind Aggressionen und Diskriminierungen an der Tagesordnung. Die New York Times beschreibt die Unternehmenskultur als "hemmungslos". Sexismus-Vorwürfe machten die Runde.
Zeitgleich verklagte die Alphabet-Tochter Waymo Uber, weil in den autonomen Autos, die Uber testet, angeblich von Waymo gestohlene Technik verwendet werde. Und als ob das alles schon nicht schlimm genug wäre: Im November musste der Fahrtdienstvermittler einräumen, dass Uber seit Oktober 2016 einen Cyberangriff verschwieg, bei dem Hacker Daten zu 50 Millionen Passagieren und sieben Millionen Fahrern erbeutet hatte. Statt Betroffene und Behörden zu informieren, zahlte das Unternehmen den Kriminellen 100.000 US-Dollar und vertraute darauf, dass sie die Daten vernichtet hatten.
Um es also kurz zu machen: 2017 war für Uber kein erfolgreiches Jahr. Es war vor allem kein gutes Jahr für Travis Kalanick - der Mann, der schon mit Donald Trump verglichen, lange bewundert und gefürchtet und am Ende nur noch kritisiert wurde.
Von Kalanick zu Khosrowshahi
Kalanick machte sich mit Aussagen wie "Wenn man etwas Erfolgreiches macht, ist nun mal nicht jeder glücklich" und "Je älter die Branche ist, desto besser ist sie geschützt durch die Regierung, durch Korruption - oder beides" beliebt. Er gilt als waghalsig, überzeugend und risikobereit - und musste am Ende doch klein beigeben. Im Juni 2017 zwangen ihn unzufriedene Investoren zur Aufgabe.
Man hat nun fast Mitleid mit dem Neuen, Dara Khosrowshahi, der reumütig lächelnd auf der DLD-Bühne sass und einen grossen Neustart versprach. Das Jobangebot habe er beim ersten Mal noch ausgeschlagen. Aber er habe Uber schon in den Anfangszeiten für das ungeheure Wachstum bewundert, sagte Khosrowshahi: "Manchmal entschuldigt Gewinnen auch schlechtes Benehmen."
Khosrowshahi will nun verantwortungsvolles Wachstum, nicht mehr an einem Gründer hängen und seine Hoffnung Realität werden lassen: "Uber kann die Welt zu einem besseren Ort machen."
Ob Khosrowshahi nun wirklich der "Anti-Travis" werden kann, bleibt abzuwarten. Am Ende zählen dann auch in der mit Marketing-Floskeln überladenen Digitalbranche immer noch Taten statt Worte. Aktuell ist Uber noch das beste Beispiel dafür, dass Erfolg nicht immer etwas mit Sympathie zu tun hat. Uber ist nicht sympathisch. Aber das ist Amazon auch nicht.