Technische Umsetzung bei Online-Shops: Mit oder ohne Agentur?

Die Mischung macht’s

Auf eine Verknüpfung von internem Fachwissen und externem Know-how setzt der Sportstrumpfhersteller CEP aus dem oberfränkischen Bayreuth. Sein Online-Shop holte beim Shop-Award die Siegertrophäe in der Kategorie "Bester Markenshop". Das Unternehmen hat sich vor ­allem wegen der internen Struktur des Sportstrumpf-Shops und den durch die bisherige Arbeit erlangten Kenntnissen für einen kombinierten Ansatz entschieden, erklärt Philipp Hausser, Manager für die Bereiche Online und E-Commerce bei CEP Sports. Es gebe bereits eine starke ­interne IT, die sich um die Server-Betreuung, die Anbindung und die Schnittstellen im System kümmert. Der gewählte Partner, die Berliner Agentur Votum, sei unter anderem für die Programmierung, das Design und die Umsetzung zuständig, so Hausser. Auf diese Weise kann fehlendes Know-how zugekauft werden, der Online-Händler kann eigene Personalressourcen einsparen oder anderweitig nutzen.
Wer hingegen alle Kompetenzen an eine Agentur auslagert, läuft Gefahr, dass die eigenen Erfahrungen ungenützt bleiben. So weiss der Shop-Betreiber im Gegensatz zu einer externen Agentur sehr gut, wo­rauf seine Kunden achten. Dabei geht es beispielsweise um das Kaufverhalten der ­Nutzer oder die Wirkung von Farben oder Bildern. Externe Dienstleister können ­ihre Trümpfe auf anderen Gebieten ausspielen, erklärt Hausser: "Das reicht von der richtigen Umsetzung von responsiven Elementen bis zum Umgang mit der Customer Journey." Die höheren Kosten seien allerdings ein Nachteil beim gemischten Ansatz, meint der Online-Manager. Für junge Shops, die auf der Suche nach der ­passenden Agentur sind, hat Hausser ­einige Tipps: "Optimal wäre es, wenn die Agentur bereits Erfahrungen in der Branche oder dem Wirtschaftsgebiet gesammelt hat - das heisst, ob die Agentur bereits mit Marken-Shops oder einer internen IT zusammengearbeitet hat."
Ein Sonderfall ist Badandbold.com, beim diesjährigen INTERNET WORLD Business Shop-Award Dritter in der Kategorie "Bester Online-Pure-Player". Der Shop für Motorradfahrerbekleidung hat sich das Agenturwissen quasi ins Haus ­geholt: Matthias Berger ist einerseits Gesellschafter bei Badandbold.com und andererseits Geschäftsführer bei der Agentur Berger Baader Hermes: ein Modell, das ­einer Inhouse-Lösung sehr nahe kommt. Der einzige Input, der zusätzlich von ­aussen kam, ist das IT-Wissen: "Über einen freien Programmierer wurde die Entwicklung und Anpassung der Shop-Software Magento hinzugekauft." Vom Facebook-Community-Management über die Vermarktung der Website bis hin zur grafischen Umsetzung liegen alle anderen ­Arbeitsprozesse in der Hand von Badandbold.com selbst.
Berger und seine Frau haben sich für ihren Biker-Fashion-Store bewusst für einen freien Mitarbeiter entschieden, auch wenn dies Gefahren berge: "Bei Freien gibt es immer das Problem der Verlässlichkeit, der Zuverlässigkeit und der Erreichbarkeit. Dementsprechend muss man Vertrauen haben, wenn man diesen Weg ­gehen möchte", so Matthias Berger.
Besondere Aufmerksamkeit sollten ­Online-Händler zudem ihrem Sortiment schenken, eine Aufgabe, die nach Meinung von Berger auf jeden Fall intern ­gelöst werden sollte. Artikelbeschreibungen, Abbildungen, Suchmaschinenoptimierung, Landing Pages und die Entwicklung von Kategoriensystemen - zusammen das Kerngeschäft eines E-Commerce-Start-ups - sollten nicht an Aussenstehende ­abgegeben werden, so Berger.
Um die optimale technische Umsetzung für einen Shop zu finden - egal, ob mit oder ohne Agentur - sind für Berger zwei Faktoren entscheidend: "Das erste Krite­rium ist sicherlich, dass ein Grund­verständnis für die Funktionsweise des ­E-Commerce vorhanden ist. Ein zweites Kriterium ist die klare Positionierung des Shops." Dabei gehe es darum, seine eigene Nische zu finden und auch seine Produkte und Ziele zu kennen. Im Fokus könnte ­etwa die Frage stehen, ob man sich als Anbieter hochwertiger Waren positioniert oder doch mehr auf Masse und Preis setzt.

Drohende Betriebsblindheit

Für eine weitere Variante hat sich der Verpackungsspezialist Rajapack entschieden, Shop-Award-Sieger in der Kategorie "Bester B2B-Shop". Das Unternehmen hat sich bei der technischen Umsetzung auf die ­eigenen Fähigkeiten gestützt und sich - grösstenteils - auf eine Inhouse-Lösung verlassen. Evgenij Pisetsky, Manager ­Online-Marketing und E-Commerce bei Rajapack, erläutert die Vorteile dieses Vorgehens: "Unsere Designer kümmern sich nur um unsere Belange, sie sind selbst ein Teil von Rajapack und kennen sich mit ­unseren Produkten, Funktionen, unseren Anforderungen, aber auch mit unserer Philosophie aus. Das Verständnis für die notwendigen Massnahmen und Arbeitsabläufe ist somit da und muss nicht laufend neu erklärt werden." 
Eine Schwierigkeit, die bei einer solchen ­Inhouse-Umsetzung auftreten kann, ist laut Pisetsky die Betriebsblindheit. Es ent­wickle sich eine Routine und man benö­tige zunehmend Impulse, um neue krea­tive Anreize zu schaffen. Zur Bewältigung ­dieses Problems greift der Online-Händler auf Ideengeber zurück, die nicht aus dem eigenen Unternehmen kommen.
Die Entscheidung gegen eine externe Lösung verteidigt der Online-Manager: "Eine Agentur hätte für uns beim Design keinen Mehrwert gebracht. Darüber ­hinaus ist es langfristig gesehen natürlich auch kosteneffizienter."  



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