Neues E-Commerce-Modell 09.05.2016, 10:10 Uhr

Start-up Hey Paula bringt Modemarken ins Web

Hey Paula betreibt zwar auch einen eigenen Online Shop. Aber eigentlich profitiert das Hamburger Start-up davon, unbekannten Mode-Labels beim E-Commerce zu helfen und sie in Shops zu platzieren.
Hey Paula ist ein Online-Shop - oder besser Showroom - für junge, coole Mode-Marken
(Quelle: Sreenshot Unternehmen)
Auf den ersten Blick sieht Hey Paula aus wie ein gewöhnlicher Web Shop für Mode und Accessoires. Doch wer sich durch das Angebot klickt, merkt: Hier gibt es nur eher unbekannte Modelabels wie Anokhi, Blaumax, Better Rich, 7 for all Mankind, Eleven Elfs oder True Religion. Und die meisten Kleidungsstücke sind nicht in allen Grössen verfügbar. "Den Shop haben wir für uns gemacht, um zu lernen und um eigenen Content zu nutzen", sagt Marcel Brindöpke, Mitgründer und Geschäftsführer von Hey Paula: "Hey Paula ist ein Showroom, wir sind Online-Marktplatz-Händler und beliefern Shops und Plattformen mit Premium-Modemarken."
Das Hamburger Start-up hat vor vier Jahren das bekannte Geschäftmodell "Zwischenhändler" digitalisiert. 15 E-Commerce-Spezialisten helfen seit drei Jahren jungen Designern und Marken oder kleineren, internationalen Labeln, die nach Deutschland streben, beim Online-Handel und platzieren Kollektionsware bei Amazon, eBay, About you, Otto oder Zalando. Dieses Konzept könnte auch in anderen Branchen Schule machen und den E-Commerce von mittelständischen Unternehmen oder jungen Marken beflügeln. "Die meisten Premium-Modemarken werden oft nur von wenigen Personen gemanagt“, begründet Brindöpke den wachsenden Bedarf in der Textilbranche. "Sie sind viel zu klein, um den E-Commerce und das aufwändige Online-Marketing selbst in die Hand zu nehmen.“

Spezialisierung aufs Wesentliche

Als Zwischenhändler kauft und lagert Hey Paula oder die dahinter stehende Gesellschaft Cbecom Kollektionsteile, fotografiert, beschreibt und verschlagwortet diese für den E-Commerce und bietet diese Inhalte dem Online-Handel an. Dazu addieren die Hamburger Fulfillment- und Logistikservices: Integrieren etwa Zalando oder Aboutyou die Angebote in ihr Sortiment, kommunizieren die Händler zwar mit ihren Kunden und stellen die Rechnung, doch Hey Paula kümmert sich um Versand und Retourenmanagement.
Dieses Vorgehen nützt allen Beteiligten: Online-Boutiquen und Marktplätze rüschen ihr massentaugliches Sortiment mit begehrten Namen und seltenen, exklusiven Produkten auf. Die Marken ersparen sich Verhandlungen mit mächtig-anspruchsvollen Händlern und konzentrieren sich auf Produktion oder Einkauf und Markenaufbau. Sie können Absatzzahlen und Preise sicherer kalkulieren, weil Hey Paula auf die in der Branche üblichen Rückgaberechte verzichtet: "Hey Paula bedient alle wichtigen Plattformen, und wir müssen nicht mit Händlern wie Zalando oder Aboutyou zusammenarbeiten“, sagt Marco Augustin, Vertreter des Düsseldorfer Labels Better Rich, ein Spezialist für lässige Sportswear. "Wir konnten in den letzten drei Jahren unseren Umsatz so verzehnfachen.“

Lukrative Arbeitsteilung

Von der Arbeitsteilung profitiert auch Hey Paula: Die 15 Mitarbeiter besorgen den Einkauf, die Angebotsbeschreibung und Fulfillmentaufgaben. Das Hamburger Start-up muss aber nicht in den Aufbau einer eigenen Marke investieren. Und Ladenhüter oder Überhänge, die aus dem Handel zurückkommen, vermarktet es bei Bedarf über Ebay und weitere Online-Outletkanäle. Die notwendigen Handelskontakte und E-Commerce-Erfahrungen sammelte das Gründerteam um Marcel Brindöpke und Florian Curdt beim Aufbau von Marktplätzen für den Otto-Konzern.
Marcel Brindöpke (li) und Florian Curdt bauten für Otto erst Marktplätze auf und gründeten 2012 Hey Paula.
Quelle: Unternehmen
"Premium-Fashionlabel sprechen zwar enge Zielgruppen an und erzeugen aber in diesen Nischen hohe Nachfrage", erklärt Brindöpke. "Wir kaufen daher flach ein und nutzen ein breites Vertriebsnetz im Internet.“ So erwirtschaftet Hey Paula aus jedem Euro, der in die Vorfinanzierung von Ware fliesst, mindestens 2,50 Euro durch die gezielte Vermittlung an Shops und Marktplätze. Im vergangenen Jahr setzte Hey Paula rund 2,6 Millionen Euro um. Bis zum Jahr 2020 wollen die Gründer den Umsatz mindestens verzehnfachen. Der Bedarf an ihrer Online-Verkaufshilfe wächst, weil immer neue Mode- und Designlabel auf dem zersplitterten Modemarkt erscheinen und zugleich eher unbekannte Namen aus dem Ausland nach Deutschland drängen. 2013 mit etwa zehn Marken gestartet, vertreibt Hey Paula inzwischen rund 30 Marken.
Bis 2010 sollen es mindestens 70 mehr werden, Wachstumschancen bietet ausserdem die Internationalisierung der E-Commerce-Hilfe oder auch Beratungsleistungen. Das notwendige Kapital verschaffen sich die Hamburger, die Gründung und erste Meilensteine bisher selbst finanzierten, gerade über die Crowdfunding-Plattform Seedmatch, auf der private Anleger und Fans investieren. Erstmals werden die Investoren aber nicht wie gewohnt am Unternehmen oder Umsatz beteiligt, sondern legen hier für ein Darlehen zusammen: "Venture Capital ist zu teuer und macht daher wenig Sinn, wenn es um die Vorfinanzierung von Waren geht“, stellt Brindöpke fest. "Das Crowd-Darlehen passt besser zu einem Händler und hilft uns ausserdem, das Geschäftsmodell zu erklären und besser bekannt zu machen.“
Zwischenhändler, davon ist Brindöpke überzeugt, könnten sich auch in anderen Online-Segmenten etablieren. "Wo Verkaufspreise und das Markenbewusstsein hoch gross sind und Produktkategorien noch nicht richtig im E-Commerce angekommen“, meint der einstige Sportjournalist, "kann das Konzept klappen.“



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