So lief das Digital-Jahr 2017
Affiliate-Hochzeit, Unister-Forderungen, Knall aus Brüssel
März
Nachdem der innovationsfreudige Lidl-Chef Sven Seidl Anfang des Jahres seinen Chefposten räumen musste, schleift der Discounter auch Seidls Lieblingsprojekt. Der Online-Vertrieb von Lebensmitteln mit Abholung in Click & Collect-Stationen wird eingestellt.
Neue Produkte sorgen für Aufmerksamkeit: Snap bringt die Snapchat Spectacles, eine Sonnenbrille mit eingebauter Kamera, und Amazon bietet seinen Alexa-Lautsprecher Echo jetzt auch in Deutschland an.
Die 21. Internet World Messe geht mit einer Rekordbeteiligung von über 16.000 Besuchern zu Ende. 248 Shops bewerben sich um den Shop Award 2017.
Das Performance-Marketing-Netzwerk Zanox schliesst sich mit dem britischen Partner Affiliate Window zusammen: Aus Zanox und Affiliate Window wird Awin. Die beiden Unternehmen arbeiten bereits seit 2010 eng zusammen.
April
Warnschuss für den Lebensmitteleinzelhandel: Amazon Fresh startet in Hamburg. Später im Jahr folgen Berlin und München, während sich traditionelle Supermarktketten mit dem Online-Lebensmittelhandel immer noch schwertun.
Die Unister-Pleite des Jahres 2016 zieht weitere Kreise: Insolvenzverwalter Lukas Flöther will von Google Medienberichten zufolge Rückzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe fordern. Der Finanzexperte geht davon aus, dass Unister selbst dann noch teure Werbung über die Suchmaschine schaltete, als die Firma längst pleite war. Die Sachsen sollen schon Anfang 2015 - und damit eineinhalb Jahre vor dem Konkursantrag - faktisch insolvent gewesen sein.
Im kleinen Kreis feiert die Redaktion derweil ein Jubiläum: Vor 20 Jahren erschien die erste Internet World, der Vorläufer von INTERNET WORLD Business.
Mai
An der New Yorker Börse feiert Amazon sein zehnjähriges Börsenjubiläum. In der Zeit seit dem Börsengang 2007 stieg der Aktienkurs von 18 auf 955 US-Dollar.
Derweil wollen deutsche Konzerne ein Gegengewicht zu den Big Four im Netz aufbauen. Sie planen eine gemeinsame Datenplattform, die die Nutzung von Angeboten on- und offline erleichtern und Facebook & Co. Paroli bieten soll. Das Stichwort lautet "Single Sign on".
Die dmexco, grösste Online-Marketing-Messe Europas, wird für Besucher kostenpflichtig. Nachdem man schon in den vergangenen zwei Jahren nur dann Chancen auf einen freien Eintritt hatte, wenn man sich mit genügend Vorlauf vorab online registrierte, kostet in diesem Jahr die günstigste Eintrittskarte 99 Euro. Ob und wie stark sich die neue Preispolitik auf die Besucherzahlen auswirkt, zeigt sich im September: Sie gehen um 20 Prozent zurück. Voll bleibt es dennoch.
Juni
Der schwedische Investor Kinnevik trennt sich von seinen letzten Anteilen an Rocket Internet. Aus einem Investment von 155 Millionen Euro in den Jahren 2009 bis 2013 machten die Schweden insgesamt 936 Millionen Euro. Der Einsatz hat sich somit versechsfacht. Den Ausstieg begründet der Kinnevik-Interims-Chef Joakim Andersson mit einem Interessenkonflikt. Die Geschäftsmodelle seien sich zu ähnlich geworden.
Nachdem der Hoster Spacenet mit seiner Klage gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vor Gericht Erfolg hatte, setzt die Bundesnetzagentur dessen praktische Umsetzung de facto aus. Eigentlich hätten alle Telekommunikationsanbieter und Internet-Zugangsprovider ab 1. Juli Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden speichern müssen. Dies will die Bundesnetzagentur bis auf Weiteres nicht überwachen - und Verstösse gegen das offiziell gültige Gesetz nicht verfolgen.
Ende des Monats belegt die EU-Kommission Google wegen der Shopping-Suche des Internet-Riesen mit einer Rekordwettbewerbsstrafe von 2,42 Milliarden Euro. "Google hat (...) seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht", erklärt die zuständige Kommissarin Margrethe Vestager am 27. Juni in Brüssel. Der US-Konzern habe "seinen eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen ganz oben platziert und Vergleichsdienste der Konkurrenz herabgestuft". Die Geldbusse ist mehr als doppelt so hoch wie die bislang höchste Kartellstrafe von 1,06 Milliarden Euro, die die europäischen Wettbewerbshüter 2009 dem Chipkonzern Intel aufgebrummt hatten.
Auf Druck von Investoren räumt Uber-Chef und -Mitgründer Travis Kalanick seinen Chefposten beim Fahrdienstleister. Nach einer Auszeit wird Kalanick Aufgaben im Verwaltungsrat wahrnehmen. Dem einst hochgelobten Gründer werden eine rücksichtslose Unternehmenskultur und Diskriminierung vorgeworfen. Das Unternehmen wird von Branchenexperten mit rund 70 Milliarden US-Dollar bewertet.