Searchmetrics-Studie
29.09.2017, 13:16 Uhr
Hat Google seine Shopping-Suche wirklich bevorzugt?
Die Milliardenstrafe gegen Google wegen Wettbewerbsverstössen rund um Google Shopping wird die europäischen Juristen noch über Jahre beschäftigen. Eine Analyse von Searchmetrics versucht Licht ins Dunkel zu bringen.
Vorgestern wurde klar: Google wird auf die angekündigte Rekordstrafe von 2,24 Milliarden Euro, die die EU-Kommission dem Konzern wegen widerrechtlicher Bevorteilung seiner hauseigenen Produktvergleichsmaschine Google Shopping in den Suchergebnis-Listen aufbrummte, reagieren. Der Suchmaschinenriese will Google Shopping von der normalen Suchfunktion abkoppeln. Damit geht Google zwar einen Schritt auf die EU-Kommission zu, akzeptiert das Urteil - und die Milliardenstrafe - aber keineswegs: Das Unternehmen hat die Aufhebung des Urteils beantragt, die Prüfung des Falls kann Jahre dauern. Die Frage lautet also weiterhin: Hat Google seiner Produktsuche Google Shopping einen illegalen Vorteil in den Suchergebnissen gewährt - oder nicht?
Diese Frage steht auch im Zentrum einer aktuellen Studie von Searchmetrics: Dafür hat der SEM-Spezialist die Anzeige der Google-Shopping-Elemente in den Suchergebnissen der letzten fünf Jahre in Grossbritannien, Deutschland und Frankreich unter die Lupe genommen. Ergebnis: Ihre Sichtbarkeit stieg in diesem Zeitraum um über 300 Prozent. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Sichtbarkeit von Google-Shopping-Wettbewerbern wie Idealo, billiger.de oder guenstiger.de um mehr als 50 Prozent auf Desktop-Computern und um fast 30 Prozent auf Mobilgeräten.
Google Attacke oder Krise eines Geschäftsmodells?
Dieses Ergebnis scheint den Wettbewerbshütern der EU auf den ersten Blick Recht zu geben. Allerdings steckt der Teufel im Detail, wie Marcus Tober, CTO und Gründer von Searchmetrics, betont: "Die Performance in den Suchergebnissen von Google Shopping und seinen Mitbewerbern variiert erstens im Laufe der Zeit, zweites von Land zu Land und drittens für einzelne Vergleichswebsites." Das sei nicht pauschal mit der These vereinbar, Google hätte konsequent und zielgerichtet alle Vergleichsdienste über alle Regionen benachteiligt, fügt Tober hinzu.
So ist beispielsweise ein deutlicher Anstieg der Sichtbarkeit von Google-Shopping-Elementen im ersten Quartal 2014 zu verzeichnen; in Q2 2016 dagegen nahm die Sichtbarkeit drastisch ab. Zudem zeigt die Analyse, dass speziell die Online-Vergleichsseiten, die sich als grösste Verlierer des Erstarkens von Google Shopping verstehen, insgesamt im Beobachtungszeitraum deutlich an Sichtbarkeit verloren haben, sowohl auf dem Desktop als auch mobil.
Nur zehn Prozent der Inhalte deutscher Vergleichsseiten schafften es in den letzten fünf Jahren auf die erste Seite der Ergebnisliste, rund die Hälfte ihrer Inhalte waren erst auf den Seiten vier oder fünf zu finden. Da 92 Prozent des organischen Traffics aus der ersten Seite der Suchergebnisseiten generiert wird, haben die Preisvergleicher offenbar ein grundsätzliches Problem mit ihrer starken Abhängigkeit vom Google Traffic. Die neuen Möglichkeiten, die Google mit der Abkoppelung von Google Shopping jetzt auch anderen Preisvergleichern bietet, um sich auf der ersten Ergebnis-Seite einzukaufen, könnte deren Geschäftsmodell also tatsächlich noch einmal befeuern.