In E-Mails und Shops 17.02.2020, 07:42 Uhr

Die Entwicklung der Personalisierung im Online Marketing

Die mühsamen ersten Jahre der Personalisierung im Online Marketing sind vorbei. Bildlich gesprochen befinden wir uns derzeit ungefähr im Kindergartenalter. Wie bekommen wir das Kind jetzt durch die Schule?
(Quelle: shutterstock.com/Gazlast)
Von Felix Schirl, Geschäftsführer und CTO der trbo GmbH
Die Entwicklung der Personalisierung im Online Marketing kann man gut mit der Entwicklung eines Kindes vergleichen: Der Anfang ist gemacht, das Verständnis für Personalisierung unter Marketern gewachsen. Aber es sind noch einige Schritte zu gehen, bis die Personalisierung ihr Abitur schafft. 

Personalisierung in den Anfängen: Das Windelbaby 

Die Anfänge der Personalisierung, als sie noch in den Windeln steckte, waren denkbar simpel: Da war der Vorname in der E-Mail schon das höchste der Gefühle. Mehr, als den Namen des Users in die E-Mail einzufügen, passierte allerdings nicht. Die Inhalte waren für alle Nutzer dieselben, auf deren Interessen und Bedürfnisse wurde allerdings nicht geachtet. 
Und den Klick von der Mail auf der Website noch einmal aufzugreifen und dort besser mit dem User zu kommunizieren oder geschweige denn dem Kunden die gleichen Inhalte anzuzeigen? Das klang schon sehr nach Zukunftsmusik. 
Konsumenten erwarten mittlerweile, individuell angesprochen zu werden. Da reicht die E-Mail mit Namen, aber sonst generischen Inhalten einfach nicht mehr aus. Das haben viele Marketer bereits angenommen und setzen die Verbindungen zwischen den Touchpoints um. So werden für bestimmte Interessen eigens generierte Inhalte erarbeitet.
Ist der Adressat männlich oder weiblich, hat er ein Faible für Sportbekleidung oder sind seine aktuellen Interessen eher auf Abendgarderobe ausgerichtet? All das kann mittlerweile einfach berücksichtigt werden, wenn die richtigen Daten vorliegen. 

Die ersten Schritte: Das Kleinkind lernt laufen 

Ein weiterer Schritt kam dann mit Amazon. Genauer: mit seinen personalisierten Produktempfehlungen. Zu Anfang setzte der Tech-Gigant neue Massstäbe darin, den Nutzer zu inspirieren und immer wieder zum Kauf anzuregen - stets mit den genau passenden Empfehlungen. Allerdings ist Amazon nun längst nicht mehr Branchen-Primus, wenn es um personalisierte Empfehlungen geht. Zu überladen, zu nervig, irrelevant - Amazon verliert zumindest in dieser Hinsicht zunehmend. 
Da können Shop-Betreiber punkten und ihre Empfehlungen noch besser gestalten. Die nächsten Schritte hat das Kind schon gemacht: Es geht nicht mehr darum, einfach irgendwelche Produktempfehlungen zu zeigen - das können die meisten Shopsysteme zumindest in rudimentärer Form. 
Shop-Betreiber arbeiten daran, für jeden User genau passende - eben personalisierte - Empfehlungen auszusprechen. Das ist mit dem technischen Fortschritt auch möglich: wo früher statische Topseller gezeigt wurden, errechnet nun ein selbstlernender Algorithmus die genau passenden Empfehlungen für einen bestimmten Nutzer - und erkennt noch dazu, dass der User gerade eigentlich nur an einem Geschenk für die Frau interessiert ist, sonst aber an Herrenmode. 

Der nächste grosse Schritt: der Kindergarten 

Den Usern genau die Erlebnisse zu bieten, die ihren Interessen entsprechen: Das ist nun nicht mehr nur frommer Wunsch, sondern wird zur Realität. Es ist möglich, ganze Seiten an die Interessen des Users anzupassen, ihn mit den genau passenden Massnahmen anzusprechen - zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. 
Beim letzten Besuch bewegte sich der User vornehmlich im Herrenmode-Bereich der Website? Dann wird beim nächsten Aufruf die Startseite so umgestaltet, dass die Damenmode in den Hintergrund rückt. Vielleicht hat der User auch nach bestimmten Reisen (etwa Urlaub mit Kindern) gesucht. Dann werden beim nächsten Besuch Angebote aus diesem Bereich in den Vordergrund gerückt, inklusive der letzten Suchen. 
Zudem werden Felder wie der Abflughafen direkt standortbasiert vorausgefüllt. Den Nutzern wird so das Leben immer einfacher gemacht - dabei hilft die Personalisierung. Shop-Betreiber aus allen möglichen Branchen haben ihre Bedeutung erkannt - aber wenige nutzen bisher das volle Potenzial. Sie lassen das Kindergartenkind also basteln, aber nicht mit scharfen Scheren. Es geht noch so viel mehr. Aber keine Panik: Man schickt ein Kind auch nicht direkt vom Kindergarten auf die Universität. 

Der Schulstart für die Personalisierung 

Nun geht es darum, das Kind mit der Schultüte auszustatten und fit für die weitere Schullaufbahn zu machen. Das funktioniert indem die grossen Mengen an Informationen, die Webshop-Betreiber über ihre User und Kunden besitzen, zielführend genutzt werden. Zu oft liegen diese in verschiedenen Silos und Abteilungen. Keiner gewährt dem anderen Zugriff - aus Angst, vielleicht nur ein kleineres Stück vom Kuchen abzubekommen. 
Da wird der User auf der Website personalisiert angesprochen und wechselt dann auf das mobile Gerät. Und da geht die Ansprache wieder von vorne los - obwohl der Nutzer durch die Desktop-Recherchen schon mit der Seite vertraut ist, eventuell liegen sogar bereits Produkte im Warenkorb. 
Jetzt gilt es, die Daten zusammenzuführen und für eine ganzheitliche Betrachtung des (potenziellen) Kunden zu nutzen. Personalisierung muss in der gesamten Unternehmensstrategie verankert werden - und eben nicht als einzelne kleine Stellschrauben gedacht werden. Denn sonst wird sie das auch bleiben: Stückwerk.
Eine ganzheitliche und persönliche Kundenansprache funktioniert dann natürlich nicht. Deshalb geht es nun um ein perfektes Erlebnis - sowohl für Bekannte als auch unbekannte Nutzer. Es geht um die Verbindung von on- und offline, dem Internet of Things, In-Store Displays, Smarten Devices und vielen weiteren Touchpoints, an denen sich Menschen tagtäglich bewegen.



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