Jungunternehmen 2017 31.12.2017, 09:13 Uhr

E-Commerce-Szene: Das sind die Start-ups des Jahres

Rund um E-Commerce-Newcomer wie Wish, Stitch Fix und Farfetch gibt es einen grossen Hype. Welche Impulse liefern die Trend-Start-ups des Jahres für die Online-Branche?
Das Start-up Yeay etwa betreibt eine Plattform, auf der sowohl Privatkunden als auch Hersteller und Brands Fashion-Artikel mit selbst gedrehten Videoclips verkaufen können.
(Quelle: Yeay)
Die E-Commerce-Branche ist reif geworden - das lässt sich auch an der Rolle festmachen, die Start-ups inzwischen in dem Segment spielen: Während vor zehn Jahren noch mehr oder weniger alle Marktteilnehmer als Neugründungen entstanden und sich bei den Start-up-Trends die Buzzwörter in schneller Folge abwechselten, bestimmen heute etablierte Player die Branche - zwischen Amazon und Zalando scheint nur noch wenig Platz für Newcomer zu sein. Doch es gibt sie weiterhin: Kreative Gründer, die mit ihren neuen Ideen frische Impulse in den ­E-Commerce bringen.

Mustergültiger Mobile Shop: Wish.com

Das bereits 2011 gegründete Wish ist ein Start-up, das mit seiner Mobile-Fokussierung nicht nur zunehmend Erfolg hat, sondern auch bereits zum Impulsgeber ­geworden ist. Ähnlich wie eBay tritt Wish selbst nicht als Händler in Erscheinung, sondern bietet eine Plattform an, über die vor allem in Asien beheimatete Hersteller ihre Kunden weltweit ansprechen können. Die Oberfläche der Wish-App kopiert mit ihrem Bilderstream die Pinterest-Optik. Allgegenwärtige Streichpreise suggerieren pausenlos Schnäppchenalarm. Und vor ­allem sorgen im Hintergrund ausgeklü­gelte Algorithmen dafür, dass jeder Nutzer ein massgeschneidertes Angebot erhält.
Das Zusammenspiel dieser Faktoren ­ergibt ein perfekt auf Smartphone-Nutzer ausgerichtetes E-Commerce-Erlebnis. Das sieht auch Exciting-Commerce-Blogger Jochen Krisch so: "Wish ist für mich der spannendste Newcomer im Mobile-Bereich und aus meiner Sicht das nächste eBay." Mit einem ähnlich Mobile-lastigen Konzept wie Wish versucht sich auch der Online-Händler Hollar.com. Während Wish eher den klassischen Walmart-Käufer anspricht, versucht es Hollar noch eine Spur preisaggressiver: Das Start-up ­möchte die Idee der "1-Dollar-Shops" in den E-Commerce übertragen.

Trend der Stunde: Personalisierung

Bei Fashion-Start-ups heisst der Trend der Stunde Personalisierung. Vorreiter ist hier der Modebox-Versender Stitch Fix. Das Unternehmen setzt auf ein ähnliches Konzept wie die in Deutschland recht ­bekannten Modomoto und Outfittery: Stitch-Fix-Kunden müssen zuerst einen Fragebogen zu ihren Modeinteressen ­beantworten und erhalten dann in frei wählbaren Intervallen komplette Outfits geliefert. Behält ein Kunde alle Kleidungsstücke, gibt es 25 Prozent Rabatt. Wird ­alles zurückgeschickt, wird eine Beratungspauschale von 20 US-Dollar fällig.
Das Alleinstellungsmerkmal von Stitch Fix ist, dass das Start-up zum einen anders als der Wettbewerb auf weibliche Kundschaft setzt und es zum anderen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz schafft, den Geschmack seiner Kundinnen aussergewöhnlich gut zu treffen. Kein Zufall, dass sich auch das zweite in den USA viel gelobte Fashion-Start-up an einem ähnlichen Konzept versucht: Dia versendet ebenfalls Modeboxen, allerdings für Damen mit Übergrössen. Von der mit 20 US-Dollar bezifferten "Styling Fee" bis zum Rabatt für die komplette Box erinnert vieles an Stitch Fix, jedoch rückt Dia die persönliche Beratung stärker in den Mittelpunkt.

Video als Trend im Fashion-Bereich

Ein zweiter grosser Trend im Fashion-­Bereich sind Start-ups, die auf die Warenpräsentation per Video setzen: Yeay betreibt eine Plattform, auf der sowohl Privatkunden als auch Hersteller und Brands Fashion-Artikel mit selbst gedrehten Videoclips verkaufen können. Vor allem für jüngere, Snapchat-affine Nutzer bietet Yeay ein deutlich lebhafteres Einkaufserlebnis als ein statischer Online Shop. Kein Wunder, dass sich die Plattform bereits an Teenager ab 14 Jahren wendet, die mit Verkäufen auf der Plattform ihr Taschengeld aufbessern können und dieses am besten gleich für neue Käufe in der App verwenden sollen.
Ebenfalls als Video-Shopping-App präsentiert sich Mikmak. Auch hier handelt es sich um ein Plattform-Modell, allerdings ausschliesslich auf den B2C-Handel ausgerichtet. Neben Mode gibt es in der Mikmak-App auch Artikel aus vielen anderen Kategorien. Die Videos werden von dem Start-up selbst produziert, das sich inzwischen auch als Dienstleister für andere Brands versucht: Mikmak Attach bietet Herstellern ein Video-Plugin für Instagram und Snapchat, bei dem Kunden die gezeigten Produkte mit einem einfachen Swipe kaufen können.
Plattform-Modelle liegen im Trend, das zeigen nicht nur Wish, Yeay und Mikmak. Im Fashion-Bereich etwa zählt zu den hoch gehandelten Start-ups Farfetch, das Edelboutiquen mit Kunden weltweit in Kontakt bringt. "Farfetch muss man allein wegen der Unsummen an Kapital Beachtung schenken", meint dazu Exciting-Commerce-Blogger Krisch. Im Einrichtungsbereich verbinden die Plattformen Houzz und Laurel & Wolf Kunden mit ­Inneneinrichtern und zeigen passende Designermöbel. Und bei Gebrauchtwagen und Immobilien sind mit Shift beziehungsweise Opendoor vielversprechende E-Commerce-Plattformen am Start.

Gemeinschaftsgefühl beim Lebensmittelkauf

Im Food-Bereich setzen zwei US-Start-ups auf Crowd-inspirierte Geschäftsmodelle: Thrive Market will durch die Bündelung von Konsumenten Bioprodukte auch für schmalere Geldbeutel erschwinglich machen. Dafür zählt das Start-up auf die Einnahmen aus der Jahresgebühr von 60 US-Dollar. Versandkosten werden trotzdem bis zu einer Warenkorbhöhe von 49 US-Dollar erhoben. Farmstead liefert im Grossraum San Francisco regional produzierte Lebensmittel in weniger als einer Stunde - und das sogar kostenlos, wenn sich die Kunden zu einer wöchentlichen Belieferung verpflichten. Künstliche Intelligenz im Hintergrund soll das Warensortiment und die Logistik optimieren.
"Beide Ideen zeigen, dass im Online-­Lebensmittelhandel eine neue Ära begonnen hat, in der die Kunden bestimmen, was und zu welchem Preis auf den Tisch kommt", erklärt Norbert Hegmann, CEO des deutschen Food-Start-ups My Enso. Hegmann will seine Kunden mit jeweils 100 Euro an einer Genossenschaft beteiligen. Doch der Einfluss der Crowd soll bei My Enso noch viel weiter gehen: Das Start-up konzipiert seinen Online-Supermarkt in Bremen zusammen mit 2.000 "Pionieren", die Impulse unter anderem für das Sortiment liefern sollen. "Von der grünen Wiese aus bauen wir gerade den besten ­Supermarkt für Deutschland auf", sagt Hegmann, "nämlich den von den Kunden für die Kunden."     



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