E-Commerce-Fulfillment
15.10.2015, 08:16 Uhr
Docdata soll an Ingram Micro verkauft werden
Docdata empfiehlt den Aktionären den Verkauf des Unternehmens an Ingram Micro. Der Fulfillment-Dienstleister begründet den Schritt damit, dass die Grösse eines Dienstleisters ein wichtiger Faktor ist.
Der niederländische Fulfillment-Dienstleister Docdata soll an Ingram Micro verkauft werden. Ingram Micro, mit Sitz in Irvine, Kalifornien, ist ein international tätiger Grosshändler für IT- und Kommunikationsprodukte und an der New York Stock Exchange notiert. Das Management von Docdata erklärt, dass sich das Fulfillment im E-Commerce in den vergangenen Jahren professionalisiert habe: "Die Grösse eines Dienstleisters wird verstärkt zu einem wichtigen Faktor."
Mehrere signifikante Ausschreibungen
Die Ausschreibungen der bestehenden und der potenziellen Kunden werden immer umfangreicher, hohe Investitionen in vollautomatisierte Betriebsstätten seien notwendig. Kunden verlangen, dass Lager von Anfang an so eingerichtet sind, dass sie sehr grosse Volumen verarbeiten können. Docdata rechnet laut dem Interimsbericht für das dritte Quartal 2015 mit folgender Entwicklung: "Es ist unsere Erwartung, dass in den kommenden Jahren mehrere signifikante Ausschreibungen stattfinden werden, die eine Vollautomatisierung, aber auch längere als bisher übliche Vertragslaufzeiten notwendig machen.“
Docdata profitiere vor allem von der Grösse Ingram Micros, so die Mitteilung. "Durch Ingram Micro werden wir in die Lage versetzt, die notwendigen Investments in unsere Mitarbeiter und unsere Systeme durchzuführen. Wir sind nicht mehr darauf limitiert, jedes Jahr nur ein bis zwei grosse Kunden zu implementieren.“ Ingram Micro verstärkt sich durch den Zukauf im Bereich E-Commerce-Dienstleistungen. Alain, Monié, CEO von Ingram Micro, sagt: "Unser Portfolio globaler Services wird durch das breite Angebot von E-Commerce Fulfillment-Lösungen durch Docdata eine relevante Grösse in Europa erreichen."
Umsatzwachstum von fast 30 Prozent
Docdata konnte im dritten Quartal 2015 mit der E-Commerce-Sparte ein Umsatzwachstum von fast 30 Prozent erzielen im Vergleich zum Vorjahr. Die Margen gingen laut Angaben des Unternehmens leicht nach unten, der operative Gewinn wurde gegenüber dem vergangenen Jahr jedoch gesteigert. Im dritten Quartal hatte der E-Commerce-Dienstleister mehrere Lager eröffnet, unter anderem in der Nähe von Warschau. Für den neuen polnischen Kunden Allegro sollen 2016 weitere Lagerkapazitäten geschaffen werden.
Nach der Transaktion wird das börsennotierte Unternehmen Docdata aus einer Holding mit den beiden Tochtergesellschaften IAI Industrial Systems und Feha bestehen. IAI ist spezialisiert auf die Entwicklung und den Bau von Präzisionssystemen wie die Sicherheit und Personalisierung von Ausweisen. Feha fokussiert auf den Markt der CO2-Laser. Beide Einheiten arbeiten aktuell vollkommen unabhängig voneinander.
Docdata beabsichtigt, die Summe von 147 Millionen Euro vor Steuern als Dividende an die Aktionäre auszuschütten. Die verbleibende Summe von rund acht Millionen Euro wird für die Abwicklung der Docdata-Holding-Aktivitäten, die anfallenden Kosten der Transaktion und die Auflösung des "Performance Share Plans" verwendet. IAI und Feha werden mit rund drei Millionen Euro für die kommende Zeit ausgestattet.
Deutschland ist für Docdata ein wichtiger Markt, die Hälfte des Umsatzes stamme aus Deutschland, sagt der Geschäftsführer von Docdata, Michiel Alting von Geusau. Zu den Kunden in Deutschland gehören unter anderem Zalando-Lounge.de und Toys 'R'Us. Im Interview auf der nächsten Seite gibt der Docdata-CEO mehr Details zum Verkauf bekannt.
Interview mit Michiel Alting von Geusau
Ken Beyer, Executive Vice President Commerce & Fulfillment Solutions bei Ingram Micro Inc. (links) und Michiel Alting von Geusau, CEO Docdata N.V.
Michiel Alting von Geusau: E-Commerce ist inzwischen ein reifer und grosser Markt. Wir nehmen wahr, dass zum einen die Konkurrenz durch Logistiker gestiegen ist, die sich ein Stück des grossen Marktes sichern wollen. Zum anderen beherrschen die Top-100-Online-Shops den Markt. Das macht es für Start-ups schwierig, in den E-Commerce-Markt einzutreten. Die Top-Player stellen jedoch hohe Anforderungen. Es ist deshalb gut für Docdata, mit einem grossen Unternehmen zusammenzugehen, um auch künftig erfolgreich zu sein. Denn wenn man jetzt eine Ausschreibung verliert, kommt die nächste Gelegenheit, das Unternehmen als Kunden zu gewinnen, vielleicht erst wieder in zehn Jahren.
Bleibt der Name Docdata erhalten?
Alting von Geusau: Das steht noch nicht fest. Klar ist, dass keine Mitarbeiter gehen müssen und dass es wenig Überlappung zwischen den Services von Ingram Micro und von Docdata gibt. Die bestehenden E-Commerce-Dienstleistungen von Ingram Micro übernimmt künftig Docdata.
Haben Sie ausser mit Ingram Micro auch mit anderen potenziellen Käufern gesprochen?
Alting von Geusau: Ja, wir haben während der letzten beiden Jahre mit vielen Unternehmen gesprochen. Ingram Micro und Docdata passen gut zusammen und Ingram Micro hat einen guten Preis geboten.
Wie geht es jetzt mit dem Verkauf weiter?
Alting von Geusau: Wir werden eine Aktionärsversammlung einberufen. Eine Mehrheit der Anteilseigner unterstützt den Verkauf. Er soll dann im Dezember finalisiert werden.