Click&Collect mit Hürden 16.04.2020, 07:43 Uhr

dm-Expressabholung: Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Die Drogeriemarktkette dm will unnötigen Körperkontakt in Corona-Zeiten vermeiden und bietet seit wenigen Tagen eine Expressabholung im Markt an. Ein Praxistest der Redaktion zeigt allerdings: Ganz so einfach ist das nicht.
(Quelle: Screenshot dm-Website)
"Schnell und sicher einkaufen" verspricht das YouTube-Video, mit dem die Drogeriemarktkette dm seit Anfang April ihren neuen Service "Expressabholung" bewirbt. Das Konzept: Der Kunde bestellt die gewünschten Artikel und bezahlt sie online, und nach sechs Stunden kann er seinen Einkauf in der zuvor ausgewählten Filiale abholen. Kein Herumirren im Markt, keine Suche in den Regalen, keine Gesichtsmaske - oder wenn, dann nur für den kurzen Moment der Warenübergabe. Klingt nach einer guten Idee.

Der Reality Check

Unser Test findet in Augsburg-Hochzoll statt, dem östlichsten Stadtteil der Fuggerstadt, der unmittelbar an die Kleinstadt Friedberg grenzt. Warum das wichtig ist - später.
Startpunkt ist ein Teaser auf der Startseite von dm, ein Klick darauf führt die Testerin zum Call-to-Action "direkt loslegen", von dort auf den Online Shop des Drogisten. Schnell ist ein Warenkorb von über 50 Euro zusammengestellt. Die Testerin macht das nicht das erste Mal, sie ist dm-Kundin, hat einen Account und meldet sich auch damit beim Shop an.
Das, so zeigt sich später, war wohl ein Fehler, denn von Expressabholung ist im weiteren Verlauf des Online-Einkaufs keine Rede mehr. Als Lieferoptionen werden DHL-Lieferung nach Hause, Versand an eine Packstation oder - immerhin - Abholung in einer Filiale genannt. Die Option "Expressabholung" wird auch hier nicht erwähnt.

Die nächste Filiale ist nicht die nächste Filiale

Die nächste Überraschung folgt, als sich die Testerin die dm-Filiale in der Lechhauser Strasse heraussuchen will, die ihrem Wohnort am nächsten ist, die sie auch kennt und an der sie den grossen Parkplatz davor schätzt. Diese Filiale wird ihr aber nicht angeboten, stattdessen zwei Filialen in der City, die weder Parkplätze davor bieten, noch in Zeiten von Corona an Orten liegen, die man ohne Not besuchen möchte. Bietet die Filiale in Lechhausen keine Abholung an? Doch - aber nur dann, wenn man als Wohnort nicht Augsburg-Hochzoll wählt, sondern das weiter östlich liegende Friedberg.
Beim Checkout wird aus der Vorahnung schliesslich Gewissheit: Die Bestellung, die die Testerin gerade per Paypal bezahlt hat, hat mit "Expressabholung" nichts zu tun. Die Auftragsbestätigung weist eine Lieferzeit von bis zu fünf Tagen aus. Versuche, dies noch zu ändern, verlaufen ergebnislos: einmal im System, ist diese Bestellung nicht mehr zu ändern. Der dm-Kundenservice ist telefonisch nicht zu erreichen.
Erst im anschliessenden Mail-Wechsel mit dem Kundensupport, in dem die Testerin ihre Lieferung storniert - denn fünf Tage auf frisches Shampoo will sie nicht warten - offenbart dieser, wie der wunderbare Express-Service zu nutzen wäre, wenn man wüsste, wie es ginge: Im ersten Schritt die Filiale auswählen, dann auf "Expressabholung" gehen und erst dann den Warenkorb zusammenstellen.

Waschmittel ja, Shampoo nein, Batterien vielleicht

Doch auch im zweiten Anlauf wird es nicht besser: Das Shampoo, das die Testerin gern in den Warenkorb legen würde, ist laut Webshop "online nicht verfügbar". In der Filiale in der Lechhauser Strasse gibt es noch acht Flaschen davon, behauptet die Verfügbarkeitsanzeige - bestellen kann die Kundin keine davon. Auch das Sonnenöl, das sie gern gekauft hätte, ist zwar in der Filiale verfügbar, aber nicht für Expressabholer.
Waschmittel, ja, das könnte sie bestellen, Trockenbatterien gingen auch, obwohl davon angeblich nur noch zwei Stück am Lager sind. Ob die Batterien, wenn man sie jetzt bestellt, dann auch tatsächlich noch da sind, wenn die Bestellung im Shop zusammengestellt wird, mag man der Testerin nicht garantieren.
Sorry, dm, aber so wird das nix. Dieses Angebot, einerseits seine gewohnten Artikel in der Filiale zu kaufen, dabei aber andererseits den Kontakt mit anderen Menschen zu vermeiden, ist in Zeiten der Corona-Pandemie sicher gut gemeint. Aber es ist leider absolut nicht gut gemacht.



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