Überraschender Führungswechsel
17.02.2019, 13:02 Uhr
Eine Chance für Notebooksbilliger.de?
Zwei Monate nach der geplatzten Fusion mit Medimax hat sich Notebooksbilliger.de von CEO Oliver Ahrens getrennt. Jetzt muss der Elektronikversender Führungsstärke zeigen.
Der 2018 eröffnete Store in Stuttgart ist das fünfte Ladengeschäft von Notebooksbilliger.de
(Quelle: Notebooksbilliger.de)
Nach der geplatzten Fusion mit der Elektromarktkette Medimax gibt es beim Elektronikversender Notebooksbilliger.de erneut Unruhe: Nach nur eineinhalb Jahren hat sich das Unternehmen von CEO Oliver Ahrens getrennt - offensichtlich in Unfrieden. Dabei wollte Unternehmensgründer Arnd von Wedemeyer nach mehr als zwei Jahrzehnten an der Spitze von Notebooksbilliger.de mit dem Führungswechsel eine neue Ära einleiten. Mit Ahrens hatte er einen Nachfolger auserkoren, der in der deutschen IT-Branche zu den erfolgreichsten Managern gehört. Mehr als 20 Jahre hatte er für den taiwanischen Computerhersteller Acer gearbeitet, zuletzt in internationalen Führungspositionen. An Erfahrung mangelte es Ahrens also nicht, doch fehlte ihm sowohl der Handels- wie auch der E-Commerce-Background. Alles kein Problem, hiess es bei Ahrens’ Antritt im Juli 2017. Er habe sein Leben lang ja mit Retailern und Onlinern gehandelt, liess der Manager damals selbstbewusst verlauten. Und Notebooksbilliger-Gründer Wedemeyer freute sich darauf, befreit von der operativen Verantwortung sich wieder um die strategische Entwicklung seines Unternehmens zu kümmern zu können.
Dieser Plan ging offensichtlich nicht auf. Das zentrale strategische Projekt, seitdem Ahrens den CEO-Posten übernommen hatte, war die (schliesslich gescheiterte) Kooperation mit der zur Verbundgruppe Electronic Partner (EP) gehörenden Retail-Kette Medimax. Nur drei Monate nach dem Führungswechsel hatte Notebooksbilliger.de erste Pläne für Shop-in-Shops bei Medimax öffentlich gemacht. Rund ein Jahr lang wurde dann unter Ahrens’ Führung über die konkrete Ausgestaltung der Kooperation verhandelt, ehe im September 2018 die Fusionspläne verkündet wurden. Nur zwei Monate später folgte die Absage der Fusion - und nun die Trennung: In einer knappen Erklärung teilte Notebooksbilliger.de mit, dass der bisherige CFO Oliver Hellmold Ahrens als CEO ablöst. Diese beinhaltet weder den Grund für den Chefwechsel noch die üblichen Bedauerns- und Glückwunschfloskeln. Lediglich Marketing-Chef Zoltan Maklary äusserte sich etwas ausführlicher und erklärte, man habe sich aufgrund "unterschiedlicher strategischer Vorstellungen" von Ahrens getrennt.
Personalentscheidung mit Fragezeichen
Während es zunächst so aussah, als ob das Ende der Fusionspläne für die noch in der Restrukturierung befindliche Elektronikkette Medimax schmerzhafter sein würde als für den weiterhin umsatzstärksten deutschen Elektronikversender Notebooksbilliger.de - das Unternehmen hat nach Angabe von Wedemeyer inzwischen die Umsatzschwelle von einer Milliarde Euro erreicht -, drängt sich mit dem Abgang von Ahrens nun der Eindruck auf, dass auch der Online-Händler beträchtlich ins Schlingern geraten ist. Das legt schon die jetzt präsentierte Führungslösung nahe: Der neue CEO Hellmold ist vor sieben Jahren als Finanzvorstand zu Notebooksbilliger.de gestossen und sollte damals eine "adäquate Struktur für das zukünftige Wachstum" aufbauen. Dafür qualifizierten ihn seine Erfahrung im Controlling- und Finance-Bereich. Doch in Führungsrollen, die strategischen Weitblick und Visionen für die Weiterentwicklung des E-Commerce betreffen, musste sich Hellmold bisher noch nicht beweisen. Notebooksbilliger-Gründer Wedemeyer zeigt sich dennoch von der Personalie überzeugt: "Oliver Hellmold hat den Erfolg der Notebooksbilliger.de AG massgeblich mitgeprägt. Wir freuen uns, dass er die Rolle nun übernimmt." Hellmold trage ab sofort im Vorstand die Verantwortung für Finanzen, Logistik, Recht & Customer Service sowie auch für Teile der Einkaufsaktivitäten. Gleichzeitig übernehmen Wedemeyer und Chief Retail Officer Daniel Oharek innerhalb des Vorstands alle strategischen Einkaufsbeziehungen, was für ein Zusammenrücken der Urgesteine von Notebooksbilliger.de spricht.
Strategische Weichenstellungen stehen an
Zu den wichtigsten Aufgaben der neuen Führung dürfte es nun gehören, das Verhältnis zum Gesellschafter "Haubrich Zentrale" nach der geplatzten Fusion mit Medimax wieder in geordnete Bahnen zu bringen. Die EP-Inhaberfamilie Haubrich ist seit 2012 mit einer Sperrminorität von 25,1 Prozent an Notebooksbilliger.de beteiligt. Angesichts steigender Digitalisierungskosten vor allem bei der Fachmarktkette Medimax dürfte bei den Haubrichs das Bedürfnis zunehmen, Notebooksbilliger.de ähnlich wie die zweite Online-Beteiligung Sparhandy enger mit dem Unternehmen zu verzahnen und so konkrete Synergieeffekte zu nutzen.
Gleichzeitig steht Notebooksbilliger.de nach dem Ende der Fusionspläne vor der Aufgabe, seine Wachstumsstrategie zu klären. Will der Elektronikversender weiter als Pure Player mit nur wenigen, überschaubar dimensionierten Stores primär auf das Online-Wachstum setzen? Oder folgt auch ohne Medimax der Schwenk in Richtung Multichannel? Immerhin war das Argument von Firmengründer Wedemeyer für die Fusionspläne mit Medimax, dass der Online-Anteil im Elektronikhandel in den letzten Jahren nicht mehr spürbar gewachsen sei: "Es bewegen sich nur die Anteile der einzelnen Anbieter am Online-Umsatz. Wir sehen, dass es einfach Menschen gibt, die weiterhin offline kaufen wollen." Ob und wie Notebooksbilliger.de dieses Kundensegment künftig erreichen will, muss das Unternehmen nun zeigen.