Kommentar 20.06.2023, 09:41 Uhr

Amazon wirft Facebook zu Recht vor, zu wenig gegen Fake-Reviews zu unternehmen

Amazon ergreift erneut rechtliche Massnahmen gegen Fake-Rezensions-Websites und wirft gleichzeitig Facebook zu wenig Engagement beim Kampf gegen Fake-Rezensionen vor. Recherchen von INTERNET WORLD-Redakteur Jochen G. Fuchs bestätigen den Vorwurf.
(Quelle: Shutterstock/Peace-loving)
In den letzten Wochen hat Amazon Rechtsmittel gegen rund 20 Fake-Rezensions-Websites ergriffen und nutzt die Gelegenheit, um ein Fazit zu ziehen, dass für Facebook schlecht ausfällt. Das Social-Media-Netzwerk unternimmt zu wenig. Erste Recherchen der INTERNET WORLD zeigen, dass Gruppen monatelang unbehelligt auf Facebook agieren können.

Amazons Vorwurf

Über 90 kommerzielle Rezensionsvermittler und 10.000 Betreiber von Facebook-Gruppen hat Amazon nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr verklagt. Jetzt beklagt sich der US-Konzern, dass die Social-Media-Plattformen, allen voran offensichtlich Facebook, nicht genug gegen die Gruppen unternehmen.
Mehr als 23.000 Gruppen will Amazon im vergangenen Jahr entdeckt haben, die über mehr als  46 Millionen Mitgliedern oder Followern verfügten. Amazon beschwert sich, dass Facebook sehr träge reagieren würde. Selbst extrem offensichtlich benannte Gruppen mit Namen wie "Fake ebay Reviews" oder "Fake Amazon Reviews" würden erst nach langem Hin und Her sowie mühsamer und übertriebener Suche nach Beweisen stillgelegt.

Fake-Review-Gruppen mit insgesamt rund 28.000 Mitgliedern

Wir haben Amazons Vorwurf stichprobenartig geprüft und mit einer kurzen Recherche in weniger als 15 Minuten elf verdächtige Facebook-Gruppen mit rund 28.000 Mitgliedern gefunden. Mit mehr Zeitaufwand würde sich die Liste der Gruppen vergrössern.
Die entdeckten Gruppen tragen offensichtlichen Namen wie "Amazon free review products", "Deutschland Amazon Produkttester", in deren Beschreibung Hinweise wie "Full refund after Review" also "Vollständige Erstattung nach Review" zu finden sind.  Die grösste Gruppe existiert seit März 2023 und postet 10 Beiträge pro Tag und dient der Vermittlung von weltweiten Reviews. Die Vermittlung wird entweder über Posts oder in einem Gruppen-Chat organisiert.

Was Facebook gegen Fake-Review-Gruppen unternimmt

Facebook hatte erst Mitte vergangenen Jahres seine Community-Feedback-Policy erweitert, und dort Fake Reviews ausdrücklich untersagt. Auch wenn Facebook zuvor Massnahmen gegen Fake Reviews durchgeführt hatte, ist das Thema damit auf der eigenen Plattform erstmal schriftlich untermauert worden, schreibt The Verge.
Ein Sprecher von Meta, dem Mutterunternehmen von Facebook, äusserte sich im April gegenüber BBC zum Vorwurf, dass Facebook nicht genug gegen Rezensionsgruppen unternehmen würde: "Irreführende und betrügerische Aktivitäten sind auf unseren Plattformen nicht erlaubt, einschliesslich der Verbreitung von gefälschten Rezensionen. Wir haben die Gruppen entfernt, die gegen unsere Richtlinien verstossen haben. Obwohl eine vollständige Durchsetzung nicht möglich ist, investieren wir weiterhin in neue Technologien und Methoden, um unsere Nutzer vor dieser Art von Inhalten zu schützen."
Nähere Informationen zu den im Einsatz befindlichen Technologien und Methoden zur Erkennung von Fake-Review-Gruppen liegen der Internet World nicht vor. Wir haben Facebook ausserhalb der Geschäftszeiten um eine Stellungnahme gebeten und werden diese veröffentlichen, sobald sie vorliegt.

Facebooks Massnahmen sind nicht effektiv genug

Die Tatsache, dass offensichtlich benannte Fake-Review-Gruppen mit fünfstelligen Mitgliederzahlen seit knapp drei Monaten unbehelligt existieren können, zeigt aber, dass die Technologien und Methoden zur Erkennung von Fake-Review-Gruppen bei Facebook nicht effektiv genug sind.



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