Bio-Lebensmittel 14.06.2015, 09:33 Uhr

Alnatura setzt auf Online-Verkauf

Mit ihrem Online-Shop will die Bio-Marke Alnatura Kundennähe beweisen, vor allem zeigt sie damit aber Lust auf Expansion und Wachstum - nicht nur im stationären Handel.
Laden von Alnatura
(Quelle: Alnatura)
Nicht alles allein machen: Mit dieser Strategie baute Gründer Götz Rehn in den vergangenen 30 Jahren die Bio-Marke Alnatura auf. Lebensmittel, Weine, Kosmetik und Spezialitäten mit dem haus­eigenen Logo gibt’s nicht nur in den knapp 100 Filialen in Deutschland.
Sie werden ausserdem von Handelspartnern wie ­Globus, Tegut, den DM-Drogeriemärkten und in der Schweiz von Migros verkauft.
Folgerichtig lässt sich die Bio-Kette auch beim Einstieg in den E-Commerce helfen: Den Online-Shop überträgt Alnatura an Pure Player Gourmondo. Der liefert aus, beantwortet Kundenfragen und managt Retouren:
"Gourmondo bringt mehr ­Erfahrung im Online-Handel und im ­Umgang mit dem Versand von Bio-Lebensmitteln mit", begründet Kai Schmidt, bei Alnatura Leiter Prozessgestaltung und Digitalisierung, die Arbeitsteilung.

E-Commerce als Wegweiser für neue Wachstumspfade

Als einer der ersten Bio-Händler eröffnete Alnatura am 20. April dieses Jahres einen Online-Shop. "Viele Kunden haben uns auf Bestellmöglichkeiten angesprochen, und wir versuchen, möglichst kundennah zu sein“, erklärt Schmidt.
Der Shop führt etwa 900 Artikel aus eigener Herstellung. Das Frische- und Tiefkühlsortiment wird weiterhin ausschliesslich in den Filialen verkauft, weil der Versand zu aufwendig ist. "Wir wollen nicht nur einen Online-Shop machen, sondern überlegen, wie ­E-Commerce sinnvoll und ökologisch verträglich zu betreiben ist“, so Schmidt.
Alnatura erfüllt mit dem Shop nicht nur Kundenwünsche. Er soll in Zukunft auch die Expansion des Lebensmittelherstellers und -händlers unterstützen: "Gut möglich, dass online einmal der Fingerzeig für die Expansion in der Fläche kommt“, meint Schmidt. "Erste Erfahrungen zeigen, dass wir mit dem E-Commerce eher neue als bestehende Kunden ansprechen.“ Statt umwelt- und gesundheitsbewusster Stadtbewohner decken sich Verbraucher online mit Alnatura-Ware ein, denen vor Ort ­eine Filiale fehlt.
Neue Wachstumspfade, aber vor allem mehr Partner benötigt Alnatura auch deshalb, weil die gewachsene Kooperation mit DM zur Disposition steht: Seit dem Start 1984 listet die Karlsruher Drogeriekette die Bio-Waren der Bickenbacher. Die Gründer beider Unternehmen, Götz Rehn und Götz Werner, bekennen sich beide zur Anthroposophie und zu humanem Wirtschaften, sie stehen sich persönlich sehr nahe und sind auch familiär verbunden.
Die Kooperation mit DM förderte die Bekanntheit und Verbreitung der Marke - und steht heute angeblich für die Hälfte des Umsatzes von Alnatura: im Geschäftsjahr 2013/14 rund 700 Millionen Euro. Nun setzt DM aber auf eine eigene Bio-­Linie, seit 16. April werden erste Produkte in den Drogerien platziert. Noch steht die Entscheidung der Drogeriekette aus, aber die Branche erwartet, dass Alnatura-Produkte auf Dauer aus DM-Regalen verschwinden werden.

Alnatura will auch ohne DM Präsenz zeigen


Statistik zu Bio-Lebensmitteln
Hunderte Millionen Euro lassen sich auch im boomenden Bio-Markt nicht durch ein Webangebot ersetzen. Alnatura verhandelt mit Edeka, Rewe und Rossmann ­sowie weiteren Filialisten. Zumindest bietet der Shop aber Chancen, in Europa und in ­Österreich, wo Alnatura bislang keine Filialen betreibt, auch nach der Auslistung von DM weiterhin Präsenz zu zeigen.
"Bio und E-Commerce passen durchaus zusammen, wenn man’s richtig macht“, meint Schmidt. "Beliefert beispielsweise ein Fahrradkurier zehn Kunden, die sonst mit dem Bus oder mit ihrem Auto zur ­Filiale gefahren wären, ist das ökologisch sinnvoll.“
Eine Lieferung aus den Alnatura-Filialen ist noch Zukunftsmusik; der Versand mit DHL läuft derzeit deutschlandweit und nach Österreich über das Gourmondo-Lager in Anderten bei Hannover: in einem Tag, wenn die Bestellung bis 16 Uhr eingeht. Doch die Ansprüche an Nachhaltigkeit machen die gewohnte kostenlose Lieferung und auch den Versand von Frischem unmöglich. Pro Bestellung werden bei ­Alnatura knapp fünf Euro fällig.
"Es macht keinen Sinn, die Bestellung einer Packung Milch, einer Butter und von zehn Eiern durch die Republik zu karren", ­erklärt Schmidt. "Die Lieferung von Frischem ist logistisch und vom Verpackungsaufwand noch nicht nachhaltig zu bewältigen.“ Bio-Lebensmittel passen nicht zu Styroporkisten und chemischen Kühlmitteln.
Wer Bio-Waren kauft, erwartet Transparenz: Auf der Homepage informiert Alnatura daher über Qualitätssicherung und Produktentwicklung, über den Rückruf von Hirsebällchen oder Sesam-Mus, über Naturschutzprojekte und die Preisfindung in den Filialen.
Und der Shop geht jetzt tief ins Detail - nicht nur unter der Schinkenwurst im Glas listet das Unternehmen Zutaten sowie die Herkunft, die Stelle der Qualitätskontrolle, Nährwerte, potenzielle allergene Inhaltsstoffe und sogar die Europäische Artikelnummer (EAN), mit der sich Waren international eindeutig bestimmen lassen. "Alnatura will Kunden durch die Wertschätzung der Qualität von Angebot und Service an sich binden“, ­zitiert Schmidt die generellen Unternehmensziele.

E-Commerce für Alnatura nach eigenen Spielregeln

Zur Alnatura-Philosophie gehört auch, dass Projekte im eigenen, zum Unternehmen und seinen Mitarbeitern passenden Tempo umgesetzt werden. Der Online-Shop ist Teil der Digitalisierungsstrategie, und diese wurde von langer Hand vorbereitet. Zwei Jahre dauerte die Umstellung der Systeme auf SAP. Sie ermöglicht längerfristig mobile Angebote, aber auch den Aufbau von Warenkreisläufen für die ­Umsetzung von Abholservices. Der Shop selbst wurde auf Hybris gebaut und, so Schmidt, "soft gestartet“ - also weitgehend ohne Online-Marketing. Er soll sich in der Startphase durch Kundenfeedback noch entwickeln können.
Auch Partner Gourmondo wurde nicht an einem Tag gefunden: "Es gab einen wichtigen Prozess der Abwägung", erzählt Gründer Pascal Zier. "Es passte.“ Das Interesse aneinander wird gewachsen sein, weil auch Gourmondo auf Bio-Standards setzt, unbekannte Lebensmittelproduzenten entdeckt und beim Versand auf Ressourcen achtet.
"Alnatura ist eine perfekte Ergänzung“, sagt Zier. "Viele unserer Lieferanten sind kleine Manufakturen, die Delikatessen nach Bio-Standards produzieren. Mit der geteilten Warenkorbfunktion können Kunden auf nur eine Rechnung in beiden Shops einkaufen.“
Schon vernetzt sich Alnatura tiefer im Web: Windeln.de, ebenfalls eine gute Quelle, wenn es um Logistik- und E-Commerce-Wissen geht, nimmt 100 Alnatura-Produkte ins Sortiment auf: Auch im ­Internet muss ein Unternehmen nicht ­alles selbst können und machen. Es gibt ja viele Partner, die Leistungen und Kompetenzen einbringen können.




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