Vorurteile und Fehleinschätzungen 18.09.2017, 09:36 Uhr

Die 8 häufigsten Fehler im Affiliate Marketing

Affiliate Marketing ist alles andere als ein Selbstläufer. Vorurteile und Fehleinschätzungen von Advertisern führen dazu, dass viele Partnerprogramme optimierungsfähig sind. Das sind die häufigsten Fehler und ihre Konsequenzen.
(Quelle: shutterstock.com/iQoncept)
Von Philip Kopp, Head of Affiliate bei der Performance-Agentur netzeffekt
"Affiliate Marketing ist das Allheilmittel für alle Advertiser: Risikolos und ohne viel Aufwand lassen sich selbst schwierige Produkte vermarkten." Ähnliche Vorurteile und Fehleinschätzungen von Advertisern führen dazu, dass viele Partnerprogramme optimierungsfähig sind. Wir nennen die häufigsten Fehler und ihre Konsequenzen im Affiliate Marketing.
 
1. Starte dein Programm und lehn dich zurück - du wirst sehen, es läuft wie von alleine
So einfach das Prinzip Affiliate Marketing auch ist, so komplex kann der Aufbau eines professionellen Programms sein. Als Advertiser kann man am meisten von seinem Partnerprogramm profitieren, wenn man den Kanal als werthaltigen Beitrag im Sales-Funnel begreift und sich mit den unterschiedlichen Affiliatemodellen vorbehaltlos auseinandersetzt.
Durch diese Vorurteile gegenüber Affiliate Marketing verbauen sich Advertiser ihre Chancen: Die Programmbedingungen werden sehr restriktiv formuliert, Segmente wie Gutscheine, Cashback, E-Mail, Retargeting werden tabuisiert.
Die gängige Bezahlung per Sale verleitet Advertiser dazu, das Risiko und die Kreativität der Traffic-Beschaffung allein beim Publisher zu sehen und das eigene Engagement auf ein Minimum zu begrenzen.
Affiliate Marketing ist kein kostenloser Testkanal, bei dem die Partner ins eigene Risiko gehen um die Marktfähigkeit eines Produkts zu testen oder eine Vermarktungsstrategie zu entwickeln.
2. Schalte Dein Programm am besten im November aus: Das Weihnachtsgeschäft kann ganz schön ins Geld gehen
Affiliate Marketing ist ein langfristiges und nachhaltiges Vermarktungsmodell, bei dem Publisher mit der Erstellung von Content und SEO-Strategien in Vorleistung gehen. Publisher rechnen mit einer konstanten Möglichkeit der Monetarisierung und planen saisonale Effekte mit ein.
Manche Advertiser kommen auf die irre Idee in der Hauptsaison die Provisionen zu senken, oder das Programm auszusetzen, weil "da ja sowieso der Traffic reinkommt" und das Budget gegen Jahresende vielleicht schon knapp wird.
Affiliates können auf (kurzfristige) Kampagnen nicht so flexibel reagieren, wie es etwa in Adwords oder Programmatic Kampagnen der Fall ist. Contentseiten können nicht beliebig aus-/angeschaltet werden - dies lässt sich auch den Usern schwer vermitteln.
 
3. Setze ruhig weiter auf reines Cookie Tracking, denn neue Technologien sind nur unnötige Spielerei
Ein Grossteil der Affiliate-Programme wird noch immer ausschliesslich auf Cookiebasis nach dem "Last-Cookie-Wins" getrackt. Adblocker, mobile Browser und Apps oder Endgerätewechsel innerhalb der Sales Funnels verhindern mittlerweile wirkungsvoll, dass die Tracking Cookies zuverlässig gesetzt beziehungsweise gelesen werden können. Da reines Cookie Tracking schon lange nicht mehr State-of-the-art ist, bieten Affiliate Netzwerke und Technologiedienstleister schon seit einiger Zeit wirkungsvolle Alternativen.
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum Advertiser ihr Tracking Setup oft über Jahre nicht anpassen. Gründe sind dabei häufig Datenschutz oder technische Hürden. Als Publisher könnte man den Eindruck haben, dass sich Advertiser dagegen wehren, neue Trackingverfahren einzusetzen, um mit nicht erfassten Transaktionen Publisherprovisionen zu sparen.
Professionelle Publisher überwachen ihre Kampagnen sehr genau und führen im Verdachtsfall auch Testbestellungen durch. Ein unzuverlässiges Tracking bleibt nicht lange unbemerkt und stört das Vertrauen in ein Partnerprogramm nachhaltig.
 
4. Vermeide den direkten Kontakt zu Deinen Publishern, dann lassen sie Dich in Ruhe und Du sparst Dir sogar den Affiliate Manager
Im Affiliate Marketing profitieren alle Beteiligten von einem offenen Austausch von Informationen. Nur im Dialog kann ein Partnerprogramm strategisch weiterentwickelt werden - die kreativen Ideen stammen nicht selten von den Publishern. Affiliate Marketing ist ausserdem ein People's Business:  der direkte und regelmässige Kontakt zwischen Publisher und Advertiser respektive Agentur ist Usus. Gemeinsame Termine und Socializing auf den Branchenevents gehören zum guten Ton. 
Unverständlich daher warum es Partnerprogramme gibt, bei denen der Affiliate Manager nicht mit vollständigen Kontaktdaten benannt wird und Publisher ihren Ansprechpartner auf Advertiser- oder Agenturseite nicht kennen. Online-Verantwortliche, die mit ihren Publishern nichts zu tun haben wollen, sollten einen Spezialisten beauftragen, der seinen Job lebt und liebt.

Wettbewerber, Aktionen und Webseite-Relaunch

5. Verrate Deinen Publishern auf keinen Fall, was gut in deinem Shop funktioniert - sie arbeiten schliesslich auch mit Deinen Wettbewerbern zusammen
Publisher können ihre Kampagnen und ihren Content umso besser optimieren, je mehr Informationen sie haben. Was spricht dagegen ausgewählte Daten und KPIs anderer Kampagnen mit Ihren Partnern zu teilen, sie im Vorfeld über geplante Aktionen, Werbespots und Produktneuheiten zu informieren? Affiliate Marketing kann so ein idealer Verstärker für On- und Offline-Kampagnen sein.
Leider wird Affiliate Marketing häufig nicht im Gesamtkontext gesehen und Insights bewusst wie ein Geheimnis gehütet. Die Chance, Publisher als wertvollen Feedbackkanal zu nutzen, wird ebenso gerne ignoriert, wie die Möglichkeit, Partner an der Strategieentwicklung zu beteiligen.
Eine restriktive Informationspolitik gibt Ihren Publishern wenig Anknüpfpunkte. So wird sich ihr Engagement für Ihr Programm in Grenzen halten.
 
6. Plane Aktionsangebote langfristig und beende sie vorzeitig - deine Publisher werden Dich lieben
Endkundenaktionen und Angebote können die Wahrnehmung Deines Produkts deutlich erhöhen und den Abverkauf signifikant pushen. Einige Publisher haben sich darauf spezialisiert solche Angebote befristet exklusiv zu vermarkten. Die Planung und Abstimmung solcher Aktionen stellt für Affiliate Manager, Netzwerk und Publisher einen häufig unterschätzten Aufwand dar.
Da kommt ein Stopp kurz vor oder nach Kampagnenstart verständlicherweise nicht gut an. Die Hauptgründe für einen Rückzieher des Advertisers sind meistens unzureichende Planung und fehlende Transparenz über Chancen und Risiken.
Ein Kampagnenstopp bringt Deine Partner nicht nur um geplante Einnahmen nach einem Invest, sondern irritiert auch Deine (Neu-)Kunden. Deren Kommentare können dann in den Sozialen Medien nachgelesen werden.
 
7. Sorge dafür, dass beim nächsten Website-Relaunch vergessen wird das Tracking zu implementieren - Das erspart Dir einen Haufen Publisherprovisionen
 
Ein exaktes und zuverlässiges Tracking dient der Erfolgskontrolle jedes Online-Kanals, im Affiliate Marketing ist es auch die Basis für eine faire Erfolgsbeteiligung der Publisher.
Es kommt nicht selten vor, dass sich nach einem Relaunch die Kampagnen-URLs verändern, oder tatsächlich vergessen wird die Netzwerk-Trackingpixel zu integrieren. Ärgerlich, wenn Versäumnisse erst wieder im nächsten Release gefixt werden können. Auch wird konsequent vergessen die eigenen Partner über Änderungen auf den Websites und in Prozessen zu informieren. Ein wichtiger Feedbackkanal kann so nicht genutzt werden.
Fehler können passieren, klar, aber nimm dieses essenzielle Thema ernst und räume Versäumnisse gegenüber Deinen Partnern ein, statt sie zu verschweigen. Wenn Publisher während eines Trackingausfalls kostenlos Traffic liefern, steht ihnen eine Entschädigung zu. Mit dem Code of Conduct für Affiliate Marketing des BVDW haben sich viele Agenturen und Advertiser zu einer fairen Entschädigung verpflichtet.
 
8. Storniere unvermittelt die Conversions oder lass Dir Zeit mit der Sales-Bestätigung - Publisher lieben diesen Nervenkitzel
Ein zuverlässiges und transparentes Transaktionshandling ist das A und O jedes Partnerprogramms. Verbindliche Stichtage oder ein automatisiertes Verfahren sorgen für Vertrauen beim Publisher. Zusammen mit einem funktionierenden Tracking bildet die leistungsgerechte Bezahlung der Publisher die Basis der Zusammenarbeit.
Die grössten Schnitzer rund um die Provisionszahlung sind: unklare Definitionen von validen Leads / Sales,  unangekündigte Änderungen der Provisionsmodelle oder plötzliche Stornos ohne Angabe von Gründen. Die Anwendung von Premiumstaffeln und Sonderprovisionen ist oft wenig transparent und verfehlt die Wirkung.
Beim Thema Geld verstehen Publisher keinen Spass - eine ausbleibende Bezahlung trotz nachweisbarer Leistung ist weder ein Bagatelldelikt noch schafft es Vertrauen. Gut gemeinte, aber schlecht umgesetzte gestaffelte Provisionen sind eher verwirrend, als motivierend für Affiliates.




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