Revolution auf dem Acker
18.09.2019, 12:23 Uhr
Die Landwirtschaft wird digital
Die Agrarwirtschaft ist zum Vorreiter der digitalen Transformation geworden. Die Beispiele reichen von Robotern auf dem Acker über KI im Kuhstall bis hin zur Blockchain in der Eierproduktion.
Die Landwirtschaft hat aufgrund der Produktion von Lebensmitteln für eine wachsende Weltbevölkerung eine enorme gesellschaftliche Bedeutung. Diese Aufgabe kann sie nur mit einem kontinuierlich steigenden Wachstum erfüllen. Strukturell hat sich im Agrarbereich in den vergangenen Jahrzehnten viel getan.
So lag der Anteil der in der deutschen Land- und Forstwirtschaft Erwerbstätigen nach Angaben des Deutschen Bauernverbands (DBV) zu Beginn des vorherigen Jahrhunderts noch bei rund 38 Prozent. Anfang der 50er-Jahre war er bereits auf 24 Prozent gesunken. 2017 hat er dann den zuletzt erfassten Tiefpunkt von 1,4 Prozent erreicht. Neben der zunehmenden Industrialisierung ist auch die rasante Entwicklung des Dienstleistungssektors für diese Veränderungen mitverantwortlich.
Trotz des Rückgangs bei den Beschäftigten in der Landwirtschaft weisen die Landwirte beeindruckende Produktionssteigerungen vor. So lag etwa der Hektarertrag für Weizen vor gut 100 Jahren noch bei rund 1,8 Tonnen. In den Jahren 2010 bis 2015 betrug er mit durchschnittlich 7,7 Tonnen mehr als das Vierfache. Die Landwirtschaft ist aber auch von der Zunahme extremer Wetterverhältnisse und dem Klimawandel betroffen. Das macht fortlaufende Anpassungen der Produktionsverfahren nötig.
Dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbands (DBV) Joachim Rukwied zufolge geht die Entwicklung jetzt eindeutig in Richtung Digitalisierung. Mit moderner Sensortechnik und der Nutzung Künstlicher Intelligenz könne "eine neue Dimension von Ressourcen-Schonung und Tierwohl erreicht werden, die zugleich die Wettbewerbsfähigkeit sichert", schreibt Rukwied im Vorwort des aktuellen "Situationsberichts 2018/19".
Als wesentliche Voraussetzungen der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit nennt er eine leistungsfähige digitale Infrastruktur auf dem Land sowie einen Ausbau der Glasfaser- und Mobilfunknetze. "Wir Bauern brauchen dringend ein flächendeckendes, hochleistungsfähiges Breitbandnetz, auch um den steigenden Anforderungen beim Klima- und Umweltschutz gerecht zu werden", betont Rukwied.
Schnelle Datenverbindungen
Eine besondere Rolle für die Digitalisierung auf dem Land kommt dem Mobilfunkstandard der fünften Generation (5G) zu. Erste Praxisversuche sind bereits angelaufen. So hat Thomas Schmidt, Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft in Sachsen, Mitte Juni dieses Jahres ein 5G-Testfeld am Lehr- und Versuchsgut Köllitsch eröffnet, das zum grössten in Europa werden soll. "Mit dem Start des sächsischen Test- und Demonstrationsfeldes bringen wir 5G-Technologien in Landwirtschaft und Umwelt in den ländlichen Raum", so Schmidt. Unter anderem sollen in Köllitsch "der Nutzen von schnellen Datenverbindungen für die digitale Landwirtschaft und den ländlichen Raum erforscht und deren Vorteile herausgestellt werden".
Nach Angaben von Schmidt wird das Testfeld nach und nach auf eine Fläche von bis zu 2.000 Quadratkilometern ausgebaut. Das entspricht etwa 80 Prozent der Fläche des Saarlands. Experten des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) werden den Aufbau begleiten und analysieren. Ihre Messergebnisse sollen online gestellt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Das LfULG wird in Köllitsch vor allem in den Bereichen Pflanzenbau, Tierhaltung, Umwelttechnologie, Nachhaltigkeit sowie Natur- und Klimaschutz forschen. Beteiligt sind ausserdem die Technische Universität Dresden mit dem Institut für Naturstofftechnik und der Professur für Agrarsystemtechnik, die Vodafone-Stiftungsprofessur für mobile Nachrichtensysteme, die Fraunhofer-Gesellschaft mit drei Instituten und das 5G Lab Germany. Die Teilnehmer beabsichtigen auch, neue Sensoren für die Bodenanalyse und die Automatisierung zu entwickeln. Ein Agricultural Dataspace (ADS) soll eine übergreifende Datennutzung gewährleisten.