Schwarz-Gruppe 19.05.2020, 15:10 Uhr

Warum der Lidl-Konzern mit Cloud-Angeboten Amazon Konkurrenz machen will

Die Auslagerung der Unternehmens-IT in die Cloud steht für deutsche Unternehmen weit oben auf der Agenda. Die Schwarz-Gruppe will jetzt mit einem eigenen europäischen Angebot eine Alternative zu US-Playern wie Amazon und Google bieten.
(Quelle: shutterstock.com/AlexLMX)
Amazon macht es, Google macht es - und die Schwarz-Gruppe macht es jetzt auch: Der Handelskonzern wandelt sich zum IT-Anbieter. Die Kommanditgesellschaft, zu der unter anderem die Supermarkt-Ketten Lidl und Kaufland gehören, baut die ursprünglich für die Unternehmen der Gruppe entwickelte Cloud-Infrastrukturlösung zu einem eigenständigen Produkt aus und bietet sie mitteständischen Unternehmen an.
"Stackit", so der Markenname für die Schwarz-Cloud, setzt dabei vor allem auf Kunden aus Deutschland, die um ihre Unabhängigkeit fürchten. "Wir hören immer wieder von Mittelständlern aus der Region, dass sie grosses Interesse haben, für ihre IT eine Cloud-Lösung zu nutzen, dass sie aber Berührungsängste gegenüber den grossen amerikanischen Anbietern haben", zitiert das "Handelsblatt" den Schwarz-Manager Walter Wolf, der an der Stackit-Entwicklung federführend beteiligt war.
Nach eigenen Angaben betreibt Stackit derzeit mehr als 20.000 Server und eines der grössten SAP-Retail-Systeme weltweit. Neben Cloud-Services bietet die Schwarz-Tochter auch Colocation an, also die betreute Unterbringung von Kunden-Servern in eigenen Rechenzentren.
Der Weg, den die Lidl-Mutter beschreitet, erinnert an die Anfänge der Amazon Web Services (AWS): Ursprünglich für die Bedürfnisse des Online-Handelsriesen entwickelt, mauserte sich AWS nach und nach zum Profit Center. Im 4. Quartal 2019 erzielte AWS einen Umsatz von knapp zehn Milliarden US-Dollar, was rund elf Prozent des Konzernumsatzes entspricht.

Weltmarktführer AWS

Mit einem weltweiten Marktanteil von 32,4 Prozent führt AWS derzeit den Cloud-Markt an - mit beachtlichem Vorsprung: Wettbewerber Azure von Microsoft kommt auf 17,6 Prozent, die Google Cloud auf sechs Prozent, Alibaba auf 5,4 Prozent. Verglichen mit anderen digitalen Märkten ist das Thema Cloud noch relativ fragmentiert, 38,5 Prozent des Marktes führen die Marktforscher von Canalys unter "Sonstige" auf.
Gegen eine zu starke Konsolidierung des Cloud-Marktes auf wenige Anbieter aus den USA und China sprechen vor allem aus deutscher Sicht einige Argumente. So zitiert das "Handelsblatt" eine Studie der Landesbank Baden-Württemberg, wonach nur zwei Prozent aller befragten deutschen Mittelständler die USA als Rechenzentrumsstandort für ihre IT akzeptieren würden. Von den Unternehmen, die bereits eine Cloud-Lösung einsetzen, haben sich 83 Prozent für einen Server-Standort in Deutschland entschieden.

Konflikt mit der DSGVO

Einen Grund für die Bevorzugung nationaler IT-Infrastrukturen liefert auch die DSGVO. Sie verbietet die Übertragung personenbezogener Daten an Länder ausserhalb der EU, wenn deren Datenschutzgesetze nicht von der EU als mit der DSGVO vereinbar erklärt wurden.
Die Crux dabei: US-Anbietern wie Amazon und Microsoft helfen selbst Rechenzentren in Deutschland nicht unbedingt weiter, wenn die amerikanische Regierung per Gesetz von amerikanischen Unternehmen den Zugriff auf deren Daten verlangen kann. In einem solchen Fall kann der US-Anbieter sich gar nicht an die DSGVO halten, ohne mit den Gesetzen an seinem Firmensitz in Konflikt zu geraten.
Ob der Standortvorteil Deutschland Stackit für die Schwarz-Gruppe zu einer ebensolchen Cash-Cow macht, wie es AWS heute für Amazon ist, bleibt abzuwarten. Einstweilen nennt die Stackit-Website nur zwei Referenzkunden, Lidl und Kaufland. Und die hatten wahrscheinlich keine andere Wahl.




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