Neues Konzept
24.03.2017, 12:24 Uhr
Das sagen die Aussteller zur neuen CeBIT
Am Mittwoch liess die Messeleitung der CeBIT die Katze aus dem Sack: Die CeBIT soll künftig im Sommer mit einem neuen Konzept an den Start gehen. Einige Aussteller begrüssen die neue Struktur, manche sind eher skeptisch.
„Ich würde mir wünschen, dass sich die CeBIT noch stärker neuen Formaten und Zielgruppen öffnet“ – mit diesen Worten warb Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Eröffnungsrede am Sonntag vor Messebeginn für eine neue CeBIT. Im Nachhinein wird dieser Satz häufig als eine Vorwegnahme grösserer Veränderungen interpretiert, denn drei Tage später kündigte CeBIT-Chef Oliver Frese ein komplett neues Messekonzept an.
Der Umbau wird radikal: Die CeBIT wird künftig im Frühsommer – vom 11. bis 15. Juni – stattfinden, und sie soll cool, trendig werden – ein Event und Festival unter dem Hermesturm. Insgesamt orientierte sich die Messe bei dem neuen Konzept an dem Tech-Festival SXSW (South by Southwest) in Austin/Texas, das sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Impulsgeber für die Digitalbranche entwickelt hat.
„Wir werden die CeBIT zu Europas führender Event-Pplattform und zum Festival für digitale Technologie, digitale Innovation und Geschäftsanbahnung der digitalen Wirtschaft umbauen“, sagt Frese. Die neue CeBIT soll demnach ein jüngeres Publikum anlocken, Start-ups, Entwickler, Hersteller und Fachbesucher zusammenbringen. Und: Die Konzentration auf Fachbesucher, die in den vergangenen Jahren eingeläutet wurde, wird wieder aufgehoben. Abends sollen beispielsweise Konzerte auf dem Messegelände stattfinden, und es wird auch wieder einen Publikumstag geben.
Die Frage ist nun, ob die Aussteller mitziehen werden – und das neue Konzept unterstützen. Telecom Handel hat einige Unternehmen befragt, die in diesem Jahr auf der „alten“ CeBIT vertreten waren, heraus kam ein gemischtes Bild. Die meisten Aussteller übten sich erwartungsgemäss erst einmal in Zurückhaltung. Alcatel-Lucent Enterprise, AVM, Telefónica oder Vodafone – um nur einige Beispiele zu nennen - wollen beispielsweise erst einmal die Ergebnisse der aktuellen CeBIT analysieren, warten auf mehr Details zum neuen Konzept und wollen sich erst dann entscheiden.
Telekom und Co. warten erst einmal ab
Die Telekom „begrüsst die geplante neue Ausrichtung der CeBIT 2018“, so die Bonner auf Nachfrage der Redaktion. Die Transformation durch Digitalisierung würde alle Branchen betreffen, auch die Messe-Landschaft, insofern sei die Erneuerung des CeBIT-Konzeptes richtig und konsequent. „Wir werden unseren Messeauftritt 2017 wie auch das neue CeBIT-Konzept genau analysieren und auf dieser Basis über unser Messe-Engagement in Hannover entscheiden“, so ein Unternehmenssprecher weiter.
„Auch wenn der CeBIT 2017 kein guter Ruf vorausging, scheinen sich Aufwand und Nutzen auch in diesem Jahr gut die Waage zu halten“, sagt wiederum Katrin Bulla, Leiterin Marketing, Fachhandelsvertrieb und Netzvermarktung bei Eno Telecom. „Wir begrüssen jedoch den Umbau der CeBIT, die neuen Konzepte und sehen den Details positiv entgegen.“ Im Umbruch zu einer digitalen Gesellschaft müsse es eine würdige Plattform zu einer globalen Präsentation all der Möglichkeiten der Zukunft geben. „Wir werden alle Konzepte in diese Richtung aktiv unterstützen“, so Bulla weiter.
Agfeos Marketingleiter Niko Timm betont, nach einer „anfänglichen Verwunderung“ gefalle ihm das neue Konzept. „Um ehrlich zu sein, ich hätte sogar schon ein Konzept für Agfeo parat“, schmunzelt er. Eine Entscheidung über die Teilnahme werde er allerdings frühestens im Herbst fällen.
Jörg Herweck, Vorstand des gleichnamigen Distributors, ist hingegen ein Vertreter der Skeptiker: „Der erste Reflex ist natürlich: Oh, die neue CeBIT ist wie ein Start-up, unkonventionell, cool, dynamisch mit viel Spass. Das hört sich zunächst sehr interessant an“, sagt er, um dann einzuschränken: „Für viele Unternehmen besteht jedoch das Bedürfnis nach einer gescheiten IT-Fachmesse. Wenn diese in das neue Konzept integriert wird, okay.“ Die neuen Zielgruppen seien für Herweck jedoch eher uninteressant. Doch vielleicht animiere diese Zielgruppe grosse Anbieter wie etwa Samsung, Sony oder Microsoft, sich wieder an der CeBIT zu beteiligen. Dann werde die Messe auch für Fachhändler wieder interessanter, so Herweck weiter. Sollte das aber nicht klappen, komme er trotzdem nach Hannover – „und zwar als Besucher“.
Doch es gibt auch Unternehmen, die sich schon heute für ein CeBIT-Engagement im kommenden Jahr entschieden haben. „Wir unterstützen die CeBIT und freuen uns, im nächsten Jahr dabei zu sein“, betont etwa Nfon-CEO Hans Szymanski. Und auch bei Lancom heisst es, man werde 2018 auf jeden Fall Aussteller auf der neuen CeBIT sein. Pressesprecher Eckehard Traber betont darüber hinaus, der Netzwerkspezialist gebe dem neuen Format zwei bis drei Jahre Zeit, bis es sich etablieren können. „Wir geben der neuen CeBIT auf jeden Fall eine Chance“, sagt er.
Kommentar der Redaktion
Kaum wurde das neue Konzept verkündet, wurde es auf vielen Kanälen auch schon verrissen. Damit sei die CeBIT endgültig am Ende, so der Tenor etlicher Kommentare auf Facebook, Twitter und Co. In der Tat ist der Einschnitt radikal, die CeBIT will sich komplett neu erfinden. Und es stimmt auch, dass der Umbau sicherlich teuer wird – ein neues Event zu etablieren, kostet erst einmal Geld. Dass sich diese Investitionen schnell amortisieren werden, ist unwahrscheinlich.
Doch was wäre die Alternative? Von Jahr zu Jahr kamen weniger Aussteller nach Hannover. Samsung beispielsweise kehrte der Messe schon vor zwei Jahren den Rücken, Microsoft wiederum hatte seinen grossen Stand in Halle 4 in diesem Jahr aufgegeben und war auf kleineren Ständen mit Partnern in verschiedenen Hallen vertreten. Mit Telefónica konnte die Messe zwar einen Aussteller zurückgewinnen - die Münchner waren zehn Jahre nicht mehr auf der CeBIT - doch insgesamt wurde der Kampf um die Gunst der Unternehmen immer mühsamer.
Sicher, der Schritt ist radikal – und das Ergebnis natürlich offen. Doch die Messeleitung wagt die Flucht nach vorne, anstelle langsam in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, wie viel andere Messen auch. Man sollte der neuen CeBIT deshalb eine Chance geben, und sie nicht schon „tot reden“, noch bevor sie an den Start gegangen ist.