Datenkontrolle
15.08.2019, 06:51 Uhr
Big Player sollen User für ihre Daten bezahlen
Tech-Konzerne wie Amazon, Facebook oder Google verdienen sich eine goldene Nase mit dem gezielten Auswerten von Daten. Ein Schweizer Start-up will dafür sorgen, dass Internetkonzerne Nutzer für ihre Daten bezahlen.
Tech-Konzerne wie Amazon, Facebook oder Google verdienen sich eine goldene Nase mit dem gezielten Auswerten von Daten. Dazu verwenden sie nebst vielem anderen die Spuren, die User beispielsweise beim Surfen oder Liken von Content hinterlassen. Unternehmen, die über diese Plattformen ihre Produkte bewerben wollen, lassen für diese Insights gerne Geld springen - und das nicht zu knapp. Die Menschen, die diese Daten produzieren und Firmen indirekt via Vermittler zur Verfügung stellen, profitieren meist kaum davon - ausser dass die Schuhe, die man sich beim Online-Händler angeschaut hat, plötzlich prominent auf der nächsten Website angepriesen werden.
Yves-Alain Petitjean hat dem sogenannten Überwachungskapitalismus den Kampf angesagt und will den Tech-Giganten die Suppe versalzen, die mit dem Ausleuchten der Gesellschaft ihr Geld verdienen. "Firmen wie Amazon wissen künftig besser darüber Bescheid, was ihre Kunden brauchen als sie selbst. Das ist eine Zukunft, die die Welt nicht will. Menschen möchten selbst über ihr Konsumverhalten bestimmen und ihre Daten im Griff haben", sagt er. Petitjean ist überzeugt davon, dass es Zeit für eine Veränderung ist. Denn die Situation werde sich mit der zunehmenden Reife von Künstlicher Intelligenz noch verschärfen. Der CFO des Zürcher E-Government-Spezialisten Procivis hat deshalb gemeinsam mit dem CEO Daniel Gasteiger ein Projekt gestartet, das den Menschen dabei helfen soll, die Kontrolle über ihre Daten zu erlangen.
Die Datenmanagement-Plattform Vetri
Dafür entwickelt Petitjean mit seinem Team derzeit die Datenmanagement-Plattform Vetri. In Zürich und Prag sind aktuell knapp 30 Personen in das Projekt involviert. Wer die Plattform nutzt, soll darüber künftig seine persönlichen Informationen verwalten können und eine Entschädigung erhalten, wenn er diese mit einem Unternehmen oder einer Organisation teilt.
Wie Petitjean erklärt, besteht die Plattform aus zwei grundlegenden Komponenten: Einer Wallet-App, über die User ihre digitale Identität und die persönlichen Informationen verwalten können und einer Web-Applikation, dem sogenannten Marketplace. Er dient Unternehmen dazu, Daten anzufordern und zu erwerben. Wer nun mit Vetri Profit aus seinen Daten schlagen möchte, baut sich zunächst ein Profil auf. Informationen wie der Name, das Geburtsdatum oder die Nationalität werden angereichert mit Daten zu Interessen, Vorlieben, Hobbys oder Tätigkeiten - also solchen, die traditionellerweise von Facebook oder Google monetarisiert werden. Die Dateneingabe erfolgt laut Petitjean manuell. Alternativ könnten jedoch auch Daten aus Facebook, Amazon oder Google angezapft werden, um den Prozess zu automatisieren. Die Profile würden ausserdem mittels E-ID durch einen Drittanbieter verifiziert.
"Wir erhalten im gesamten Prozess weder Einsicht in die Daten, noch werden sie bei uns gespeichert", verspricht Petitjean. Die Informationen würden ausschliesslich auf dem Smartphone der User gespeichert - es dient also gewissermassen als Datentresor. Das bedeutet jedoch auch, dass User selbst für die Verwaltung der Daten verantwortlich sind. Haben sie kein Backup erstellt und der Speicher wird gelöscht oder geht das Gerät verloren, dann müsse das Profil neu aufgebaut werden, erklärt der Vetri-Co-Founder. In der Mehrheit der Anwendungsfälle, insbesondere im Marketingbereich, sind personenspezifische Daten nicht nötig, weshalb die Übermittlung anonymisierter Informationen in der Regel ausreicht.