Das wurde auch Zeit!
23.05.2023, 21:00 Uhr
Final Cut Pro auf dem iPad: ein fast perfekter Erstling
Kaum eine Profi-App wurde für das iPad Pro so sehnlich erwartet wie Final Cut Pro. Jetzt nimmt das Warten ein überraschendes Ende.
Profi-Videos, in der freien Natur geschnitten: das ist eines der Versprechen von Final Cut Pro für das iPad
(Quelle: Apple Inc.)
Final Cut Pro (FCP) für das iPad wird von Video-Profis seit Jahren herbei gewünscht. Irgendwann resignierten in den Foren auch die grössten Optimisten, denn Lebenszeichen waren keine auszumachen. Doch plötzlich wird alles anders: Nach einer ungewöhnlich kurzfristigen Ankündigung ist die Profi-App ab sofort erhältlich.
Anforderungen und Kosten
Die Preise für die iPad-Version sind ausgesprochen moderat. Zur besseren Einordnung: Die Mac-Variante kostet seit der Markteinführung im Juni 2011 unverändert 300 Franken. Sie durchlebte während zwölf Jahren unzählige grosse und kleine Upgrades durch, die nie bezahlt werden mussten. Für eine waschechte Profi-Software wirkt dieser Preis fast schon symbolisch.
Bei der iPad-Version beschreitet auch Apple den Pfad der Software-Abos, ebenfalls zu erschwinglichen Preisen. Ein Monat kostet 5 Franken, ein ganzes Jahr 50 Franken. In beiden Fällen geht den Abos eine einmonatige, kostenlose Probezeit voran. Das Abo lässt sich über die Familienfreigabe teilen, sodass elterliche Ferienfilme und Schulprojekte gleichermassen realisiert werden.
Weniger bescheiden sind die Anforderungen an die Hardware: So verlangt FCP mindestens ein iPad mit dem M1-SoC: also ein iPad Pro mit 12.9 Zoll der 5. Generation, das neuste iPad Pro mit 11 Zoll oder das neuste iPad Air. Und nein, die iPad-Version lässt sich im Gegensatz zu vielen anderen Apps nicht auf Macs mit M1- oder M2-SoC installieren.
Allerdings herrscht an semi-professionellen Apps für die Videoverarbeitung wahrlich kein Mangel. Für das Gros der Amateure eignet sich das kostenlos iMovie von Apple, nicht zuletzt durch seine zugängliche Oberfläche. Seit Jahren steht ausserdem die App LumaFusion im Raum, die sich durch den enormen Leistungsumfang und die Export-Möglichkeiten einen Namen gemacht hat – auch wenn die Oberfläche etwas altbacken wirkt. Und dann wäre da noch das kostenlose (!) DaVinci Resolve, das sich mit Fug und Recht bei den Profi-Apps in die Reihe stellen darf.
Die Oberfläche
Ich selbst schneide Videos nur privat und stets unter stillem Protest: Bewegte Bilder auf Vordermann zu bringen ist ungleich viel aufwendiger, als einzelne Fotos aufzupeppen. Deshalb fehlt mir die Motivation, um mich vertieft in LumaFusion oder DaVinci Resolve einzuarbeiten. Abschreckend sind obendrein deren Oberfläche, die mit Funktionen überladen ist und trotzdem erlernt werden muss – denn schliesslich wollen die Möglichkeiten auch genutzt werden.
Bereits an dieser Stelle zieht Apple alle Register. Nach zwei Minuten des Herumspielens springt der Funke über, denn die Oberfläche verdient nichts weniger als das Prädikat «genial». Wenn es bei einer App überhaupt so etwas wie eine Liebe auf den ersten Blick geben kann, dann bei FCP.
Beim Erstkontakt wirken die Funktionen so spartanisch und überschaubar, dass man sich tatsächlich fragen muss, wo die unvermeidlichen Schalter und Knöpfe hingekommen sind. Es könnte sich genauso gut um iMovie handeln. Berührungsängste bis jetzt: null.
Die Arbeitsfläche verschreibt sich beim Start ganz dem Videoschnitt, wobei die Steuerung über Gesten erfrischend einfach und intuitiv erfolgt. Erst mit einem Tippen auf die vier Schaltflächen am unteren Rand eröffnen sich weitere Möglichkeiten:
So befinden sich die Werkzeuge für die Manipulation der Clips, für die Effekte oder Farbkorrekturen hinter der kurios getauften Schaltfläche Untersuchen. Werden diese Funktionen nicht gebraucht, werden sie einfach mit einem Tippen ausgeblendet. Aus den Augen, aus dem Sinn.