Swiss Software Industry Survey
29.10.2024, 10:09 Uhr
KI in der Softwareentwicklung: Ja, aber…
Schweizer IT-Firmen haben ein zwiespältiges Verhältnis zur KI-Nutzung bei der Softwareentwicklung. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Swiss Software Industry Survey (SSIS) der Universität Bern. Der Nutzen von KI ist unbestritten, dennoch tut man sich schwer damit.
Steht der Softwareindustrie mit KI ein Paradigmenwechsel bevor?
(Quelle: Alex Kotliarskyi auf Unsplash)
Auf den ersten Blick tauchen Zweifel an der Studie auf: Wie kann es sein, dass rund zwei Drittel der Schweizer Softwareunternehmen durchaus positiv gegenüber eingestellt sind und darin gar einen Mehrwert für ihre Geschäftstätigkeit sehen, aber mehr als 70 % gar keine konkrete KI-Strategie haben? Ein ähnlich verzerrtes Bild zeigt, dass etwa die Hälfte der Softwarefirmen KI für die Entwicklung und Wartung von Software nutzen, jedoch Steuerungsgremien für KI (12,4 %) oder die Verankerung klarer Zuständigkeiten (31 %) selten anzutreffen sind.
Bereits 46,8 % der Unternehmen nutzen KI, um Softwarecode zu entwickeln und zu dokumentieren. In der Softwarewartung setzen 41,5 % auf KI.
Quelle: Swiss Software Industry Survey
Fehlende KI-Governance ist kein Kavaliersdelikt
Viel KI bei den Entwicklern, aber eine Laisser-faire Mentalität im Management – eine toxische Mischung, die nicht ohne ist. Wenn jeder zweite Softwareentwickler mit KI arbeitet, jedoch nicht geklärt ist, was die Folgen davon sind und wie man mit allfälligen Risiken umgeht, müssten spätestens im Verwaltungsrat die Alarmglocken läuten. Informeller Austausch zwischen Abteilungen und Mitarbeitenden sind laut SSIS offenbar weit verbreitet, während eine transparente, verbindliche Governance vielerorts Mangelware ist. Diese «Zurückhaltung» könnte laut Studienleiter der Uni Bern daran liegen, dass der Umgang mit KI noch viele Unklarheiten birgt und informelle Praktiken als flexibler und innovationsfördernder gelten.
In Zukunft soll KI intensiver genutzt werden
Ein grosser Teil der befragen Softwarefirmen (86,2 %) sagen, dass sie KI erst in den letzten 18 Monaten mit der Nutzung von KI begonnen haben. Wir erinnern uns: Genau zu diesem Zeitpunkt begann der Hype um generative KI. Trotz offensichtlicher (Wettbewerbs-)Vorteile, welche KI bei der Entwicklung, Dokumentation und Wartung von Software bietet, lässt man sich nicht aus der Ruhe bringen.
86,2 % der Firmen, die KI einsetzen, haben dies erst in den letzten 18 Monaten getan.
Quelle: Swiss Software Industry Survey
Doch das soll sich künftig ändern. Die meisten Unternehmen planen nämlich, ihre Investitionen in KI deutlich zu steigern. 69,9 % wollen den Einsatz von KI in der Softwareentwicklung ausweiten, und 65,8 % beabsichtigen, dafür die Ausgaben spürbar zu erhöhen. Zudem setzen 62,3 % darauf, ihre Mitarbeitenden besser im Umgang mit KI zu schulen, um die Technologie effektiver in den Arbeitsalltag zu integrieren.
Trotz begrenztem aktuellem Einsatz planen die meisten Unternehmen, ihre Investitionen in KI deutlich zu steigern.
Quelle: Swiss Software Industry Survey
Fazit: Keine Strategie ist auch keine Lösung
Noch ist KI kein Wettbewerbsfaktor bei der Softwareentwicklung. Das kann sich jedoch schnell ändern, sobald überzeugende, sprich umsatzwirksame Use Cases vorliegen. Im Moment fehlt auch der Druck – sei dies von Kundenseite, von Partnern oder aufgrund technologischer Notwendigkeit. Die alten «Legacy»-Modelle funktionieren noch immer und sind eingespielt. Das könnte sich jedoch rasch ändern.