Tipps für Kampagnen 05.02.2019, 07:01 Uhr

YouTube: Effektiv werben auf der Video-Plattform

Das Video-Netzwerk hat in den letzten Wochen einige Änderungen bei der Einblendung von Werbeanzeigen vorgenommen. Wie können Unternehmen nun effektiv werben?
(Quelle: Fotolia.com/spxmedia)
Der Internet-Nutzer von heute ist auf seiner Suche nach relevanten Informationen sprunghaft und ungeduldig. Einfach und schnell konsumierbar muss Content daher sein. Eine Entwicklung, auf die YouTube die perfekte Antwort ist, denn nichts erreicht User besser als ein Video. Daher hat die weltweit grösste ­Video-Plattform nach eigenen Angaben auch 1,9 Milliarden Nutzer im Monat, die sich aktiv in das Netzwerk einloggen.
Gesehen werden laut YouTube die unzähligen Spots und Filme mittlerweile zu 70 Prozent über mobile Endgeräte und mehr als 180 Millionen Stunden am Tag über TV-Geräte. Doch dieser Service hat im wahrsten Sinne des Wortes seinen Preis.

Ein Faktor als sensible Grösse: der User

Obwohl die Google-Tochter keine konkreten Zahlen zu Betriebsausgaben kommuniziert, dürfte durch das Speichern und Bereitstellen unzähliger Videos allein der Serverbetrieb das Netzwerk jährlich Milliarden US-Dollar kosten. YouTube sucht daher kontinuierlich nach Möglichkeiten, seine Angebote zu monetarisieren. Dabei erweist sich aber ein Faktor als sensible Grösse: der User.
Im Sommer 2018 startete YouTube in mehreren Ländern, darunter Deutschland, ein Premiumangebot. Ähnlich etablierten Streaming-Diensten wie Netflix oder Spotify bietet die Video-Plattform seither Filme und Clips werbefrei über ein Abonnement an. Allerdings findet "YouTube Premium" bei den Usern wenig ­Anklang und der gewünschte Erfolg blieb bislang aus. Kurz vor Jahresende, also ­wenige Monate nach dem Start des Abo-Angebots, nahm das Netzwerk erste ­Anpassungen am Dienst vor, die das Aus für den "Premium"-Service andeuten: Die Eigenproduktionen "YouTube Originals", zuvor als exklusiver Abo-Inhalt an­geboten, sind seitdem frei verfügbar - werbefinanziert, versteht sich.
Doch auch beim Thema Werbung richtet sich alles nach dem Nutzer, wie Dirk Bruns, Head of ­Video Sales Central ­Europe von Google, erklärt: "Weniger Unterbrechungen korrelieren mit besseren Nutzermetriken, wie weniger Abbrüchen von Video-Inhalten oder mehr Aufmerksamkeitsraten gegenüber Anzeigen." Auch Jan Fassbender, Gründer und Experte der Info-Plattform "So geht YouTube", kennt das Phänomen: "Tests scheinen zu bestätigen, dass Nutzer lieber von wenigen ­längeren Werbepausen unterbrochen werden möchten als von vielen kurzen."
Für YouTube ergeben sich daraus Konsequenzen, die der vermeintlichen Natur der Nutzer entgegenkommen. Anstatt viele einzelne Werbeeinblendungen vor und in Videos zu setzen, spielt die Plattform diese Anzeigen nun in Doppel­blöcken aus. Dabei können die User die Werbespots entweder abbrechen oder sie bekommen Bumper-Videos angezeigt, die grundsätzlich eine Länge von nur sechs Sekunden haben. In einem Blogbeitrag des Netzwerks war ausserdem zu lesen, dass diese Art der Werbeausspielung dem User bis zu 40 Prozent weniger Unterbrechungen pro Sitzung beschert. Für Unternehmen und Werbungtreibende stellt sich seither die Frage, welchen Einfluss diese Optimierung der User ­Experience auf Anzeigen bei YouTube hat.

Überspringbare Video-Anzeigen und Bumper-Videos

Sowohl in der Desktop-Variante als auch über die App bietet YouTube den Anzeigenkunden drei Optionen, um ­Video-Werbung zu schalten. Von den Anpassungen des Netzwerks nicht betroffen sind "nicht überspringbare Videoanzeigen", die weiterhin vor oder innerhalb eines Videos platziert werden können. Hier bleibt der User gezwungen, sich die maximal 20 Sekunden des Werbespots vollständig anzuschauen, bevor er zum eigentlichen Inhalt gelangt oder zurückkehrt.
Sind Video-Anzeigen als "überspringbar" hinterlegt, können Nutzer diese nach fünf Sekunden Spieldauer jederzeit abbrechen und sich direkt zum Inhalt leiten lassen. Bei Bumper-Videos geschieht dies nach Ablauf des Werbe­Videos automatisch.
Doch wirken sich die letzten Änderungen nicht negativ auf die Sichtbarkeit von Video-Werbung an sich aus? Laut YouTube geschieht wohl das komplette Gegenteil. Ohne eine preisliche Änderung für Anzeigenkunden sollen bis zu elf Prozent mehr Nutzer erreicht werden, denen wiederum die Werbung häufiger angezeigt wird.
Der Sales-Verantwortliche von Google, Dirk Bruns, erklärt dazu: "Das neue Format zielt darauf ab, die Präferenzen der Zuschauer zu berücksichtigen und Unternehmen zu helfen, ihre Zielgruppen anzusprechen." Die vermeintlich angenehmere Wirkung der Anzeigen auf die User führt bei YouTube somit zu mehr Ausspielungen, weil die User nur ansehen, was sie interessiert. Ob damit sichergestellt ist, dass wirklich jeder Werbespot regelmässig zur Ausspielung kommt, wird sich jedoch erst zeigen. Bisher wirb die Video-Plattform noch mit ­einer Anzeigensichtbarkeit von 95 Prozent (Stand Juni 2018).
1. Display-Anzeige als gewöhnliche Banner-Platzierung
2. Gesponserte Infokarten sind erst sichtbar, wenn User sie über den Video-Player aktivieren. Über diese können nun auch Werbeanzeigen platziert werden.
3. Overlay-Anzeigen werden während des laufenden Videos für kurze Zeit eingeblendet.
Quelle: INTERNET WORLD BUSINESS

Display, Overlay und gesponserte Infokarten

Allerdings ist Video-Werbung auch nicht das Format für jeden Anzeigenkunden. Statische Anzeigen bleiben somit reizvoll und kommen bei YouTube sehr viel mehr zum Einsatz als im ersten Moment angenommen. Am auffälligsten sind Display-Anzeigen, die oberhalb der Video-Suche und Angebote angezeigt werden. Gemeint ist damit die Liste weiterer Clips, die beim Abspielen eines Videos auf dem Desktop rechts neben oder beispielsweise auf dem Smartphone unterhalb von diesem angezeigt wird. Ein ähnliches Format haben die "Overlay-Anzeigen", die am unteren Rand des YouTube-Players für bis zu 30 Sekunden über das Video gelegt werden. Diese können die Nutzer jedoch jederzeit per Klick ausblenden.
Ein gerade für Händler sehr reizvolles Format sind die "gesponserten Infokarten". Diese werden in laufenden YouTube-Videos am Rand eingeblendet, wenn User auf den „iButton“ in der rechten Ecke des Players klicken. Bisher wurden über diesen Weg andere Videos, Kanäle oder Webseiten angezeigt. Nun erlaubt es die Video-Plattform auch, hier Werbung zu platzieren.
"Eine solche Anzeige ist noch viel stärker in das YouTube-Ökosystem eingebaut und befindet sich genau dort, wo ein Creator Empfehlungen ausspricht", erklärt YouTube-­Experte Fassbender. Anstelle einer Platzierung im Film könnten beispielsweise Influencer über Infokarten direkt zu den Produkten führen.

Werbeausspielung anhand von User-Eigenschaften

Neben den verschiedenen Formaten und dem Nutzerverhalten bei Werbeeinblendungen hängt der Erfolg von Werbeanzeigen heute jedoch am meisten von der gezielten Ausspielung ab. Hier hat das Video-Netzwerk zuletzt einige direkte Verknüpfungen zu der potenziellen Zielgruppe präsentiert, die in naher Zukunft gewiss noch ausgeweitet werden.
Neuerdings können zu bestimmten Clips weiterführende Angebote eingeblendet werden. Wer sich einen Kino-Trailer anschaut, bekommt über YouTube die zeitlich nächste Möglichkeit angezeigt, den entsprechenden Film im nächstgelegenen Kino anzusehen. Zu Musik-Videos werden nun Karten für das nächste Konzert des Künstlers angeboten.
Auch wenn diese Verbindungen noch nicht für alle Anzeigenkunden funktionieren, so sind die Tracking-Optionen der YouTube-Nutzer doch weitreichend. Denn das Netzwerk profitiert von der Verbindung mit anderen Google-Produkten. "Werbung auf YouTube lässt sich auch abhängig von demografischen Merkmalen und Interessen ausspielen", erklärt Bruns. Informationen zu diesen User-Eigenschaften gelangen über die Google-Suche und über Google-Maps zur Video-Plattform und sorgen so für die richtige Anzeigenplatzierung.
Nach den letzten Entwicklungen stellt sich zu Anfang des Jahres natürlich auch die Frage, was als Nächstes kommt. Dirk Bruns ist sich sicher, dass sich "der Trend zur Werbung über Online-Videos weiterhin verstärken wird" und sieht auch für 2019 ein "enormes Potenzial für Werbe-Videos". Auch Jan Fassbender erkennt diesen Trend und meint: "Es wird immer wichtiger, die potenzielle Zielgruppe mit eigenen Videos direkt anzusprechen" - ­allerdings unter der bereits erwähnten Prämisse, Werbebotschaften innerhalb weniger Sekunden eines Spots zu vermitteln.
Dabei sind YouTube User noch am besten zu erreichen, denn nur die Hälfte von ihnen springt bei gewöhnlichen ­Videos nach spätestens 30 Sekunden ab - im Vergleich zu schnelllebigen Social-Media-Plattformen ein durchaus beachtlicher Wert.
So bleibt für Unternehmen und Marken nur die Hürde der Video-Produktion, was bei den heutigen Möglichkeiten kaum mehr für eine Ausrede reicht. Der Tipp vom Video-Experten Fassbender lautet hier: "Es ist wichtig, potenzielle Kunden von Anfang an mit einem Video zu fesseln. Denn nur, wenn sich der Nutzer Werbung freiwillig ansieht, wird man ihn überzeugen können." Somit hängt der ­Erfolg einer Video-Kampagne wohl zuerst von der Kreativität des Werbungtreibenden ab.

Interview mit Dirk Bruns, Head of Video Sales Central Europe von Google

Videowerbung wird nun in Zweier-Blöcken ausgespielt, allerdings auch mit der Option, diese abzubrechen. Spricht dies nicht vielmehr gegen eine Video-Kampagne auf YouTube?
Dirk Bruns: Unsere Untersuchungen zur Nutzererfahrung deuten darauf hin, dass die Zuschauer sehr empfindlich auf die Häufigkeit von Werbeunterbrechungen reagieren - insbesondere bei einer längeren Sehdauer. Weniger Unterbrechungen korrelieren mit besseren Nutzermetriken wie zum Beispiel weniger Abbrüche von Video-Inhalten und höhere Aufmerksamkeitsraten gegenüber Anzeigen. Wir geben den Zuschauern die Möglichkeit, Werbevideos direkt zu überspringen, wenn diese sie nicht ansprechen. Das Ausspielen von Zweier-Blöcken bezieht sich lediglich auf überspringbare Video- sowie Bumper-Anzeigen.

YouTube erklärt in einem Blog-Beitrag, dass User, die Werbung vollständig ansehen, danach weniger Werbung angezeigt bekommen. Wie wirkt sich das auf die Sichtbarkeit von Videoanzeigen aus?

Bruns: Wenn Nutzer zwei Werbeanzeigen direkt hintereinander ansehen, bedeutet das nicht, dass es weniger Werbeplätze gibt. Es bedeutet nur, dass Zuschauer nicht beim Anschauen eines Videos häufiger unterbrochen werden. Erste Versuchsergebnisse zeigen eine Steigerung der Reichweite für Werbungtreibende um acht bis elf Prozent, ohne Auswirkungen auf die Werbewirkung. Das neue Format zielt darauf an, die Präferenzen der Zuschauer zu berücksichtigen und Werbungtreibenden zu helfen, ihre wichtigsten Zielgruppen anzusprechen.

Wie kann ich als Werbungtreibender dafür sorgen, dass gerade meine Anzeige bei bestimmten User-Parametern wie Standort oder Interesse angezeigt wird?

Bruns: Videoanzeigen können lokal oder weltweit ausgestrahlt werden. Werbungtreibende können ihre Videoanzeigen im ganzen Land oder begrenzt auf eine Stadt schalten - oder eine Kombination aus beidem verwenden. Daneben lässt sich Werbung auch abhängig von demografischen Merkmalen und Interessen ausspielen. Die Werbung kann auf Alter, Geschlecht, Familienstatus oder Haushaltseinkommen der Kunden abgestimmt werden. Weiterhin profitieren Werbungtreibende von den Signalen anderer Google-Produkte, wie Google Maps oder der Google-Suche, die viele neue Targeting-Optionen bieten. Damit wird das Auffinden der Zielgruppe noch genauer. Es stehen über 100 Interessen zur Auswahl, um sich auf ganz bestimmte Kunden zu konzentrieren. Werbungtreibende können die Kategorien beliebig kombinieren, um ihre gewünschte Zielgruppe zu erreichen.




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