Neues Telemediengesetz 16.09.2015, 18:43 Uhr

Deutsche Bundesregierung lockert WLAN-Störerhaftung

Das neue Telemediengesetz soll unter anderem die Verbreitung kostenloser WLANs fördern. Die IT-Verbände eco und Bitkom sehen aber gravierende Auswirkungen des Gesetzes auf deutsche Internet-Unternehmen.
(Quelle: Shutterstock/pabmap)
Anbieter von WLAN-Hotspots können künftig nicht mehr für Rechtsverstösse ihrer Kunden haftbar gemacht werden, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. „Dafür muss er sein WLAN angemessen gegen den unberechtigten Zugriff sichern und die Zusicherung des Kunden einholen, dass der keine Rechtsverletzungen begehen werde“, schreibt die deutsche Bundesregierung in einer Stellungnahme zum neuen Telemediengesetz.
Bernhard Rohleder vom Bitkom-Verband: „Das Problem sind nicht die geltenden Gesetze, sondern deren Durchsetzung.“
Quelle: Bitkom
Die IT-Verbände eco und Bitkom kritisieren die Änderung trotzdem: So sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder, dass „es ausreichen sollte, dass Nutzer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des öffentlichen WLANs bestätigen“. Dieses Verfahren habe sich international bewährt. Stattdessen verlange die Bundesregierung von einem Betreiber eines öffentlichen WLANs nun, dass er „an jeden Nutzer einen Zugangscode vergeben muss“.

Neue Regeln für Host-Provider

Eine weitere Änderung im neuen Telemediengesetz stösst den Verbänden sogar noch saurer auf. So sollen sich laut Bundeskabinett „Host-Provider – also Anbieter, die fremde Inhalte für Dritte speichern – dann nicht auf das Haftungsprivileg berufen können, wenn ihr Geschäftsmodell im Wesentlichen in der Verletzung von Urheberrechten besteht“. Der eco wirft der Bundesregierung vor, dass der „neu eingeführte undefinierte Begriff der ‚gefahrgeneigten Dienste‘ sich potenziell auf die gesamte Host-Provider-Branche negativ auswirken werde und so zahlreiche etablierte und allgemein anerkannte Geschäftsmodelle wie cloud-basierte Services, Medien-Plattformen und Social-Media-Dienste kriminalisiert werden“.
Auch aus Sicht des Bitkom wird „diese Regelung nicht dazu führen, Urheberrechtsverstösse einzudämmen oder gar zu verhindern“. Bitkom-Vertreter Rohleder sagte: „Das Problem sind nicht die geltenden Gesetze, sondern deren Durchsetzung. Illegale Plattformen sind in der Regel nicht in Deutschland angesiedelt. Die für den Service notwendigen Server stehen in nahezu allen Fällen unerreichbar im Ausland.“ Das mache es schwer, die Dienste vom Netz zu nehmen.
Die neue Regelung werde stattdessen dazu führen, dass auf die legalen Host-Provider „ein enormer Aufwand“ zukomme, weil diese „anhand der aus Bitkom-Sicht schwammig formulierten Kriterien nachweisen müssen, dass sie nicht illegal handeln“. Nach Ansicht des eco-Verbands kann ausserdem „der Anwendungsbereich und die inhaltliche Reichweite der Host-Provider-Privilegierung nicht national festgelegt werden“. Die geplante Regelung stehe damit im Widerspruch zur europäischen Strategie für den digitalen Binnenmarkt.
„Dieser Gesetzesentwurf sorgt systematisch und rechtlich für Chaos“, kommentierte Dieter Frey, Medienrechtsexperte und Verfasser eines Gutachtens zur Host-Provider-Haftung (PDF). Oliver Süme, eco Vorstand Politik & Recht ergänzt: „Die Regelung ist ein Zugeständnis an die Partikularinteressen der Rechteinhaber, insbesondere der Musikindustrie.“



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