Serie, Teil 2 11.03.2016, 12:30 Uhr

YouTube-Marketing: So funktionieren Performance- und Branding-Kampagnen

Nicht nur für die Verbreitung eigener Video-Inhalte ist YouTube ein wichtiger Kanal. Die Videoplattform eignet sich auch für Branding- und Performance-Werbekampagnen.
(Quelle: Shutterstock.com/Annikei)
Von Ralf Zmölnig
Kaum ein Werbungtreibender kann sich heute noch dem Google-Kosmos verschliessen. Adwords und Co sind längst feste Bestandteile in den Mediaplänen deutscher Unternehmen. Eine Präsenz mit eigenen Videos auf YouTube gehört selbstverständlich dazu. Aber wie sieht es mit entsprechenden Budgets für bezahlte Werbung auf YouTube aus? Schliesslich handelt es sich bei der Videoplattform um die zweitgrösste Suchmaschine der Welt. Hier tun sich - im Gegensatz zur Werbung auf Google - noch viele Chancen auf, doch erstaunlich wenige Unternehmen im deutschsprachigen Raum nutzen alle Möglichkeiten.
Wer sich auf YouTube beispielsweise auf die Suche nach trendigen Themen wie "BMW i8 Test" begibt, findet ausser vielleicht durch Retargeting getriggerte Ads keinerlei Werbung - weder von BMW noch von anderen Automobilherstellern. Tesla, wo bist du? Und BMW, wo ist übrigens dein Youtube-Kanal?
Anders sieht das in den USA aus. Dort sind bei der entsprechenden Suchanfrage "BMW i8 review" gleich zwei Wettbewerber in Form von TrueView In-Search Ads über den organischen Ergebnissen vertreten. Ganz vorn: AMG, die Sport-Division von Mercedes-Benz.

Der deutsche Marketer ist noch zu sehr auf TV fixiert

Warum deutsche Werber dieses Feld für sich noch nicht erschlossen haben, bleibt ihr Geheimnis. Ein Erklärungsansatz lautet, dass der deutsche (Online-)Marketer beim Thema Bewegtbild immer noch zu sehr auf das Medium TV fixiert ist - bei You­Tube-Reichweiten von bis zu 95 Prozent je nach Altersgruppe ein grober Schnitzer. Insbesondere wenn man daran denkt, wie beharrlich sich zum Beispiel gerade junge Altersgruppen vom Wunsch, einen eigenen Pkw zu besitzen, entfernen.
Spannend bleibt natürlich, wo die Reise mit YouTube als Tochter eines sehr dynamischen Konzerns hingeht, Stichwort YouTube Red. Diese kostenpflichtige Mitgliedschaft ist derzeit nur in den USA für zehn Dollar monatlich erhältlich. Sie ermöglicht den Nutzern neben der Gelegenheit, Videos offline zu speichern, unter anderem den werbefreien Konsum der Inhalte. Eine Attacke auf Netflix, Watchever und Musik-Streaming-Dienste? Zumindest ist es eine Beschneidung werblicher Reichweite zugunsten eines Bezahlmodells.
Es zeigt sich, dass besonders deutsche Unternehmen hier überraschend viel ­Potenzial verschenken und die Möglichkeiten des Online-Marketings in diesem Kanal nicht annähernd ausschöpfen - ­obwohl dies relativ einfach wäre, insbesondere wenn man schon Google-­Adwords-Kunde ist.

Google Adwords: Eine Oberfläche für alles

Seit Mitte 2015 hat Google "Adwords für Videos" direkt in Adwords integriert. So können sämtliche kampagnenrelevanten Einstellungen, Daten und Statistiken zentral an einer Stelle verwaltet, eingesehen und gesteuert werden. Ausgesteuert werden diese entweder auf Keyword-Basis oder über eine Reihe von Targeting-Optionen. Dazu gehören unter anderem die Ausrichtung nach Alter, Geschlecht, Standort und Interessen - die Auswahl der möglichen Anzeigenformate ist umfangreich. Was für den amerikanischen Werber der Spot während des Super Bowl, ist für den deutschen Online-Marketer das Masthead bei YouTube. Diese ­exklusive Anzeige kann laut Branchenkreisen bis zu 100.000 Euro pro Tag kosten.
Wichtig generell: Um auf oder in Videos von Nutzern der Plattform zu werben, müssen diese explizit zur Monetarisierung freigegeben sein. Das zieht eine standardmässige Überprüfung der hochgeladenen Videos nach sich. Damit versucht Youtube sicherzustellen, dass der Urheber alle ­erforderlichen kommerziellen Nutzungsrechte an bestimmten beziehungsweise ­allen Inhalten des Videos besitzt. So werden etwa Videos, die zum Teil aus anderen zusammengeschnitten wurden, in der ­Regel nicht zur Monetarisierung seitens Google freigegeben. Auch bei Nacktszenen, die trotz "no nipples policy" unter pädagogischen, wissenschaftlichen, dokumentarischen oder künstlerischen Gesichtspunkten freigegeben werden, ist es nicht möglich, diese werblich zu nutzen.

Analysetool zeigt auf, wie Nutzer Videos sehen

Der Publisher der Videos, auf oder in ­denen geworben wird, kann auf YouTube Analytics zurückgreifen. Das Tool liefert ihm eine Reihe umfangreicher Informationen zu den Videos, es stehen ihm aber auch Statistiken zu den Einnahmen und Anzeigenleistungen zur Verfügung.
Die Videokampagnen wiederum weisen mannigfaltige und wertvolle Leistungs­daten aus, angefangen von den reinen Aufrufen oder der Aufrufrate bis zum durchschnittlichen CPV (Cost per View). Der CPV ist der durchschnittliche Betrag, den ein Werbungtreibender bezahlt, wenn sich ein User die Video-Anzeige 30 Sekunden beziehungsweise vollständig ansieht.
Aber auch die Klicks und die Klickrate, analog zu den Adwords, werden ausgewiesen. Spannend wird es etwa bei der Interaktionsleistung. YouTube spricht von Interaktionen bei Klicks auf interaktive ­Elemente wie Call-to-Action Overlays, Teaser oder Symbole, die mit dem Ziel getätigt werden, die Infokarten zu maximieren, die ein Video möglicherweise enthält.
Sehr spezifisch sind die Statistiken zum Videopublikum, bei Google auch "Quartilstatistik" genannt (nicht zu verwechseln mit „Quartal“). Diese Viertelwerte sagen ­etwas über die Häufigkeit aus, mit der ein Video zu 25, 50, 75 oder 100 Prozent ausgespielt wurde. In diesem Kontext wird auch der Wert "Zuschauerbindung" ausgewiesen, welcher die durchschnittliche Wiedergabedauer in Prozent für alle Aufrufe eines Werbevideos angibt. Wenn etwa die Zuschauerbindung bei In-Display-Anzeigen nach 60 Prozent erheblich sinkt, ist das ein eindeutiger Indikator dafür, dass die darauffolgenden Abschnitte verbessert oder das Video ­gekürzt werden muss.
Inzwischen gibt es sogar smarte Marketer, die ­geplante Fernsehspots vor dem TV-Start auf YouTube testen, um sie erst nach der Optimierung, die speziell die Quartilstatistik im TV berücksichtigt, abzuspielen. Denn diese Nutzungs­daten bleiben dem Kanal Online beziehungsweise YouTube vorbehalten.

Schnelle Botschaft hilft, Werbegeld zu sparen

Für TrueView-In-Stream-Anzeigen gilt: Diese sind auf YouTube - bis auf wenige Ausnahmen - nur dann erfolgreich, wenn sie kurz und knackig sind. Denken Sie ­daran: Der User kann In-Stream-Video-Anzeigen bereits nach fünf Sekunden überspringen. Dementsprechend sollte die Kernbotschaft des Werbevideos möglichst früh im Video transportiert werden. Cooler Trick für clevere Werber: Die Kernbotschaft schnell und erfolgreich platzieren und dann die vom User genutzte ­Wiedergabedauer bewusst nach unten drücken. Damit bleibt der Werbungtreibende unter 30 Sekunden, was keine Kosten für den bis dahin stattgefundenen Werbekontakt verursacht.
Bei den TrueView-In-Display-Anzeigen rät Google selbst: "Damit sich der Einsatz für Sie auf YouTube lohnt, brauchen Sie ­Videos, deren Inhalt eine Beziehung zu den YouTube-Nutzern schafft, die über die herkömmliche Beziehung zwischen Werbungtreibendem und Kunden hinausgeht. Mit Videos, deren Inhalt nur aus gewöhnlicher Werbung besteht, werden Sie es wahrscheinlich schwer haben, das ­Interesse der Nutzer an Ihrer Marke zu steigern.“
Geschätzt und erfolgreich sind interessante Inhalte. Werbevideos, entsprungen der heilen Marketingwelt unverbesserlicher Offline-Marketer, die gewöhnliche Werbung platzieren wollen, finden hier nicht ihr Publikum.

Werbung auf Youtube ist (noch) recht günstig

Je nach Modell beziehungsweise Format erfolgt die Abrechnung wie bei den klassischen Adwords auch hier auf Klickbasis. Aufgrund der unterdurchschnittlichen Präsenz von Marken, Herstellern, Händlern und Co sind die Klickpreise auf YouTtube insbesondere in kompetitiven Um­feldern derzeit ein Dorado für Online-Marketer mit einer Passion für optimierte Werbebudgets.




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