Content Marketing: Die Medaille hat zwei Seiten

Ein Verhaltenskodex für Content Marketing?

Das Problem, wenn die Werbung im Journalismus-Pelz daherkommt: sie sieht zwar so aus wie Journalismus, muss sich aber nicht an die gleichen Regeln halten. "So entsteht beim Leser schnell der fälschliche Eindruck, dass sie auch journalistischen Standards wie Unabhängigkeit und Neutralität Genüge tun wie eine käuflich erworbene Zeitung oder Zeitschrift", schreiben Frühbrodt und Floren. Der Pressekodex greift bei Unternehmenskommunikation natürlich nicht, aber auch der PR-Kodex, der eigentlich eine klare Absendertransparenz fordert, ist nur am Rande obligatorisch: Es ist freiwillig, sich an dessen Regeln zu halten.
Frühbrodt fordert daher einen Verhaltenskodex für Content Marketing. Und der soll Unternehmen und Agenturen dazu verpflichten, sich ganz klar an Transparenz zu halten. Das sei besonders wichtig, da viele User und Leser das Konzept Content Marketing noch nicht kennen, die Angebote aber trotzdem nutzen, so Frühbrodt. Jubelschreie und Kooperationsversprechen werden auf Seiten der Unternehmen über Frühbrodts Vorschlag wohl nicht zu hören sein. E-Plus zum Beispiel gibt selbst zu, dass Curved bei Weitem nicht so erfolgreich wäre, wäre der Absender klar zu erkennen.

Unernehmen übernehmen Meinungsbildung

Die Studie verheisst aber noch schlimmeres. Letztendlich könnte Content Marketing auch Einfluss auf die Meinungsbildung haben, wenn es den klassischen Journalismus langsam immer mehr ablöst. "Die Zunahme des 'Unternehmensjournalismus' ist ein Indikator dafür, dass die Unabhängigkeit des Journalismus gefährdet ist und damit langfristig eine wichtige Säule der Demokratie“, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung. Im schlimmsten Falle bekommt die Wirtschaft damit also noch mehr Macht und ersetzt den Journalismus langsam und heimlich als vierte Gewalt.
Dass damit der Teufel nicht an die Wand gemalt wird, zeigt ein Blick dorthin, wo bekanntlich die Trends entstehen - in die USA. Dort ist es schon so weit, dass der Öl-Gigant Chevron eine ganze Tageszeitung im Internet für sich gepachtet hat. Den "Richmond Standard" hat man nach der Pleite einfach übernommen. So berichtet das Unternehmen dort über lokale Politik, Wirtschaft und tagesaktuelle Ereignisse - und hat die örtliche Presse durch mit Werbe-Couleur überzogenem Content Marketing ersetzt.




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