"The future is private"
02.05.2019, 21:02 Uhr
F8 2019: So will Mark Zuckerberg Facebook umkrempeln
Mark Zuckerberg setzte auf der Facebook-Entwicklerkonferenz F8 ganz auf Datenschutz, Sicherheit und Privatsphäre seiner Facebook-Familie. Zudem präsentierte er Facebook im neuen Design sowie neue Shoppingfunktionen im Instagram-Feed und Produktkataloge in WhatsApp.
Torsten Oppermann, Gründer und Geschäftsführer der Omnichannel-Marketing-Agentur MSM.digital
(Quelle: MSM.digital)
Von Torsten Oppermann, Gründer und Geschäftsführer, MSM.digital
"It isn`t about a few new features, it`s about changing our company", sagte Mark Zuckerberg in seiner Keynote auf der zehnten Facebook-Entwicklerkonferenz F8, die am 30. April und 1. Mai 2019 im kalifornischen San José stattfand. Damit war die Richtung des (fast) jährlichen Events vorgegeben: Neue Strategie statt Fokus auf Entwickler-Tools. Für einige der rund 5.000 anwesenden Entwickler sicher eine Überraschung. Andererseits war klar, dass Zuckerberg nach den jüngsten Datenpannen, die noch auf Cambridge Analytica folgten, nicht einfach so weitermachen konnte. Zwar litten Umsatz und Nutzerzahlen sowie Börsenkurs erstaunlicherweise nicht, alle stiegen im ersten Quartal 2019 sogar weiter. Doch Zuckerberg hat aus den Datenskandalen gelernt: Er setzte auf der F8 ganz auf Datenschutz, Sicherheit und Privatsphäre seiner Facebook-Familie, zu der neben Facebook auch WhatsApp, Instagram, der Facebook-Messenger und die Hardware-Produkte Portal und Oculus gehören.
Öffentlicher Marktplatz und privates Wohnzimmer
Mark Zuckerberg kündigte nicht weniger an als eine komplette Neuausrichtung von Facebook. Privatsphäre und Sicherheit werden ab sofort produktübergreifend in jeden Bereich integriert - von der Infrastruktur bis zur App. Die neue Strategie basiert auf sechs Prinzipien: private Interaktionen, Verschlüsselung, verkürzte Datenhaltung (Speicherung), Sicherheit, Interoperabilität und sichere Datenspeicher. Dabei teilt der Konzern die Netzwerke nun in zwei Kategorien ein: Öffentliche Marktplätze und private Räume, gleichsam Wohnzimmer. Facebook und Instagram sollen weiter als "digitale öffentliche Marktplätze" für grössere Communities bestehen. Daneben will Facebook sichere, private digitale Kommunikationsräume aufbauen, mit zusätzlichen Instrumenten für private Zahlungen und Handel. Geschlossene Gruppen seien der am schnellsten wachsende Bereich der Online-Kommunikation, sagt der Facebook-Chef.
Netzwerke - sozial, sicher, schnell
Da ist es folgerichtig, wenn Facebook ein privates soziales Netzwerk anstrebt, das über alle Plattformen nutzbar ist: Das Zentrum bildet der Facebook-Messenger, der auf eine sichere End-to-End-Verschlüsselung umgestellt wird und mit Instagram und WhatsApp eine plattformübergreifende Kommunikation erlauben soll. Dafür wird im Messenger ein Newsfeed-Bereich für enge Freunde integriert, in dem Links, Bilder und Videos geteilt werden können. Diese Entwicklung ist sinnvoll, vereinfacht und sichert sie doch die Kommunikation und schafft Vertrauen beim Nutzer. Der Messenger wurde ausserdem getunt: Im "Projekt Lightspeed" soll er nur noch ein Viertel des Speicherplatzes (kleiner als 30 MB) benötigen und in unter 1,5 Sekunden starten.
Facebook im neuen Look and Feel
Facebook macht seine Neuausrichtung aber auch sichtbar und spürbar. Die Facebook App und Webansicht wurden völlig neu designt und kommen nun leichter, übersichtlicher und weiss statt blau daher (in Deutschland kommt die Umsetzung später). Gruppenvorschläge und Chatfunktionen stehen künftig im Mittelpunkt. Denn: Gruppen werden nun so wichtig wie Freundschaften, sie sollen abgeschottete Interessengemeinschaften erlauben, ob für Events, Hobbies, Gaming, die Jobsuche oder für Marken-Welten. Interessant für Marken: Es wird auch Buy & Sell-Groups geben mit Shopping-Funktionalität und direkter Bezahlung.
Was haben Marken davon?
Für Marken und Marketer werden die Interessengemeinschaften im Facebook-Universum eine grosse Chance bieten, eigene Gruppen zu eröffnen und Nutzer direkt anzusprechen und zu engagieren. Ausserdem können Nutzer via Messenger bald Termine buchen, ob beim Friseur, im Restaurant oder am klassischen Point of Sale. Hier sehe ich besonders für grosse Marken aus den Bereichen der Consumer Elektronik eine Riesenchance, dem Kunden die Produkte im Showroom des POS live zu zeigen - und via Messenger im Nachgang mit dem Kunden im Kontakt zu bleiben.
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Quelle: Torsten Oppermann
Ein steiler Weg
Facebooks neuer Weg ist steil. Die Neuausrichtung hin zu privaten Datenräumen, statt nur "öffentlicher Marktplätze" dürfte besonders auch vielen Entwicklern ein Umdenken abverlangen. Sie erhalten künftig weniger Zugang zum Datenpool von Facebook, ebenso wie Facebook selbst keinen Zugriff mehr zu den End-to-End-verschlüsselten Botschaften in den Messengern hat. Die neue Strategie dürfte jedoch langfristig das Werbegeschäft befördern, denn Marken wollen auf sicheren und akzeptierten Plattformen werben. Brand Safety und Datenschutz sind nicht nur Worte, sondern eine Notwendigkeit, das hat Zuckerberg verstanden. Ob diese Strategie auch wie gewünscht steil nach oben führt, wird die Zukunft zeigen.