Der Fall Apple versus Facebook 04.02.2019, 12:55 Uhr

Wie weit darf die Macht von Plattform-Betreibern gehen?

Facebook und Google brachten Marktforschungs-Apps mit weitreichendem Zugriff auf Nutzerdaten auf das iPhone - an Apple vorbei. Danach griff der iPhone-Konzern hart durch. Das Scharmützel löste auch eine Debatte über die Macht von Plattform-Betreibern aus.
Apple bietet Unternehmen die Möglichkeit, hauseigene Apps oder Testversionen direkt auf iPhones oder iPads ihrer Mitarbeiter zu bringen, ohne die Anwendungen im allgemein zugänglichen App Store von Apple zu veröffentlichen.
(Quelle: Maja Hitij)
Apple hat Facebook und Google nach kurzzeitiger Blockade die Möglichkeit zurückgegeben, interne Apps auf die iPhone-Geräte ihrer Mitarbeiter zu laden. Der iPhone-Konzern hatte die dafür nötigen Software-Zertifikate gelöscht, nachdem herauskam, dass die Unternehmen auf diesem Wege jahrelang Marktforschungs-Apps an Studienteilnehmer an Apple vorbei verteilt hatte. Nach den Bestimmungen von Apple hätten sie diesen Distributionsweg nur intern nutzen dürfen.
Bei Facebook waren die internen Anwendungen - wie etwa Testvarianten künftiger Versionen von Instagram - über einen Tag abgeklemmt. Im Fall von Google wurden die Zertifikate schneller wiederhergestellt. Die Blockade behinderte die Software-Entwicklung bei den Unternehmen - legte aber auch interne Apps etwa zur Organisation der Mitarbeiter-Beförderung lahm.
Apple bietet Unternehmen die Möglichkeit, hauseigene Apps oder Testversionen direkt auf iPhones oder iPads ihrer Mitarbeiter zu bringen, ohne die Anwendungen im allgemein zugänglichen App Store von Apple zu veröffentlichen. Damit das möglich ist, bekommen sie spezielle Software-Zertifikate zugewiesen, die an die Mitarbeiter verteilt werden dürfen. Die Verteilung von Apps an externe Nutzer auf diesem Wege wertet Apple aber als einen Missbrauch des Dienstes. Die Anwendungen, die mit Hilfe der Zertifikate auf die Geräte kommen, werden nicht von Apple geprüft - anders als bei der Betatest-Plattform des Konzerns mit dem Namen "TestFlight".

Facebook Research

Die vergangene Woche bekanntgewordene Marktforschungs-App "Facebook Research" sicherte sich bei der Installation so tiefgreifenden Zugang Daten auf dem Gerät, um das Nutzungsverhalten der Anwender zu beobachten. Die App habe unter anderem auf Unterhaltungen in Chat-Diensten, verschickte Fotos und Videos, Adressen besuchter Webseiten und auch Daten aus Ortungs-Anwendungen zugreifen können, sagte IT-Sicherheitsexperte Will Strafach nach einer Analyse der Anwendung dem Blog "TechCrunch".
Apple hätte eine solche App mit ziemlicher Sicherheit nicht auf seine Download-Plattform gelassen. Facebook nutzte aber sein Unternehmenszertifikat für die Verteilung der App an die externen Studienteilnehmer. Das Netzwerk setzt schon länger auf die Erforschung von Online-Gewohnheiten, um Trends und neu aufkommende Rivalen frühzeitig zu erkennen. Zuvor gab es dafür auch die frei verfügbare App "Onavo", die Apple im vergangenen Jahr nach einer Verschärfung der Datenschutz-Regeln aus dem App Store warf.

Auch Google nutzte Umfrage-App

Facebook betonte, die Nutzer im Alter von 13 bis 35 Jahren seien über die Datensammlung informiert worden. Bei Minderjährigen sei auch die Bestätigung der Eltern eingefordert worden, hiess es - auch wenn zunächst unklar blieb, auf welchem Wege. Zugleich kündigte das Netzwerk an, die seit 2016 eingesetzte App einzustellen. Doch Apple zog noch schneller den Stecker mit der Annullierung der Zertifikate, die dann auch sämtliche intern genutzten Facebook-Apps lahmlegte.
Danach kam heraus, dass auch Google eine Marktforschungs-App mit weitreichenden, wenn auch weniger aggressiven Zugriffsmöglichkeiten über Firmen-Zertifikate auf iPhones brachte. Der Internet-Konzern zog sie zurück und erklärte "TechCrunch", dass es ein Fehler gewesen sein. Wenige Stunden später bekam auch der Internet-Konzern Probleme mit Zertifikaten für seine unternehmensinternen Apps.
In der Nacht zum Freitag stellte Apple Facebook dann neue App-Zertifikate aus, wie das Online-Netzwerk unter anderem der Website "Axios" bestätigte. Neue Zertifikate für Google folgten wenig später, wie das Unternehmen der Website "Ars Technica" mitteilte.

Zuspruch und Kritik

Das Vorgehen von Apple löste im Netz und in Medien sowohl Zuspruch als auch Kritik aus. Einige Beobachter sahen darin eine konsequente Durchsetzung von Regeln, ohne Rücksicht darauf, wie gross die betroffenen Unternehmen sind. Ein Autor der "New York Times" fantasierte sogar, Apple könnte auch die Verbraucher-Apps von Facebook aus seiner Download-Plattform werfen, um das Online-Netzwerk schliesslich zu strikterem Datenschutz zu zwingen.
Andere wie das Technologieblog "The Verge" zeigten sich besorgt darüber, dass Plattformbetreiber wie Apple dieses Ausmass von Kontrolle darüber haben, welche Apps auf den Geräte laufen dürfen.
Eine Überlegung hinter dem Komplett-Rückruf der Zertifikate könnte neben einer Strafe für den Missbrauch des Dienstes sein, definitiv alle Apps zu erwischen, die möglicherweise gegen die Regeln verstiessen.
Das Verhältnis von Apple und Facebook ist bereits angespannt. So hatte Apple-Chef Tim Cook wiederholt Facebooks Umgang mit Nutzerdaten kritisiert und sich vom Geschäftsmodell des Online-Netzwerks abgegrenzt. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bezeichnete solche Kritik als "extrem aalglatt" und rechtfertigte das Geschäftsmodell, mit dem Facebook wertvolle Anwendungen kostenlos anbieten könne.




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