30.08.2006, 00:00 Uhr

Zürcher Experte relativiert Brandgefahr von Notebook-Akkus

Explodierende Akkus und geschmolzene Notebookgehäuse sind in den vergangenen Wochen ins Bild der Öffentlichkeit gerückt. Den Rahmen dafür lieferten die Computerhersteller Dell und Apple, die mit grossen Rückholaktionen knapp sechs Millionen Akkus aus dem Verkehr ziehen wollen. In Zusammenhang mit dem Flugverkehr erreicht die Akkuproblematik eine neue Dimension. So berichtet die US-Luftfahrtbehörde von einigen Vorfällen mit defekten Akkus während des Fluges. Der Akku-Experte Rolf Zinniker vom Electronics Laboratory an der ETH Zürich beruhigt jedoch im pressetext-Interview: "Im Prinzip sind die Akkus sehr sicher." Auf dem Lufthansa-Flug 435 von Chicago nach München ging am 15. Mai eine Laptoptasche im Handgepäck der ersten Klasse in Flammen auf. Im vergangenen Februar fing ein Frachtflugzeug des United Parcel Service (UPS) während der Landung in Philadelphia Feuer. Das Flugzeug hatte unter anderem Lithium-Ionen-Batterien geladen. Nicht zuletzt deshalb wurde von Dell und Apple die Rückrufaktion gestartet. Die australische Airline Quantas hat in der vergangenen Woche die Benutzung der betroffenen Dell-Notebooks während des Fluges überhaupt verboten.

Potenzielle Gefahr seit Jahren bekanntDie potenzielle Gefahr, die von den Akkus ausgeht, ist in der Industrie seit Jahren bekannt und wurde bislang eher stillschweigend hingenommen. Hauptursache der häufiger werdenden Unfälle ist der harte Preiskampf mit Billiganbietern aus China. Wie sicher ein Akku ist, hängt von der Lade-Elektronik ab. Hier kann gespart werden. Die grossen Markenanbieter versuchen auf Grund des starken Preisdrucks an allen Ecken Kosten zu senken. Dass dies durchaus auch zu Lasten der Sicherheit geht, wurde in den vergangenen Wochen deutlich. Wurde bislang von bekannten Herstellern davor gewarnt, Billigprodukte zu kaufen, so hat es nun mit Sony sogar einen Grossen mit Markennamen getroffen. "Das Hauptproblem bei Lithium-Ionen-Akkus ist das Lithium", meint Zinniker. Lithium ist sehr instabil und reagiert auf Wasser unter Entwicklung von Wasserstoff sehr aggressiv. "Die Herstellung der Akkus ist schwierig und muss in einem Raum stattfinden, in dem unter ein Prozent Luftfeuchtigkeit vorherrscht", erläutert Zinniker. "Nicht von ungefähr kommt die Behauptung, dass es weltweit keine einzige Lithium-Ionen-Akku-Fabrik gibt, die noch nicht abgebrannt ist." Luftfeuchtigkeit könne bei einem defekten Akku zu einem grossen Problem werden. Kommt es zu Beschädigungen an Lithium-Produkten, kann dies zu einem Kurzschluss führen. Im schlimmsten Fall geht das Energiepaket in Flammen auf.

Im Prinzip sind Akkus sehr sicherIm Internet tauchen zudem Spekulationen darüber auf, ob das tatsächliche Ausmass der Akkuproblematik überhaupt gänzlich bekannt ist. Auf der Website der US-Verbraucherschutzorganisation Consumer Affairs berichtet der ehemalige Dell-Mitarbeiter Robert Day, dass im Zeitraum von 2002 bis 2004 Hunderte verbrannte Notebooks retourniert wurden. Es gäbe also weit mehr Fälle, als von offizieller Unternehmensseite bestätigt wurde. Dell spricht weltweit von sechs, Apple von neun Zwischenfällen. Days Angaben scheinen für Zinniker zu hoch: "Im Prinzip sind die Akkus sehr sicher, zumal die Produkte eine Schutzschaltung - die allerdings auch defekt sein kann - eingebaut haben, die bei Problemen den Akku lahm legt. Im vorliegenden Fall scheint zudem ein Produktionsfehler beim Hersteller für die Zwischenfälle verantwortlich zu sein. Im Vergleich zu den sechs Mio. zurückgerufenen Stück ist es also gefährlicher, über die Strasse zu gehen." Auch den Umfang der Rückrufaktion hält der Akku-Experte für übertrieben: "Es ist jedoch verständlich, dass sich die betroffenen Unternehmen absichern wollen, damit ihnen nachträglich nicht Untätigkeit vorgeworfen werden kann." (ph/pte) http://www.ife.ee.ethz.ch http://www.consumeraffairs.com



Das könnte Sie auch interessieren