Marktreport
25.02.2016, 23:08 Uhr
Drahtlose Musiksysteme: Hier spielt die Musik
Auf dem Markt für drahtlose Musiksysteme tummeln sich immer mehr Hersteller. Am Platzhirsch Sonos kommt derzeit noch keiner vorbei, die Konkurrenz holt aber auf.
(Quelle: Zeppelin)
Noch bis vor wenigen Jahren war das Thema Wireless HiFi-Sound auf eine Handvoll Anbieter beschränkt, allen voran natürlich Sonos sowie Bowers & Wilkins mit dem unverwechselbaren Zeppelin. Wer sich heute für ein solches Musiksystem ohne Kabel entscheiden will, sieht sich mit einer Vielzahl an Angeboten von den unterschiedlichsten Herstellern konfrontiert. So hat beispielsweise jüngst auch der eigentlich auf Digitalradios spezialisierte Anbieter Albrecht Audio, eine Marke des Funkspezialisten Alan Electronics, ein ausgewachsenes Multiroom-Konzept vorgestellt.
Auch wenn ein Hersteller wie Alan alleine kaum an der Marktposition der etablierten Branchengrössen rütteln wird – in ihrer Gesamtheit werden die vielen neuen Player doch dafür sorgen, dass die vormals so grossen Kuchenstücke nun für alle kleiner werden.
Die ständig steigende Zahl an Herstellern und Produkten erinnert ein wenig an den Boom in der Navigationsbranche vor rund zehn Jahren. Auch damals gab es plötzlich Geräte von Anbietern zu kaufen, die man vorher nie mit dem Thema in Verbindung gebracht hätte. Wie sich aber gezeigt hat, zerplatzte diese Blase recht schnell, und am Ende blieben nur wenige Hersteller übrig. Etwas Ähnliches dürfte auch beim Markt für drahtlose Sound-Systeme passieren.
Denn selbst wenn hier die Preise (noch) erstaunlich stabil sind – unter 100 Euro findet man kaum einen WLAN-Lautsprecher –, so sind die Qualitätsunterschiede doch enorm. Die meisten Firmen, die jetzt neu auf den Markt drängen, kaufen ihre Hardware in China, kleben ihr Marken-Label darauf und hoffen auf die grosse Nachfrage.
Doch oftmals sind die Boxen dann nicht mit der nötigen Sorgfalt zusammengebaut, oder es werden Komponenten in ein Gehäuse gesteckt, die in keinster Weise aufeinander abgestimmt sind.
Das Ergebnis ist neben einer schlechten optischen und haptischen Qualität auch ein mangelhaftes Klangbild, selbst wenn sich die Features auf dem Papier erst einmal gut lesen. Auch bei den Apps trennt sich hier die Spreu schnell vom Weizen, bei den meisten Newcomern gibt es entweder gar keine Smartphone-Anwendung oder diese ist mehr oder minder lieblos zusammengestrickt.
Das Ergebnis ist neben einer schlechten optischen und haptischen Qualität auch ein mangelhaftes Klangbild, selbst wenn sich die Features auf dem Papier erst einmal gut lesen. Auch bei den Apps trennt sich hier die Spreu schnell vom Weizen, bei den meisten Newcomern gibt es entweder gar keine Smartphone-Anwendung oder diese ist mehr oder minder lieblos zusammengestrickt.
Interessierte Kunden werden sich teilweise zwar von vermeintlichen Billigangeboten locken lassen. Doch gerade bei einem so emotionalen Thema wie Musik und einem Stück Hardware, das man sich kauft, weil man es will und nicht weil man es braucht, ist die Bereitschaft da, mehr Geld auszugeben. Auch aufgrund dieser Tatsache konnte es sich Platzhirsch Sonos im vergangenen Jahr erlauben, die Preise für seine Lautsprecher ein ganzes Stück zu erhöhen.
Hier profitiert der Marktführer auch von seinem starken Brand, den die US-Amerikaner seit Jahren hegen und pflegen. Nicht zuletzt deshalb und aufgrund der kontinuierlich gewachsenen Community beziehungsweise Fanbase ist es selbst für andere – durchaus prominente – HiFi-Hersteller wie etwa Philips, Sony oder Samsung immer noch schwer, Sonos auf dem Markt für drahtlose Sound-Systeme relevante Anteile abzujagen.
Das mag auch damit zusammenhängen, dass die hier beispielhaft genannten Anbieter neben Musikprodukten auch Geräte wie Smartphones, Fernseher oder Weisse Ware anbieten und so vom potenziellen Kunden nicht in erster Linie als Wireless- oder gar Multiroom-Spezialisten wie eben Sonos oder auch Bose oder Teufel wahrgenommen werden.
Wettbewerber drängen auf den Markt
Um dies zu ändern, wurde in Südkorea und Japan in den vergangenen Jahren viel in Forschung und Design investiert. So stellte Sony beispielsweise auf der diesjährigen CES mit dem Monolautsprecher ZR5 und dem grösseren Stereo-Speaker ZR7 zwei Multiroom-Geräte vor, die im Sommer für 230 beziehungsweise 350 Euro erscheinen sollen.
Mit dem Preis des ZR5 orientiert man sich, wie auch die Mitbewerber von Raumfeld, Samsung et cetera, am Play:1 von Sonos. Im Gegensatz zum kleinsten Sonos-Speaker beherrscht der neue Sony aber auch Bluetooth – und das auch mit dem Lossless-Übertragungs-Codec LDAC. Auch bei den Anschlüssen zeigt sich der ZR5 überlegen, einen USB-Eingang oder einen 3,5-mm-Klinkeneingang sucht man beim Play:1 vergebens. Zudem ist der Sony mit der Unterstützung von DLNA, Google Cast und eben Bluetooth deutlich weltoffener als das Sonos-Gegenstück, das ausschliesslich mit der entsprechenden App und nur im eigenen Sonos-Drahtlosnetzwerk funktioniert.
Objektiv betrachtet sollten das eigentlich die besten Voraussetzungen sein, um den Marktführer erfolgreich zu attackieren. Doch objektiv betrachtet hätte auch das iPhone mit seinen vielen Restriktionen wie dem eigenen Ladestecker, dem Zwang zu iTunes und so weiter das Nachsehen gegenüber Android.
Den Wettbewerbern jegliche Chance auf eine bessere Position am Markt abzusprechen, wäre dennoch fehl am Platze. Zum einen wächst der Markt insgesamt – auch durch die Marketingmassnahmen aller Anbieter – und zum anderen haben die Konsumenten jetzt endlich etliche Alternativen, die dem Marktführer in puncto Verarbeitungs- und Klangqualität sowie was den Bedienkomfort angeht mindestens ebenbürtig sind.
Ein neuer Herausforderer kommt in Gestalt von Sound United mit seiner Marke Polk Audio auf den Markt. Während der Hersteller hierzulande quasi unbekannt ist, spielt er in Nordamerika bereits seit vielen Jahren eine grosse Rolle und ist Sonos schon gefährlich nahegekommen.
Jetzt wollen die US-Amerikaner auch in Europa und vor allem im wichtigen deutschen Markt Fuss fassen und verkaufen seit kurzem ihre umfangreiche Produkt-Range, zu der auch der Omni S6 gehört. Dieser tritt als Konkurrent des jüngst präsentierten Play:5 von Sonos an, kostet mit rund 450 Euro aber etwas weniger. Inwieweit sich die Marke hierzulande durchsetzen wird, bleibt abzuwarten, zumal die Konkurrenz mit bekannten Brands sehr gross ist.
Chancen könnte Sound United indes durch den verwendeten Play-Fi-Standard von DTS haben. Dieser erlaubt die Nutzung von Hardware verschiedener Hersteller mit einer App, man könnte also beispielsweise einen Polk-Audio-Speaker mit einem Gerät eines anderen Anbieters zu einem Stereo-Paar koppeln.
Das Heimkinosystem als vollwertiger Ersatz
Konkurrenz erwächst Sonos und Konsorten aber auch von anderer Seite: Noch sind drahtlose Musiksysteme vor allem für die Musikwiedergabe ausgelegt, im Entertainment-Bereich kommen sie nur selten zum Einsatz. Zumindest bei den auf der CES wieder gross präsentierten 9.1-Mehrkanal-Verfahren wie Auro-3D oder DTS:X dürfte das auch auf absehbare Zeit noch so bleiben, bei einfacheren 5.1-Setups spielt Wireless aber eine immer grössere Rolle.
Oftmals werden dabei die vorderen Lautsprecher konventionell per Kabel mit dem Verstärker verbunden, die Surround-Speaker dagegen sind per WLAN gekoppelt. Und da der Receiver somit ohnehin WLAN-fähig ist, bieten diese Systeme in den meisten Fällen auch die Option, Songs direkt vom Smartphone auf die Heimkinoanlage zu schicken – ganz wie bei Sonos und Co.
Umgekehrt ist es bei einigen der klassischen Multiroom-Hersteller auch möglich, fünf drahtlose Lautsprecher so miteinander zu koppeln, dass daraus ein echtes 5.1-Surround-Set entsteht. Allerdings müssen die Nutzer dafür meist deutlich tiefer in die Tasche greifen, da hier die einzelnen Speaker um einiges teurer sind als bei den ursprünglich für den Heimkinogenuss konzipierten Lösungen, die nebenbei eben auch WLAN-fähig sind.
Ein Beispiel: Als Sonos-Fan muss man bei einem Setup mit Playbar (Front und Center), zwei Play:1 (Rückkanäle) und dem Sub (Basswiedergabe) insgesamt mehr als 2.000 Euro anlegen – WiFi-fähige Komplettsysteme für Einsteiger gibt es schon für 300 Euro, beispielsweise von Samsung, LG oder Sony.
Wachsende Bedeutung im Musikmarkt
Insgesamt hat das Thema Wireless Sound also in den vergangenen Jahren massiv an Bedeutung gewonnen, und dieser Trend wird weiter anhalten – mit bald wieder sinkender Herstellerzahl. Die führende Position am Markt dürfte Sonos indes nicht so schnell zu nehmen sein, hierzu ist der Brand einfach noch zu stark – beziehungsweise die Assoziation der Konsumenten zwischen Sonos und drahtlosem Hörvergnügen.