Mehr als Abknipsen
21.12.2023, 18:44 Uhr
Fotoschule: Wohlfühlen als Schlüssel zum schönen Porträt
Fotos von Menschen sind die Königsdisziplin für jeden Fotografen. Zwischen Knipsen, Selfie und einem guten Porträt gibt es aber einige Unterschiede. Wie man ein gutes Porträt-Foto zustande bringt.
Ein bezauberndes Lächeln. Natürlich und schön. Oder eine nachdenkliche Pose. Verträumt und geheimnisvoll. Gute Porträt-Fotos bilden weit mehr ab als nur das Foto einer Person, ganz gleich, ob im Urlaub oder bei der Familienfeier. Doch wie gelingt ein gutes Porträt?
Für Roland Schneider, Fotomeister aus Hannover, ist ein authentisches Porträt-Bild eines, in dem sich die oder der Porträtierte später wiederfindet. «Viele Menschen halten sich nicht für gut aussehend. Die Aufgabe des Fotografen ist es daher, ein Porträt anzufertigen, mit dem der zu Fotografierende zufrieden ist», sagt er.
Bei einem stillen Medium wie einem Foto liege es allerdings immer beim Betrachter, ob ihn das Foto anspricht und gefällt. «Für mich ist die Kommunikation vor und beim Shooting wichtig», sagt Schneider. Kunden dürften nicht das Gefühl bekommen, «abgeknipst» zu werden. «Sie sollen erleben, dass ich mich mit ihnen ernsthaft auseinandersetze», meint Schneider. «Sie müssen sich wohlfühlen.»
Gemeinsam überleben, wie es werden soll
Christine Bruns vom Fachmagazin «c't Fotografie» hält bei einem Porträt für wichtig, dass Fotografen und Porträtierte auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. «Was sie gemeinsam erreichen wollen, sollten sie vorher besprechen, ganz gleich, ob Business-Porträts oder private Aufnahmen», sagt Bruns.
Im Idealfall zeigen Porträts Menschen so, wie sie sind. «Das kann freundlich und verspielt, aber auch nachdenklich und frech sein, je nachdem, was Fotograf und Porträtierter erreichen wollen», sagt Bruns. Für ein richtiges Porträt sei daher eine vorherige Planung und Besprechung notwendig, bei dem beide ihre Ideen fürs Fotoshooting nennen.
Wichtig für ein entspanntes Fotoshooting sei eine angenehme und lockere Atmosphäre, meint Bruns. «Dazu gehört der respektvolle Umgang miteinander.» Um Hemmschwellen abzubauen, würden Humor und Selbstironie helfen. Entscheidend sei, dass sich der oder die zu Porträtierende vor der Kamera wohlfühlt. «Nur dann zeigt er sich natürlich, ungehemmt und weniger verkrampft», sagt sie. «Das wirkt auf Fotos meist lockerer und besser.»
Bildedeen können auf Lieblingskleidung aufbauen
Im Vorfeld eines Shootings bietet Roland Schneider daher seinen Kunden an, ihre Lieblings-Kleidungsstücke mitzubringen. «Meist wählen sie Kleidungsstücke, in denen sie sich wohlfühlen und die etwas aussagen. Darauf kann ich meine Bildideen aufbauen», sagt er. Von den verschiedenen Bildideen fertigt er mehrere Fotos an. «Bei einer grossen Fotoauswahl können hinterher Fotograf und zu Porträtierende die besten Fotos auswählen», sagt Schneider.
Für ein gutes Porträt benötigen Fotografen keine grosse Fotoausrüstung und kein Studio mit Kunstlicht. In der Regel reichen eine gute Digitalkamera und ein passendes Objektiv mit mindestens 50 Millimetern Brennweite. «Objektive mit 85, 105 oder 135 Millimetern Brennweite rücken zu Porträtierende in ein positives Licht und sind daher ideal», sagt Roland Schneider.
Mit einem möglichst lichtstarken Objektiv mit einer offenen Blende von 1,4 oder 1,8 lässt sich gut mit Schärfe und Unschärfe arbeiten. Dabei ist das Objekt, also der Mensch scharf, und der Hintergrund unscharf. Dadurch rückt der zu Porträtierende noch mehr in den Vordergrund des Fotos. Mit einem Faltreflektor lassen sich Licht und Schatten zusätzlich inszenieren.