Forschung an ETH und PSI
21.06.2020, 15:30 Uhr
Magnetische Datenspeicher mit Logik
Daten werden in Computern normalerweise in getrennten Modulen gespeichert und verarbeitet. Forscher der ETH Zürich und des PSI haben nun eine Methode entwickelt, mit der logische Operationen direkt in einem Speicherelement ausgeführt werden können.
Postdoktorand Zhaochu Luo mit einem Chip, auf dem Rennbahnspeicher mit Logik hergestellt werden.
(Quelle: Markus Fischer/PSI)
Wer schon einmal versehentlich bei einem Desktop-Computer den Stecker aus der Steckdose gezogen hat, der weiss: Alle Informationen, die in dem Moment nicht dauerhaft gespeichert waren, sind unwiederbringlich verloren. Bei Computern gibt es nämlich eine strenge Arbeitsteilung.
Daten, die der Computer gerade benutzt, werden im Arbeitsspeicher gelagert, der wie der Prozessor des Rechners auf elektrisch gesteuerten Transistoren beruht. Der Arbeitsspeicher ist daher «flüchtig»: Fehlt der Strom, sind auch die Daten weg. Langfristig zu speichernde Daten, wie etwa Programme, Bilder oder Videos, befinden sich in nichtflüchtiger Form entweder in einem Flash-Speicher oder auf einer magnetischen Festplatte, von wo aus sie bei Bedarf in den Arbeitsspeicher zur weiteren Verwendung geladen werden.
An der ETH Zürich und dem Paul Scherrer Institut (PSI) versucht ein Team um Pietro Gambardella und Laura Heyderman dieses seit Jahrzehnten angewandte Prinzip zu revolutionieren. Ihr Ziel: einen nichtflüchtigen, schnellen Arbeitsspeicher zu bauen, der gleichzeitig auch logische Operationen, wie etwa NOT, OR oder AND, an den Daten durchführen kann. Auf dem Weg dorthin haben sie kürzlich einen wichtigen Etappenerfolg erzielt, der im Wissenschaftsjournal «Nature» veröffentlicht wurde.
Schnelle Rennbahnspeicher
Seit einigen Jahren bereits entwickeln Forscher magnetische Rennbahnspeicher (engl. racetrack memory). Diese sind viel schneller als traditionelle Festplatten, in denen ein Schreib- und Lesekopf mechanisch zu einer bestimmten Stelle auf der Platte geführt werden muss.
Bei den neuen Speicherelementen dagegen werden winzig kleine magnetische Bezirke mit Hilfe von elektrischem Strom durch einen nur wenige hundert Nanometer dünnen Draht hindurchbewegt. In solchen Bezirken zeigen alle magnetischen Momente – vergleichbar mit kleinen Kompassnadeln, die zu den Atomen des Materials gehören – in dieselbe Richtung und stellen so die Binärwerte 0 und 1 der Bits dar. In Rennbahnspeichern wird die mechanische Bewegung eines Schreib-/Lesekopfes überflüssig, so dass sie deutlich schnellere Zugriffszeiten haben als traditionelle Festplatten. Trotzdem müssen auch derart gespeicherte Daten normalerweise zur Verarbeitung in einen Arbeitsspeicher geladen werden.
«Wir haben es nun geschafft, direkt in einem solchen Speicherelement logische Operationen durchzuführen», sagt Zhaochu Luo, der das Projekt als Postdoktorand vorangetrieben hat. Logische Operationen werden in Computern zur Datenverarbeitung verwendet. Die logische NOT-Operation beispielsweise wandelt den Wert 0 eines Bits in eine 1 um und umgekehrt. Normalerweise passiert das im Arbeitsspeicher, wogegen die Daten auf der magnetischen Festplatte gelesen und wieder neu geschrieben, aber nicht direkt verarbeitet werden.
Autor(in)
Oliver
Morsch, ETH News