Künstliche Riffe aus dem 3D-Drucker
Knackpunkt strukturelle Komplexität
Bisherige Versuche, mit künstlichen Riffen Babykorallen zu rekrutieren, scheiterten jedoch oft. Das liegt daran, dass die meisten Kunstriffe strukturell schlicht zu wenig ausgefeilt sind: Sie bieten nicht genügend Schutzräume für junge Korallen und interagieren zu wenig mit der Strömung, um die Larven überhaupt nah genug an das Substrat zu bringen.
Genau hier setzt Pfreundt mit ihrem Vorhaben an. «Wir wissen, dass Form und Oberflächenbeschaffenheit eine elementare Rolle spielen, aber nicht im Detail welche Aspekte entscheidend sind», so die Jungforscherin. Darum arbeitet sie mit Benjamin Dillenburger und Mathias Bernhard von der Gruppe für Digitale Bautechnologien am Departement Architektur zusammen. Der Plan: mit Hilfe des 3D-Drucks geometrisch geeignete Strukturen für ökologisch sinnvolle, skalierbare Riffmodule zu entwickeln.
Zunächst geht es darum, Oberflächen mit variierenden Strukturmerkmalen wie Rillen, Löchern, Überhängen und Kanten im Millimeter- bis Zentimeterbereich zu entwickeln. Diese will Pfreundt auf ihre Interaktion mit der Wasserströmung und mit den darin transportierten Korallenlarven testen – zuerst in kontrollierten Strömungsbecken, dann in Feldversuchen im Korallenriff. Dabei wird ihr wiederum das Know-how von Roman Stockers Forschungsgruppe dienlich sein. Denn diese ist darauf spezialisiert, die Wechselwirkung feinster Wasserwirbel mit Kleinstlebewesen zu analysieren.
Eine Herzensangelegenheit
Pfreundt ist überzeugt von ihrer Idee und strahlt das auch aus. Das hilft bei der Suche nach Projektpartnern. Neben den ETH-Architekten konnte sie den Leiter des karibischen Korallen-Programms von The Nature Conservancy (TNC) für das Vorhaben begeistern. Für die Feldversuche steht sie mit zwei tropischen Meeresforschungsstationen in der Karibik in Kontakt.
Die Eckpunkte des Projekts sind also abgesteckt. Natürlich ist noch vieles offen, etwa wie der Schritt von der geeigneten Oberflächenstruktur zu grösseren Riffmodulen erfolgen soll. «Ich habe an der ETH die richtigen Menschen und die notwendige Infrastruktur gefunden, um solche Aufgaben künftig zu lösen», ist sie sicher.
Allerdings läuft ihr Arbeitsvertrag Ende 2019 aus. Um möglichst weiter an der ETH forschen zu können, sucht Pfreundt nach einer langfristigen Finanzierung für ihr Projekt. Im letzten Dezember war sie als eine von acht Finalisten für den mit 100'000 Euro dotierten finnischen Skolar Award nominiert. «Leider hat es nicht geklappt – aber ich habe viele Herzen gewonnen», schmunzelt sie.
Anfang Jahr dann ein erster Erfolg: Pfreundt erhielt von der ETH Zürich einen Career Seed Grant im Wert von 30'000 Franken. «Nun kann ich das Korallenprojekt weiter vorantreiben!», freut sie sich.
Hinweis: Dieser Bericht wurde von Michael Keller verfasst und ist zunächst bei «ETH-News» erschienen.