Gedankensteuerung
23.04.2020, 10:52 Uhr
Gamen mit Hirn
Er steuert ein Computerspiel einzig mit seinen Gedanken. Der querschnittgelähmte Samuel Kunz trainiert derzeit mit Forschenden aus Zürich und Singapur für den kommenden Cybathlon.
Die Messung von Hirnsignalen macht es möglich, ein Computerspiel nur mit Gedanken zu steuen.
(Quelle: Yves Bachmann/ETHZ)
Samuel Kunz steckt mitten in der Trainingsphase. Am Cybathlon wird er gegen elf konkurrierende Athleten antreten. Seine Disziplin: ein virtuelles Autorennen, bei dem er das Fahrzeug allein über seine Gedanken steuern wird. Dafür besucht ihn Paulina Kratka, Bachelorstudentin am «Neural Control of Movement Lab», wöchentlich in Frauenfeld, zieht ihm eine Kappe mit 64 Elektroden über und befüllt jede einzelne mit einem Elektrolytgel, damit der Kontakt zwischen Elektrode und Kopfhaut gesichert ist. Dann koppelt sie die Kabel der Kappe mit einem Signalverstärker, der mit einem Laptop verbunden ist, auf dem das Computerspiel läuft.
Kunz ist der Pilot des Brain Computer Interface (BCI-)Teams der ETH Zürich. Er ist seit einem Badeunfall an der Limmat im Sommer 2014 vom Hals an querschnittgelähmt. Trotzdem hat er sein Studium als Maschineningenieur an der ZHAW abgeschlossen und arbeitet nun als Konstrukteur. «Ich bin sehr technikaffin», sagt er. «Als mir mein Therapeut vom Cybathlon erzählte, wusste ich sofort, dass ich da mitmachen will.»
EEG statt Steuerrad
Für den kommenden Cybathlon spannt Nicole Wenderoth, ETH-Professorin am «Neural Control of Movement Lab», eng mit Professor Cuntai Guan von der Nanyang Technological University (NTU) in Singapur zusammen. Dessen Gruppe hat sich auf Elektroenzephalografie (EEG) und die Verarbeitung von neurologischen Signalen spezialisiert. EEG wird in den Neurowissenschaften zur Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns genutzt. Mit den richtigen Algorithmen können damit auch Computergames bedient werden.
«Mit dem EEG messen wir sämtliche Signale des zerebralen Kortex», erklärt Rea Lehner, Senior Programme Manager und Senior Researcher Future Health Technologies in Singapur und Managerin des BCI-Teams. «Deshalb haben wir zu Beginn ein komplettes Durcheinander von verschiedenen Hirnsignalen.» Die grösste Herausforderung sei, die für die Steuerung des Computergames verwendeten Signale herauszufiltern und mit Maschinellem Lernen zu identifizieren. Im Fall von Lehners BCI-Team sind das die Signale des motorischen Kortex im hinteren Teil des Frontallappens des Gehirns. Aus der Forschungsliteratur ist nämlich bekannt, dass sich diese aufgrund ihrer eindeutigen Aktivität am besten für die Etablierung einer Gehirn-Computer-Schnittstelle eignen.
Autor(in)
Samuel
Schlaefli, ETH-News