Kommentar 09.03.2023, 12:18 Uhr

Blue Sport: Kundenfreundlichkeit geht anders

Blue Sport erhöht die Preise und setzt auf Abo-Zwang – Kundenservice geht anders. Verkennt der Provider die Lage? Ein zur Polemik tendierender Kommentar. 
Porträt-Bild des Redaktors Florian Bodoky
(Quelle: PCtipp.ch)
Die gestrige Neuigkeit schlägt den Sportfans auf den Magen – entsprechend ist der «Shitstorm» noch in vollem Gange. Blue erhöht die Preise für ihre Sport-Abos und sägt die Einzelspielmiete ab. Vorneweg sei gesagt: Die Preis- und Angebots-Gestaltung ihrer Produkte obliegt natürlich blue. Schliesslich befinden wir uns in der freien Marktwirtschaft.
Das Problem ist nur: Diese Möglichkeit ist in diesem Falle einseitig. Die freie Wahl der Konsumenten ist hier eingeschränkt – hat blue die exklusiven Übertragungsrechte für eine gewisse Liga, kann nicht einfach zur Konkurrenz gewechselt werden. Anders als bei Film- oder Audiostreaming, ist Attraktivität beim Sport nicht über die Vielfalt steuerbar. Die meisten Sportfans suchen nicht einfach nach einer möglichst grossen Auswahl an Ligen und Wettbewerben, sie wollen ihren Club (oder manchmal auch ihre Clubs) oder ihren Lieblingssportler sehen. Somit ist das Vielfalts-Argument – über 3000 Live-Events pro Monat sind es bei blue – hinfällig. Erst recht vor dem Hintergrund, dass blue Sport ohnehin nur einen Stream aufs Mal zulässt – parallele Streams, wie zwei Champions League Spiele auf verschiedenen Devices gleichzeitig – sind nicht ohne Weiteres möglich, trotz des gesalzenen Preises.
Ebenfalls wird die Preiserhöhung damit begründet, dass blue «die wichtigsten Ligen» beinhaltet. Ist das so? Ich weiss nicht, nach welchen Parametern man bei blue «Wichtigkeit» misst, darum ist diese Aussage schwierig zu bewerten. Klar, das Zugpferd Champions League spricht wohl dafür. Blöd nur, dass zunehmend wieder Spiele im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein werden, sei dies bei SRF (ein Spiel pro Runde und Final ab 2024), bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland oder beim österreichischen Privatsender ServusTV (bei letzterem wird ein VPN benötigt, ist heutzutage aber weiss Gott kein Hexenwerk mehr). 
Was nationale Wettbewerbe anbelangt, fehlt da aber eindeutig die in der (Deutsch-)Schweiz sehr beliebte Bundesliga. Und auch die aktuell wohl beste Liga der Welt, die englische Premier League, findet nur in Form ausgewählter Partien und nur auf Französisch statt. Ob die italienische Serie A – trotz grosser italienischer Diaspora in der Schweiz –, die französische Ligue 1 und die spanische Premiera Division da mithalten können? Verbleibt noch die heimische Liga, die Credit Suisse Super League, die trotz diskutabler sportlicher Konkurrenzfähigkeit natürlich von grosser Relevanz ist, aber mangels Interesse nicht im Ausland gezeigt wird.
Ein weiteres Ärgernis ist das baldige Fehlen der Einzelspielmiete. Hier wird auf die europäische Konkurrenz verwiesen und die Tatsache, dass dort auch kaum auf einzelne Events, sondern auf ein Abo-Modell gesetzt wird. Interessant, dass blue hier keinen Vergleich mit der nationalen Konkurrenz anstellt, denn von den drei andern «Big Playern» in der Schweiz, Sky Sports, DAZN und UPCs MySports, bieten deren zwei dies sehr wohl an. Während Sky Sports zum Preis von 9.90 Franken Events anbietet, gibt es bei UPCs hauseigenem Sportstreaming «MySports» sogar sogenannte Tagespässe zu erstehen – für 9 Franken. Derweil setzt DAZN zwar auf Monatsabos, jedoch sind diese – wie der Name schon sagt – monatlich kündbar und schlagen mit 24.99 Franken zu Buche. Ebenso gibt es bei Sky Sports ein Abo, welches monatlich kündbar ist und nur 19.90 kostet. Verbleibt MySports, mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten und einem Preis von 25 Franken monatlich. 
Dies zeigt aus meiner Sicht eines: blue nutzt seine Exklusivrechte – vor allem jene für die Champions League und die Super League – aus für gesalzene Preise und/oder lange Kundenbindung. Dies steht dem Provider zwar zu – aber Kundenfreundlichkeit geht anders.




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